Presserat: Rüge für Nutzung von Fotos aus dem Internet

Symbolbild: 123rf/M

Der Deutsche Presserat hat auf seinen Beschwerdeausschuss-Sitzungen im September 13 Rügen ausgesprochen. Im Fokus standen nicht eingehaltene Trennungsgebote – sowohl von Tätigkeiten als auch von Werbung und Redaktion – verfälschende Darstellungen von Sachverhalten, Diskriminierung, falsche Zitate, Verletzungen des Persönlichkeitsschutzes und die unerlaubte Nutzung von Fotos aus dem Netz.

Für einen schweren Verstoß gegen das Gebot zur Trennung von Tätigkeiten nach Ziffer 6 des Pressekodex wurden „Frankenpost“ und „Nordbayerischer Kurier“ gerügt. Die Tageszeitungen hatten gedruckt und online über die Kritik eines Oberbürgermeisters an der Leitung des örtlichen Klinikums berichtet. Die Verfasserin der Artikel hatte zudem unter der Überschrift „Erst denken, dann handeln“ Stellungnahmen des Oberbürgermeisters kritisch kommentiert. Die Autorin arbeite jedoch parallel als Redaktionsleiterin der Patientenzeitung des Klinikums. In dieser Doppelfunktion sah der Beschwerdeausschuss einen gravierenden Interessenkonflikt gemäß Ziffer 6, Richtlinie 6.1 des Pressekodex. „Deshalb hätte sie nicht für die Zeitungen über dieses Thema berichten dürfen. Zumindest jedoch hätten die Redaktionen ihrer Leserschaft den Interessenkonflikt in geeigneter Weise offenlegen müssen.“

„Bild“ und Bild.de erhielten eine Rüge für die „verfälschende Darstellung eines Gerichtsurteils und die Diskriminierung des Verurteilten“. Die Redaktion hatte auf der ersten Seite der gedruckten Ausgabe mit der Schlagzeile „11-Jährige vergewaltigt – Keine Haft für den Täter“ und online mit dem Teaser „Fall erschüttert Deutschland – Afghane vergewaltigt 11-Jährige – Keine Haft!“ aufgemacht. In den Artikeln erläuterte sie, dass der Täter minderjährig war und – wie in diesen Fällen üblich – nach Jugendstrafrecht zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Die Schlagzeilen verstießen nach Ansicht des Presserats gegen das Wahrhaftigkeitsgebot nach Ziffer 1 und die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex, da sie die Straffreiheit des Täters und ein skandalöses Urteil suggerierten. Zudem verstießen die mehrfache Nennung der Nationalität sowie der Hinweis auf einen vergleichbaren Fall eines anderen Afghanen gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex.

Tagesspiegel.de erhielt eine Rüge für „die falsche Zitierung eines Mitglieds der Documenta-Findungskommission“. In der Titelzeile behauptete die Redaktion „Entscheiderin nannte Israel ‚Apartheidsstaat‘ – Der Antisemitismus-Skandal auf der Documenta war absehbar“. Zwar hatte die Entscheiderin nach der im Beitrag verlinkten Quelle gesagt, sie habe „es als Schock empfunden, dass junge Menschen Angst hätten, das Wort Apartheid auch nur auszu-sprechen“. Den als Zitat wiedergegebenen Begriff hätte sie aber nicht verwendet, und ihre Aussage habe sich auf Südafrika bezogen, erklärte der Presserat. Der Beschwerdeausschuss sah darin einen schweren Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex, weil die Redaktion der Documenta-Entscheiderin ein Zitat zugeschrieben habe, das so nicht gefallen sei.

Bild.de wurde auch für die Veröffentlichung von Opfer-Fotos des Attentats an einer Grundschule im texanischen Uvalde gerügt. Unter der Überschrift „Als Amerie den Notruf wählte, drückte der Killer ab“ zeigte die Redaktion Porträts von ums Leben gekommenen Kindern und einer Lehrerin. Die Bilder hatte die Redaktion von den Twitter- und Facebook-Accounts der betroffenen Familien übernommen. Nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex sei die Identität von Opfern für das Verständnis des Tathergangs in der Regel jedoch unerheblich. Die Angehörigen hätten vor der Übernahme der Fotos jedenfalls gefragt werden müssen, begründet der Beschwerdeausschuss die Entscheidung.

Insgesamt wurden 99 Beschwerden behandelt, wovon 56 als begründet und 30 als unbegründet erachtet wurden. Dazu gehören 13 öffentliche Rügen, 15 Missbilligungen und 22 Hinweise. Sechs Beschwerden waren begründet, es wurde aber auf eine Maßnahme verzichtet. Bei 13 Beschwerden handelte es sich um Wiederaufnahmen und Einsprüche.

Mehr Informationen über die Entscheidungen im September

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