Lieber frei als arbeitslos

Ratschläge von Götz Buchholz

Arbeitslosigkeit muss kein deprimierendes Schicksal sein. Wer ohnehin mit der Idee liebäugelt, sich selbstständig zu machen, kann die Arbeitslosigkeit nutzen, um die freie Arbeit auszuprobieren, Kontakte zu knüpfen, das eigene Geschäft aufzubauen.

Und wer den Schritt dann wirklich wagt, dem hilft das Arbeitsamt mit beachtlichen Beträgen.

Nebenher frei arbeiten – der Standardweg

Wer Arbeitslosengeld bezieht, darf nebenher frei arbeiten. Allerdings: Das Geld, das man dabei verdient, wird (nach Abzug von Betriebsausgaben und Steuern) bis auf einen kleinen Freibetrag vom Arbeitslosengeld abgezogen. Der beträgt ein Fünftel des Arbeitslosengeldes, mindestens aber 165 Euro im Monat. Und: Wer die „Neben“tätigkeit auf 15 Stunden oder mehr pro Woche ausdehnt, ist nicht mehr arbeitslos und bekommt gar kein Arbeitslosengeld mehr.

Beim Arbeitsamt abmelden – die Lösung für größere Aufträge

Wer nicht nur einzelne kleine Artikel nebenher schreiben will, meldet sich für freie Aufträge lieber vorübergehend beim Arbeitsamt ab. Ist der Auftrag erledigt, meldet man sich wieder arbeitslos.

Vorteil: Man „verbraucht“ in dieser Zeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, kann das Honorar ohne Anrechnung auf das Arbeitslosengeld ungekürzt behalten – und spart sich eine Menge Bürokratie.

Aber Vorsicht: Wer dieses Verfahren exzessiv betreibt, kann den Anspruch auf Überbrückungsgeld und Existenzgründungszuschuss verlieren, denn diese Gelder gibt es nur für die Neuaufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Sprecht also vorher offen mit der Sachbearbeiterin darüber – in ihrem Ermessen liegt am Ende die Entscheidung.

Nebenverdienst ohne Anrechnung

Eine schöne Ausnahmeregelung gilt für Leute, die schon als Angestellte nebenher selbstständig waren: Journalisten etwa, die im letzten Jahr vor der Arbeitslosmeldung mindestens zehn Monate lang regelmäßig und nachweisbar (z.B. durch Abdrucke oder Steuererklärung) nebenher frei gearbeitet haben, dürfen das als Arbeitslose weiter tun. Das Honorar aus einer solchen „Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit“ gilt, solange es nicht höher als das zuvor nebenberuflich erzielte Honorar ist und die Tätigkeit unter 18 Stunden pro Woche bleibt, nicht als Nebeneinkommen und wird somit nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet – auch wenn es ein vierstelliger Betrag ist (§ 118 Abs. 3 und §141 Abs. 3 SGB 3).

Überbrückungsgeld als Hilfe

Wer sich richtig und endgültig selbstständig machen will, dem kann das Arbeitsamt als Starthilfe 26 Wochen lang Überbrückungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes sowie einen pauschalen Zuschuss zur Sozialversicherung in Höhe von etwa zwei Dritteln des Arbeitslosengeldes zahlen.

Bedingung: Die Existenzgründerin muss Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe haben und die Bescheinigung einer „fachkundigen Stelle“ (z.B. des ver.di-Landesbezirks) vorlegen, dass die angestrebte Existenzgründung „dauerhaft tragfähig“ zu sein verspricht. Den Antrag kann man schon vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses stellen, so dass man im günstigsten Fall nach einer Kündigung nahtlos in die staatliche geförderte Selbstständigkeit wechseln kann.

Einziger Haken: Auf Überbrückungsgeld besteht kein Rechtsanspruch. Die Selbstständige in spe muss das Arbeitsamt schon überzeugen, dass dieses Geld bei ihr gut angelegt ist.

Existenzgründungszuschuss Ich-AG

Alternativ zum Überbrückungsgeld gibt es neuerdings den Existenzgründungszuschuss. Der wird bis zu drei Jahre lang gezahlt, dafür in deutlich niedrigeren Monatsraten: im ersten Jahr 600 e, im zweiten 360 e und im dritten Jahr 240 e pro Monat. Einzige Bedingung: Man muss bereits Arbeitslosengeld oder -hilfe beziehen.

Im Unterschied zum Überbrückungsgeld besteht auf den Existenzgründungszuschuss ein Rechtsanspruch – d.h. man kann ihn einklagen. Ein Nachweis über die „Tragfähigkeit“ der Ich-AG wird nicht verlangt, und auch sonst ist das Verfahren erfreulich unbürokratisch.

Wer diesen Zuschuss beantragt, bekommt ihn ohne weitere Nachweise zunächst für ein Jahr. Bleibt der Gewinn in diesem Jahr unter 25.000 e, wird der Zuschuss um ein weiteres Jahr verlängert.

Weiterbildung – das Arbeitsamt hilft

Zeiten der Arbeitslosigkeit lassen sich auch zur Verbesserung der eigenen Qualifikation nutzen. Wenn eine Bildungsmaßnahme die Vermittlungschancen erhöht, kann das Arbeitsamt die Kursgebühren und Fahrtkosten, die Kosten einer auswärtigen Unterbringung, Kinderbetreuungskosten sowie ein Unterhaltsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes bezahlen.

Vorschläge sollte man dem Arbeitsamt durchaus selber machen. Allerdings fördert das Arbeitsamt kein Studium oder Aufbaustudium; die Kurse der journalistischen Fortbildungseinrichtungen kommen nur in Frage, sofern sie beim Arbeitsamt eingereicht sind.

Wenn es nicht klappt?

Wer mit der freien Arbeit scheitert, kann sich wieder arbeitslos melden. Meist gibt es dann sogar wieder Geld: Das Arbeitslosengeld, das zum offiziellen Beginn der Selbstständigkeit noch „übrig“ war, verfällt erst vier Jahre nach dem ersten Antrag. Und da weder das Überbrückungsgeld noch der Existenzgründungszuschuss diesen Anspruch mindern (Unterhaltsgeld wird zur Hälfte angerechnet), steht einem der Rest dann immer noch zu.

Weitere Informationen:

  • „Ratgeber Freie – Kunst und Medien“: Das Standardwerk von ver.di mit allen Informationen, die zur freien Arbeit nötig sind. Bezugsquellen auf www.ratgeber-freie.de.
  • www.mediafon.net: Weitere Informationen zu Detailfragen. Z.B.: Was ist günstiger – Überbrückungsgeld oder Existenzgründungszuschuss?
  • „Arbeitslos – was tun“: Ein neues Faltblatt der dju für arbeitslose Journalistinnen und Journalisten.
  • www.gruenderoffensive.de: Ein kostenloser Internetkurs von akademie.de zur Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »

VG Wort ändert Verteilungsplan

Die Mitgliederversammlung der VG Wort hat in ihrer Mai-Sitzung eine Reform des METIS-Systems mit der erforderlichen Mehrheit in allen Berufsgruppen beschlossen. Sie führt zu wichtigen Änderungen im Verteilungsplan der VG Wort. Vertreter der dju in ver.di haben das vorliegende Papier in Teilen kritisiert und versucht, es noch mit Änderungsanträgen zu beeinflussen – ohne Erfolg.
mehr »