Wie KI Schule macht

Georg Mascolo im Schulgespräch. Foto: JmS/Robert Kiehn

Seit vor einem Jahr aus der Initiative „Journalismus macht Schule“ (JmS) ein Verein geworden ist, ist die Zahl der rund 35 Mitglieder stabil geblieben. Es zählen juristische Einheiten dazu wie der SWR, Correctiv, „Lie Detectors“ oder Landesbildungszentralen und Landesmedienanstalten. JmS erreicht dadurch mehr Menschen als man erwarten könnte. „Unser Impact wird größer“, erklärt der Vorsitzende Jörg Sadrozinski anlässlich des zweiten Netzwerktreffens Mitte Oktober in Stuttgart. Thema des Treffens war Künstliche Intelligenz (KI) und ihr Einfluss auf die deutsche Bildungslandschaft.

Die etwa 150 Teilnehmenden des Netzwerktreffens in Stuttgart waren zur Hälfte Lehrkräfte, überwiegend aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo das Treffen als Fortbildung anerkannt war. Die Diskussionen in den verschiedenen Workshops zu KI und ChatGPT im Unterricht, zu KI in der journalistischen Ausbildung und beim kommenden ARD-Jugendmedientag , zur Medienkompetenz von Lehrer*innen, waren sehr lebhaft. So zumindest war Sadrozinskis Eindruck, der in seiner journalistischen Karriere unter anderem Leiter der renommierten Deutschen Journalistenschule in München war und beim Netzwerktreffen bei den verschiedenen Workshops Stippvisiten machte.

Wolf Schneider korrigiert wieder

Besonders gut besucht war der Workshop mit der „Wolf-Schneider-KI“ der Reporterfabrik. Wolf Schneider war ein bekannter Journalist und Sprachkritiker, dessen Verbesserungen von Texten der Journalistenschüler*innen ebenso hoch geschätzt wie gefürchtet waren. Der „Newstest“, der für die gesamte interessierte Öffentlichkeit gedacht ist um die eigene Nachrichtenkompetenz auszuprobieren und dem ein eigener Workshop galt. Er dient inzwischen in vielen Bildungseinrichtungen als wichtiges Werkzeug und kann gerade für Lehrkräfte eine gute Vorbereitung für die Werkstattgespräche ihrer Klassen mit Journalist*innen sein.

Wie schon beim ersten Netzwerktreffen in Berlin nach den Online-Veranstaltungen der Corona-Zeit, waren Fakes weiterhin ein wichtiges Thema. Im April 2022 galten die Verifizierungen besonders den Nachrichten aus der von Russland angegriffenen Ukraine. Inzwischen ist mit dem Angriff der Hamas auf Israel in den sozialen Medien ein weiteres Kampfgeschehen, mit echten und falschen Meldungen zu finden.

Fake News erkennen

Fälschungen mit Hilfe von KI, gefälschte Bewegtbilder, gefälschte Stimmen, alles täuschend echt und auch für Nachrichtenprofis schwer zu unterscheiden, alles wird möglich. Sadrozinski fürchtet, dass sich einige Parteien bei den nächsten Wahlen dieser dubiosen Mittel bedienen werden. Umso wichtiger, dass Schüler*innen im Rahmen von „Journalismus macht Schule“ durch Diskussionen bei Klassenbesuchen von Journalist*innen und durch die Materialien, die der Verein und seine Mitglieder für den Unterricht bereitstellen, mit den Möglichkeiten vertraut gemacht werden und ein gesundes Misstrauen gegenüber reißerischen Posts entwickeln können. Es sei „einerseits faszinierend, andererseits aber auch gruselig“, wie schnell sich ChatGPT verbreitet habe in wenigen Monaten, meinte Sadrozinski im Gespräch mit M, die zum gleichen Thema ausführlich über die #krassmedial-Sommerakademie von ver.di berichtete.

Silke Müller, Oberschuldirektorin und erste Digitalbotschafterin Niedersachsens, wies in ihrer online gehaltenen Keynote und der anschließenden Diskussion mit dem derzeitigen Vorsitzenden der ARD Kai Gniffke, Intendant vom SWR, der Staatssekretärin im baden-württembergischen Kultusministerium, Sandra Boser von Bündnis 90/Die Grünen, und Florian Nuxoll, Lehrer in Tübingen und an der dortigen Uni auch wissenschaftlicher Mitarbeiter, darauf hin, dass Schüler*innen deutlich mehr in den sogenannten sozialen Medien ansehen, als viele Erwachsene meinten. Nicht zu unterschätzen sei dabei auch die Diskreditierung und das Mobbing junger Leute untereinander.

Netzwerktreffen regionalisieren

Der „Kosmos Schule“ stehe von vielen Seiten „unter Druck“, so Sadrozinski, sein Eindruck sei aber, dass solche Impulse von außen wie das Netzwerktreffen bei den Lehrenden durchaus willkommen seien. Immer mehr Schulen meldeten sich bei JmS und bäten um Besuche und Material für den Unterricht. Insgesamt habe er den Eindruck, sagte Sadrozinski, dass sich in den Schulen eine Menge Positives entwickele, wie der gerade vergebene Deutsche Schulpreis für innovative Lehrformen gezeigt habe.

Das Netzwerktreffen wird weiter durch die Regionen wandern, um möglichst vielen eine Teilnahme ohne allzu weite Anreise zu ermöglichen. Man werde sich auch in anderen Bundesländern um eine Aufnahme in das Fortbildungsprogramm für Lehrkräfte bemühen und hoffe dabei auf die Mitwirkung der jeweiligen Kultusminister*innen, sagte Sadrozinski vorausblickend. Sobald ein neuer Tagungsort festestehe, werde JmS diesen mitteilen.

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