Limitiert, doch grenzenlos

Ltd. Companies als alternative Gesellschaftsform

Klingt international, verschafft den Gründern einen Stammsitz auf der Insel und womöglich den Titel Managing Director, bringt Freiberuflern aber auch sonst Vorteile, die bedacht sein wollen: Die Gründung einer Limited Company. Vorrangig der Schutz vor persönlicher Haftung und die schnelle, preiswerte Abwicklung scheinen die Entwicklung zu beflügeln.

Er lebe jetzt „wesentlich ruhiger“, meint Stephan Köhnk. Er hat mit 100 englischen Pfund Stammkapital die Media Team Verlag Limited in England gegründet und damit seiner bisher als Einzelunternehmen geführten PR- und Multimediaagentur eine Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung gegeben. Der alleinerziehende Vater, der zwischen Bremen und Hamburg auch „Haus und Hof“ sein eigen nennt, war für das Thema Haftung sensibilisiert, seit er vor drei Jahren einen Urheberrechtsstreit glimpflich überstanden hat. „Ich organisiere auch größere Events oder setze herstellerkritische Artikel ins Internet, da wird ein Streitfall schnell existenzbedrohend“, meint der Luftfahrtexperte. Heinz Stanelle, der in Kaarst bei Düsseldorf ein Presse- und Redaktionsbüro betreibt, stieß durch seinen Steuerberater und bei Recherchen zum Thema „Per Internet zur eigenen Firma“ auf die preiswerte und schnelle Alternative zur GmbH. Im August 2003 gründete er mit Redaktionsbüro und PR-Agentur gleich zwei Ltd. und erhofft sich dadurch bessere Gestaltungsmöglichkeiten, auch für Anstellungsverhältnisse, und höhere Planungssicherheit.

Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zur Niederlassungsfreiheit und ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom vergange-nen März haben den Weg für solche Gründungen auf der Insel frei gemacht. Gegenwärtig operieren hierzulande reichlich 1 000 solche Gesellschaften, doch die Zahl steigt schnell. Im Oktober habe der Boom eingesetzt, beobachtet der Berliner Steuerberater Thomas Scheffner. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen quer durch alle Geschäftsbranchen denken an die grenzenlos-limitierte Gründung. Sie „suchen den schnellen, unbürokratischen Weg, ohne die quälende In-Gründung-Phase einer GmbH, die sich wegen der Überlastung der Amtsgerichte Monate hinziehen kann“. Steuerlich sei die Ltd. der deutschen GmbH gleichgestellt, gelten gleiche Steuersätze. „Preiswerter kann man keine Gesellschaft mehr gründen“, meint Scheffner. Von Vorteil sind die geringe Bürokratie des englischen Gesellschaftsrechts und vor allem die freie Wahl des Grundkapitals, die – statt der geforderten 25 000 Euro etwa bei der GmbH – von einem englischen Pfund an (etwa 1,40 Euro) möglich ist. Spezialisierte Dienstleister in England, die zumeist über das Internet operieren, sichern die Anmeldungs- und Gründungsformalitäten für die so genannte Euro-GmbH innerhalb von 14 Tagen zu.

Geringes Stammkapital, mehr Haftungssicherheit

Das Marktforschungsinstitut Rheinland ermittelte in einem Vergleich unter zehn solchen Anbietern für Gründung und erstes Betreuungsjahr Preise zwischen 259 und 2 292 Euro. Einen Spitzenplatz hinsichtlich Kosten und Service nimmt die von Birmingham aus operierende Go Ahead Limited Beratung ein, die in Kooperation mit dem Portal www.journalismus.com auch ein Spezialpaket für Pressebüros und PR-Agenturen geschnürt hat. „Wenn nötig innerhalb weniger Stunden“ könne hier telefonisch und per Mausklick gegründet werden, versichert Chef Michael Silberberger, der bislang etwa ein Viertel aller deutschen Limiteds auf den Weg gebracht hat.

Freie und Pressebüros dürfte – neben dem geringen Stammkapital – vorrangig der Haftungsaspekt überzeugen. Bei risikoreichen Aufträgen ist man gegenüber Kunden weitgehend abgesichert. Büros, die bisher als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert sind, können durch die Gründung einer Ltd. auch die so genannte Dritthaftung einschränken. Bekanntlich steht der Einzelne in der GbR auch für Vertragsverpflichtungen, die ein Mitgesellschafter eingegangen ist, mit seinem gesamten Vermögen ein. Wer gleich eine Ltd. gründet, entgeht auch dem Problem der so genannten Nachhaftung, die für ausgetretene Gesellschafter oder sogar deren Erben noch fünf Jahre für alle Verbindlichkeiten aus der GbR-Mitgliedschaft nachwirkt. Für Einzelunternehmer und Freiberufler, die bislang in Personengesellschaften am Markt operierten, ist der Wegfall der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht vielleicht ein weiteres Argument. An der Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse ändert die Ltd.-Gründung dagegen nichts.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie prekär ist der Journalismus?

„Daten statt Anekdoten“, das war das Ziel des Forschungsprojekts „Prekarisierung im Journalismus“ an der LMU München, das nun nach fast fünf Jahren mit einem internationalen Symposium in München endete. Zu den Daten aus Europa hatte auch die dju in ver.di ihren Beitrag geleistet, als sie ihre Mitglieder um Teilnahme an der Online-Befragung bat und in M über die Ergebnisse berichtete.
mehr »

Pokerspiele der Süddeutschen Zeitung

Bei einer Betriebsversammlung des Süddeutschen Verlags am vergangenen Dienstag ruderte Geschäftsführer Dr. Christian Wegner etwas zurück. Er deutete an, dass der Stellenabbau in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ) nicht ganz so dramatisch ausfallen könnte wie bislang befürchtet. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der Verlag in München für das laufende Jahr mit einem Abbau von 30 Vollzeitstellen plant. Die dju in ver.di kritisiert das Vorhaben scharf.
mehr »

Leipzig: Rechtswidrige Durchsuchung

Ein 19-jähriger Journalist hatte im Juni vergangenen Jahres Fotos einer Antifa-Demonstration im Internet veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Leipzig durchsuchte daraufhin seine Wohnräume und beschlagnahmte mehrere Datenträger. Seine nachgewiesene journalistische Tätigkeit wurde dabei ignoriert. Das Landgericht Leipzig bezeichnet das Vorgehen nun als rechtswidrig.
mehr »

Fake oder Fiktion: Wer darf was?

Bei Fake News dreht es sich meist um Falschaussagen, Lügen, die als Journalismus getarnt sind oder Angriffe auf die Pressefreiheit. In der Literatur hat Wahrheit und Authentizität einen ganz anderen Stellenwert. Bei der Gesprächsrunde „Fake News oder Fiktion?“ auf der diesjährigen Buchmesse im Leipzig loteten die Teilnehmer*innen die Grenzen zwischen journalistischen und belletristischen Formaten aus.
mehr »