Der brasilianische Journalist Fabrício Ribeiro Pimenta musste aus seiner Stadt im südostbrasilianischen Bundesstaat Espirito Santo fliehen, weil er über die gravierende Umweltverschmutzung einer Marmorfabrik in seiner Gemeinde schrieb.
In Russland wurde der Journalist Mikhail Beketov fast zu Tode geprügelt und verlor ein Bein und mehrere Finger, weil er den Plan einer neuen, naturzerstörerischen Autobahn quer durch ein noch intaktes Waldgebiet aufdeckte. Dem brasilianischen Umweltjournalisten Vilmar Berna im Staat Rio de Janeiro wiederum wurde als „Warnung“ eine halbverbrannte Leiche an den Strand vor seinem Haus geworfen.
Der jetzt veröffentlichte Report von Reporter ohne Grenzen „The dangers for journalists who expose environmental issues“ listet exemplarisch 13 Fälle von Journalisten auf, die in jüngster Zeit bedroht, überfallen, ins Gefängnis gesteckt, von Klagen überzogen oder ermordet wurden, weil sie über Umweltverbrechen berichteten. Die zusammengetragenen Zahlen und Fakten sind erschreckend und liefern eine Erklärung dafür, dass aller Diskussionen um die globalen Bedrohungen wie Klimaerwärmung, Meeresspiegelanstieg und Biodiversitätsverlust zum Trotz nur relativ wenige Berichte über Umweltskandale aus und in den Ländern des Südens und Ostens verbreitet werden.
Im heutigen Brasilien beispielsweise sind Verbrechen an der Umwelt, illegale Abholzungen, Fluss- und Meeresverseuchungen, Korruption im Zusammenhang mit Autobahn- und Straßenbau, neuen Fabriken, fehlenden Kläranlagen oder dem Bau neuer umweltzerstörender Tourismusressorts, illegale Abfall- und Giftmüllbeseitigung, die Nichtumsetzung oder Verwässerung von Umweltgesetzen, Landraub usw. an der Tagesordnung. Dass trotzdem nicht jedes Jahr dutzende Fälle von unter Druck gesetzten, gefolterten oder ermordeten Umweltjournalisten bekannt werden, liegt aber nicht nur an einer gewissen Dunkelziffer, sondern ebenso an einer heutzutage – aus verständlichen Gründen – weit verbreiteten Schere im Kopf. Es gibt nur noch wenige Umweltjournalisten, die kritisch heiße Eisen anfassen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Massenmedien in Brasilien, so gut wie keinerlei Interesse an Finanzierung und Unterstützung von investigativem Journalismus haben. Die Umweltberichterstattung beschränkt sich im wesentlichen auf „softe“ Themen wie Ökotourismus in Naturparks oder Plastikrecyclingprojekte in ärmeren Gemeinden. Deshalb ist das, was Leser, Fernsehzuschauer und Radiohörer tatsächlich von den Umweltfreveln Brasiliens – innerhalb und ausserhalb des Landes – mitbekommen, nur die Spitze des Eisberges.
Aus Rio de Janeiro