Ein Journalist kann von einem privaten Unternehmen der Daseinsvorsorge, das durch die öffentliche Hand beherrscht wird, presserechtliche Auskünfte über den Abschluss und die Abwicklung von Verträgen mit Dienstleistern verlangen, um über verdeckte Wahlkampffinanzierung zu recherchieren. Das hat das Oberlandesgericht Hamm am 16. Dezember 2015 entschieden, aber erst kürzlich bekanntgemacht. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Ein Journalist aus Bottrop hatte von einem im Bereich Trinkwasserversorgung, Energieversorgung und Abwasserentsorgung tätigen Unternehmen Auskünfte über Abschluss, Inhalt, erbrachte Leistungen und Vergütung von Verträgen verlangt, die das Unternehmen mit verschiedenen Dienstleistern oder hinter diesen stehenden Personen abgeschlossen hatte. Dabei macht er geltend, dass diese für zwei Internetblogs tätig geworden seien. Der Verdacht des Journalisten: Das Unternehmen habe die Blogs über die mit den Dienstleistern abgeschlossenen Verträge indirekt finanziell unterstützt und durch Scheinaufträge eine verdeckte Wahlkampffinanzierung vorgenommen. Das Unternehmen verweigerte eine detaillierte Auskunft unter Hinweis auf ihre Geschäftsgeheimnisse und bestritt, dass der Pressevertreter ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse verfolge.
Also klagte der Journalist und ging auch gegen die ablehnende erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Essen in Berufung. Vor dem OLG Hamm nun war die Klage weitgehend erfolgreich. Das kürzlich veröffentlichte Urteil des 11. Zivilsenats Az.: 11 U 5/14 ist in zwei Punkten bemerkenswert: Zum einen entschied das OLG, das Unternehmen sei als „Behörde“ im Sinne von § 4 des nordrhein-westfälischen Landespressegesetzes zur Auskunft verpflichtet, auch wenn es als Aktiengesellschaft organisiert sei und privatrechtlich tätig werde. Der Behördenbegriff, wie er in allen Landespressegesetzen zu finden ist, umfasse auch juristische Personen des Privatrechts, wenn sich die öffentliche Hand ihrer zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bediene. „Dabei ist nicht erforderlich, dass sich die private Gesellschaft vollständig – unmittelbar oder mittelbar – in öffentlicher (kommunaler) Hand befindet. Vielmehr reicht es aus, dass die Gesellschaft von der öffentlichen Hand beherrscht wird.“
Zum anderen hält das OLG Hamm die Auskunftsverweigerung für nicht berechtigt, auch wenn es wie in diesem Fall um Geschäftsgeheimnisse gehe. Hier „überwiege aber das Interesse der Presse an einer Offenlegung gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse“, heißt es in der Gerichtspressemitteilung. „Bei dem Verdacht einer indirekten Parteien- oder Wahlkampffinanzierung habe das Informationsinteresse der Presse ein erhebliches Gewicht.“
In zwei weiteren neuen Entscheidungen zum presserechtlichen Auskunftsanspruch des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg unterlagen allerdings die Pressevertreter. Das verwundert allerdings kaum, wenn man die Auskunftsbegehren betrachtet. So entschied das OVG: Kein Auskunftsanspruch der Presse gegenüber dem Bundespräsidenten über den Inhalt seiner verfassungsrechtlichen Prüfung von Gesetzen (Beschluss vom 10. Februar 2016, Az.: OVG 6 S 56.15) und gegenüber der Bundesregierung über vertrauliche diplomatische Gespräche mit der ukrainischen Regierung (Beschluss vom 8. Dezember 2015, Az.: OVG 6 S 37.15). Ebenfalls keinen Zugang erhält ein Journalist einer überregionalen Tageszeitung zu Akten der Nachrichtendienste über die RAF beim Bundeskanzleramt, entschied das Bundesverwaltungsgericht am 25. Februar 2016 (Az.: BVerwG 7 C 18.14). Den hatte der Pressevertreter aber in Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) verlangt.