Prinzipienstreit um Peanuts

Institut verlangt Geld für Pressematerial und droht mit Klage

Müssen Theaterkritiker und Brandschutzwachen künftig Eintritt zahlen, wenn sie dienstlich eine Vorstellung besuchen? Erhalten Reporter Gerichtsurteile bald nur noch gegen Gebühr? So weit könnte es kommen, wenn sich die Rechtsauffassung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen durchsetzt.

Das KFN, das vor allem durch seinen früheren Chef, den heutigen Landesjustizminister Christian Pfeiffer, bekannt geworden ist, verlangt von Journalisten Geld für die Zusendung von Arbeitsmaterial und droht bei Zahlungsverweigerung sogar mit einer Klage. So erging es jedenfalls dem freien Journalisten Michael Weisfeld. Der Bremer hatte sich aus Hannover eine Studie über Anti-Aggressivitäts-Training in der Jugendhaft schicken lassen, um sie in Hörfunk- und Zeitschriftenbeiträgen zu zitieren. Zu seiner großen Verwunderung lag dem 41-Seiten-Text auch eine Rechnung über 6,65 Euro bei. „Das ist, als ob wir Journalisten Eintritt für Pressekonferenzen zahlen müssen“, fand Weisfeld und verweigerte die Zahlung. „Die sollen froh sein, wenn über sie berichtet wird!“, meint er.

Nach ausführlichem Briefwechsel drohte ihm das Institut schließlich per Anwalt eine Klage an, wenn er den Betrag nicht endlich überweisen würde, und zwar zuzüglich Mahngebühr, Verzugszinsen und Anwaltsgebühren – insgesamt 21,10 Euro. KFN-Geschäftsführer Matthias Baumgarten räumte auf Nachfrage von „M“ zwar ein, dass die Summe „lächerlich“ sei. „Aber auch Kleinvieh macht Mist.“ Das als Verein organisierte Institut müsse mit einer Million Euro Landeszuschuss und einzelnen Drittmitteln auskommen und könne deshalb die Kopier- und Portokosten für den Textversand nicht selber tragen, auch nicht bei Presseanfragen. „Andere Empfänger zahlen das, ohne mit der Wimper zu zucken“, behauptet Baumgarten.

Weisfeld hat dem KFN inzwischen ein Friedensangebot gemacht: Er hat ihm 9,50 Euro überwiesen – für Studie, Mahngebühr und Verzugszinsen. Doch das Institut bleibt stur. Es verlangt jetzt auch noch die 11,60 Euro Anwaltsgebühren und droht erneut mit Klage. Das dürfte ein kurioser Prozess werden.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Journalismus unter KI-Bedingungen

Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz stellen Medienschaffende vor neue Herausforderungen. „KI, Big Tech & Co. – was wird aus dem Journalismus?“ lautete folgerichtig der Titel der 11. Medienpolitischen Tagung von ver.di und DGB am 16. Oktober in Berlin. Über 80 Wissenschaftler*innen, Rundfunkräte und Journalist*innen informierten sich auch über den aktuellen Stand der Debatte über den neuen Medien“reform“staatsvertrag.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Traditionelle Medien zu wenig divers

Vielfalt in traditionellen Medien ist gefährdet - durch Chefetagen, die überdurchschnittlich mit weißen Männern besetzt sind. Dazu kommt eine zunehmend stärker werdende Berufsflucht. Daneben entsteht ein „peripherer Journalismus“ – entweder mit einem hohem Anspruch an Diversität oder andererseits sehr eingeschränkter Vielfalt. Das Meinungsspektrum verschiebt sich von „migrantischen zu ultrakonservativen Stimmen“. Schlaglichter auf die kritisch-konstruktive Tagung „Diversität und Geschlecht im Journalismus“.
mehr »