Nicht alles erlaubt

Bildmanipulationen und Fotomontagen im Spiegel der Rechtsprechung

Bildmanipulationen und Fotomontagen greifen nicht nur in das Urheberpersönlichkeitsrecht des Fotografen ein, sondern können auch die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten verletzen. So kann es nicht verwundern, dass die Rechtsprechung sich auch vermehrt mit Fällen über die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Fotomontagen befassen muss.

Ob ein Foto einer Person überhaupt in der Presse veröffentlicht werden darf, da­rüber wird seit längerem ausgiebig vor deutschen Gerichten prozessiert. Erst im Juli musste die Bundesrepublik Deutschland 115.000 Euro Entschädigung für die Veröffentlichung privater Fotos an Caro­line von Hannover zahlen – vorläufiger Abschluss einer Prozessserie der monegassischen Prinzessin und ihres Hannoveraner Gemahls, die 1993 begann und jetzt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte endete.

Auch bei der Zulässigkeit der Veröffentlichung von Fotomontagen geht es um die Abwägung der durch das Grundgesetz geschützten Presse- und Kunstfreiheit gegen die grundgesetzlich geschützte Würde des Menschen und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht (Artikel 1 und 2 Abs. 1 Grundgesetz) sowie zwischen dem „Recht am eigenen Bild“ (§ 22 Kunsturhebergesetz) und der erlaubten Verbreitung von Fotos ohne Einwilligung des Abgebildeten (§ 23 KUG), dabei im Wesentlichen um die Frage, ob es sich um eine so genannte relative Person der Zeitgeschichte handelt.

Satire ja, aber auch im Einzelnen erkennbar

Selbst das Bundesverfassungsgericht hat sich bereits mit dem Thema Fotomon-tage beschäftigt. Am 14. Februar 2005 gab es einer Verfassungsbeschwerde von Ron Sommer wegen einer Fotomontage statt, die im Jahr 2000 in der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“ erschienen war (siehe M 5/ 2005). Sie zeigt den früheren Telekom-Chef sitzend auf einem bröckelnden, ma-gentafarbenen großen Telekom-T. Dabei war das Foto vom Kopf Sommers auf den Körper eines Models montiert und um et-wa fünf Prozent „gestreckt“ worden. Das Gesicht wirke dadurch länger, die Wangen fleischiger und breiter, das Kinn fülliger, der Hals kürzer und dicker und die Hautfarbe blasser als in Wirklichkeit, begründete Anwalt Matthias Prinz die Klage.

Während der Bundesgerichtshof noch urteilte, Sommer müsse diese Abbildung als eine „in eine satirische Darstellung gekleidete Meinungsäußerung hinnehmen“, sah das Verfassungsgericht darin einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht, weil das Bild „den Anschein erweckt, ein authentisches Abbild der Person zu sein.“ Deshalb sei es eine „unrichtige Information“ und kein „schützenswertes Gut“. Eine für den Betrachter nicht erkennbare, „verdeckte Bildmanipulation“ werde auch dann nicht durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt, wenn das Foto in einen satirischen Zusammenhang gerückt werde, betonten die Karlsruher Richter (Az.: 1 BvR 240/04).

Keine Verletzung der Schamgrenze

Beliebt ist die Montage von Köpfen auf andere Körper. Wenn dieser entblößt ist, werden aber Persönlichkeitsrechte verletzt. So klagte erfolgreich die Ehefrau des damaligen Schweizer Botschafters Tho-mas Borer, Shawne Fielding, auf Unterlassung wegen Verletzung ihres Rechts am eigenen Bild und ihres Persönlichkeitsrechts gegen das Berliner Stadtmagazin TIP. Dies hatte ihr Porträtfoto 2001 auf den barbusigen Körper einer anderen Frau montiert und als Satire unter der Überschrift „Machen Sie mehr aus Ihrem Typ“ veröffentlicht.

Da half auch nicht, dass sich die Zeitschrift auf die Presse-, und Kunstfreiheit berief und anführte, die Botschaftergattin selbst habe durch ihr Verhalten in der Öffentlichkeit und ihre Selbstdarstellung in der Zeitschrift Max Anlass für diese Satire gegeben. Das Landgericht Berlin folgte in seinem Urteil vom 28. August 2001 vielmehr den Argumenten von Fieldings Anwalt – wiederum Matthias Prinz. Trotz gelockerter Sexualvorstellungen gehöre der nackte Körper zum intimsten Persönlichkeitsbereich jedes Menschen. Niemand müsse hinnehmen, wenn ihm ein anderer nackter Körper untergeschoben werde, auch wenn dieser attraktiv sei. Durch die Veröffentlichung als vermeintlich Halbnackte werde das Recht am eigenen Bild und das Persönlichkeitsrecht verletzt, urteilten die Richter (Az.: 27 O 375/01).

Ähnlich entschied wenig später das Oberlandesgericht Köln, diesmal gegen einen Internetprovider. MSN sei als Website-Betreiber für die Sperrung der Web-seiten verantwortlich, auf denen Fotos vom Kopf Steffi Grafs auf Fotos von nack-ten Körpern montiert wurden, urteilte das OLG Köln am 28. Mai 2002 (Az.: 15 U 221/01).

Gegendarstellung durchgesetzt –    weil das [M] fehlte

Interessant ist ein Urteil des Landgerichts München I aus dem Jahr 2003 vor allem in Bezug auf die Diskussion um die Kennzeichnungspflicht von Fotomontagen. Geklagt hatte die damalige Freundin von Oliver Kahn, Verena K., die zusammen mit dem Torhüter und seiner Noch-Ehefrau Simone auf ein Titelfoto montiert worden war.

Durch die Affäre mit Kahn war sie zwar kurzfristig zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden, konnte sich also kaum gegen den Abdruck ihres Fotos als solches auf dem Titelblatt wenden, begehrte aber eine presserechtliche Gegendarstellung, dass das Foto eine ohne ihr Einverständnis hergestellte Montage sei. Dieses Recht bekam sie von den Münchener Richtern zugesprochen – die Gegendarstellung muss ebenfalls auf der Titelseite der Zeitschrift veröffentlicht werden.

Eine offensichtliche Kennzeichnung als Montage hätte diesen Gegendarstellungsanspruch ausschließen können, führte das Gericht in seinem Urteil vom 7. Mai 2003 aus. Montagen müssten gekennzeichnet werden, schon auf Grund des aus der Pressefreiheit resultierenden Grundsatzes der wahrhaften Berichterstattung. Eine Kennzeichnung – wie in diesem Fall – lediglich im Inhaltsverzeichnis, die der Fotomontage nicht eindeutig zugeordnet war, sei aber nicht ausreichend (Az.: 9 O 5693/03).

Fazit der bisherigen Rechtsprechung zu Fotomontagen: Sie dürfen nicht die Persönlichkeitsrechte und das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Personen verletzen. Und sie sollten direkt und eindeutig dem Bild zuordenbar als Fotomontage gekennzeichnet werden – so wie die Interessenverbände der Fotografen es bereits 1997 mit ihrer Initiative für das [M] empfohlen haben.

 

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