Potenziale nutzen

Social Media-Beraterin Simone Janson über Defizite in Print-Medien

Die Journalistin und Social Media-Beraterin Simone Janson hat einige Ratgeber veröffentlicht und lehrt an diversen Bildungseinrichtungen. In Berlin war sie mit Vorträgen und Workshops präsent. Im Interview mit M spricht sie über die Arbeit mit sozialen Netzwerken im Print-Sektor.

Mit dem Begriff Social Media wird viel umher geworfen. Frage ich nach, fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus. Manchmal wird auch mit den Achseln gezuckt. Was sind die Kennzeichen der Social Media, was verstehen sie darunter?

Simone Janson Foto: privat
Simone Janson
Foto: privat

Simone Janson: Social Media sind eine neue Kommunikationsform im Internet, bei der man direkt mit den anderen Nutzern in Kontakt treten kann. Interaktivität ist das Hauptkriterium der Social Media Plattformen. Es geht nicht mehr nur um Konsumieren; Menschen werden von Nachrichtenkonsumenten zu Nachrichtenproduzenten. Auch Blogs sind Bestandteil der Social Media.

Viele Print-Medien sind in den Social Media vertreten. Welche Defizite sind dabei erkennbar?

Redaktionen sollten ihre Leser in den Social Media ernster nehmen, das tun sie oft nicht in ausreichendem Maße. Dahinter verbirgt sich auch eine Einstellungsfrage: Die in vielen Redaktionen vorherrschende Haltung, sie hätten die Informationen und ihre Leser konsumieren diese lediglich, funktioniert in den Social Media nicht. Die Leser wollen stärker einbezogen werden und Social Media sind dazu ein probates Medium. Für viele Leser ist das der Grund, warum sie in den sozialen Netzwerken mit Redaktionen in Kontakt treten. Entfalten sich dann Diskussionen, gehen Redakteure oft nicht darauf ein. Foren müssen moderiert werden. Das ist natürlich in vielen Redaktionen ein Ressourcenproblem. Dazu kommt noch der Konkurrenzgedanke, die Befürchtung, Social Media würden den Zeitungen die Butter vom Brot nehmen. Es gibt allerdings auch noch viele Redaktionen, die überhaupt erstmal in die Netzwerke gehen müssen.

In einer Studie der dpa-Tochter news aktuell und Faktenkontor (2011) geben 39 Prozent der Befragten an, dass der Einsatz von Social Media an die Online-Redaktion delegiert sei. Außerdem plane fast die Hälfte der Redaktionen keine weiteren Investitionen in Social Media, obwohl 64 Prozent der Journalisten davon ausgingen, dass der Einsatz von Social Media im Arbeitsalltag an Bedeutung zunehmen werde. Wie sehen Sie das?

Social Media können in Redaktionen gezielt zur Recherche genutzt werden. Leser kennen sich oft sehr gut mit einem Problem oder Thema aus, Augenzeugen sind vor Ort, wenn kein Journalist da ist. Wie diese Potenziale besser genutzt werden können, zeigt zum Beispiel der britische Guardian und die taz verfügt auch über eine rege Community. Twitter wird von vielen Journalisten und Redaktionen unterschätzt. Für mich ist Twitter mittlerweile der wichtigste Nachrichtenkanal.
Allerdings ist der Gedanke, Journalismus würde durch Social Media kostengünstiger, ein Trugschluss. An zusätzlichen Investitionen kommt man nicht vorbei.

Das Gespräch führte Uwe Sievers

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Recherchen für die Demokratie

Die Uhr tickt – politisch und ökologisch. „Der Ton wird rauer, die Angriffe intensiver“, so NDR-Intendant Joachim Knuth im Begrüßungsgespräch mit Daniel Drepper, dem Vorsitzenden der Journalist*innenvereinigung Netzwerk Recherche (NR), die ihre Jahreskonferenz unter das Motto stellte: „Now is the time. Recherchen für die Demokratie“. Etwa 900 Teilnehmende trafen sich beim NDR Fernsehen in Hamburg zu Austausch und Debatte über die Rolle der Medien in Zeiten des politischen Rechtsrucks und der Klimakrise. 
mehr »

Reformstaatsvertrag: Zweifel am Zeitplan

Der Medienrechtler Dieter Dörr bezweifelt, dass es den Bundesländern gelingt, sich gemäß ihrer Planungen bis Ende Oktober auf einen Reformstaatsvertrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verständigen. Er halte „diesen Zeitplan, um es vorsichtig auszudrücken, für ausgesprochen optimistisch“, sagte Dörr auf M-Anfrage. Nach dem bisherigen Fahrplan sollte der Reformstaatsvertrag dann bei der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember 2024 unterzeichnet werden.
mehr »

Reform oder Abrissbirne im Hörfunk

Die Hängepartie um Finanzierung und Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) geht weiter. Nach wie vor sträuben sich ein halbes Dutzend Ministerpräsidenten, der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) für eine Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro zu folgen. Bis Oktober wollen die Länder einen Reformstaatsvertrag vorlegen, um künftig über Sparmaßnahmen Beitragsstabilität zu erreichen. Einzelne ARD-Sender streichen bereits jetzt schon ihre Hörfunkprogramme zusammen.
mehr »

Filmschaffende kriegen künftig mehr

In der achten Tarifverhandlungsrunde für die rund 25.000 Filmschaffenden haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die Schauspielgewerkschaft BFFS und die Produktionsallianz auf Eckpunkte einer vorläufigen Tarifeinigung verständigt. Doch nicht alle Verhandlungsthemen konnten geklärt werden. Die Frage nach der Regelung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Film wurde verschoben.
mehr »