Rat für alle Fälle

Netzwerk mediafon erfolgreicher Anlaufpunkt für Selbstständige

Im nächsten Frühjahr blickt ver.di auf ihr zehnjähriges Bestehen zurück. Das ver.di-Beratungsnetzwerk für Solo-Selbstständige mediafon gibt es schon länger. Im Herbst 2000 von der damaligen IG Medien für FreiberuflerInnen in Medien und Kultur aus der Taufe gehoben, wendet sich das Projekt mittlerweile an Selbstständige aller Branchen. Und ist eine zehnjährige Erfolgsgeschichte mit Zukunft.

„Ohne das wirklich fundierte mediafon-Angebot wäre mir der Schritt in die Selbstständigkeit deutlich schwerer gefallen“, sagt Kirsten Plötz. „Wichtig war zudem der vom ver.di-Selbstständigenreferat herausgegebene Freien-Ratgeber.“ Die promovierte Historikerin aus Hannover wagte sich vor fünf Jahren mit einer wissenschaftsorientierten Geschäftsidee auf den Markt. Und trat der Gewerkschaft bei. „Ich bin gewerkschaftsfern aufgewachsen, aber das ver.di-Gesamtangebot für Selbstständige hat mich überzeugt.“ Vor wenigen Wochen kandidierte Plötz erfolgreich für einen Sitz in der Landeskommission Selbstständige im ver.di-Bezirk Niedersachsen/Bremen. Dort wird sie in den nächsten vier Jahren unter anderem mit Olaf Schnell zusammen arbeiten. „Ich habe 2008 über mediafon zu meiner ver.di-Mitgliedschaft gefunden“, erklärt der im Verkehrswesen selbstständige Diplom-Kaufmann.
Seit zehn Jahren können sich Ratsuchende telefonisch oder per Internet-Formular mit Fragen rund um die Selbstständigkeit an mediafon wenden. Die Palette reicht von Sozialversicherungsthemen über Vertragsangelegenheiten bis zum Urheberrecht, vom Honorar bis zum ergänzenden Arbeitslosengeld II, von Vermarktungs- bis zu ver.di-internen Fragen. Etwa ein Siebtel der Anfragen stammen von Nichtmitgliedern, die eine Beratungsgebühr zahlen müssen. „Mehr als jede zehnte Person tritt im Lauf des Beratungsprozesses oder danach bei ver.di ein“ freut sich mediafon-Geschäftsführer Gunter Haake.

Der gelernte Journalist, von 1995 bis 1997 einer von drei gleichberechtigten dju-Bundesvorsitzenden, hatte die Projektidee entwickelt – gemeinsam mit Mitstreitern aus weiteren Medienstandorten. In den Diskussionsprozess eingebunden waren etwa die Münchner Freienberaterin Veronika Mirschel (heute Leiterin des ver.di-Selbstständigenreferates in Berlin), der Hannoveraner Goetz Buchholz (Autor des „Ratgeber Freie“, jetzt „Ratgeber mediafon“), der Hamburger Rüdiger Lühr (Autor des Ratgebers „Wenn Selbstständige Kinder kriegen“) oder der Kölner Ulli Schauen (seinerzeit Freien-Sprecher beim WDR). „In der ersten Hälfte der 1990er Jahre hatten einige Aktive mit Unterstützung der IG Medien in Köln alle zwei Wochen eine Präsenzberatung zu beruflich-sozialen Fragen eingeführt, die von Rundfunkjournalisten, Kameraleuten, Künstlern oder Schauspielern genutzt wurde“, erinnert sich Journalist Schauen, seit 2000 Sprecher der Bundeskommission Selbstständige in ver.di. In Hamburg hatte Journalist Lühr mit anderen Hanseaten eine ähnliche Initiative ergriffen mit einem monatlichen Beratungstermin.
Im Juli 1998 ermöglichte die IG Medien ein erstes bundesweites Treffen mit Ehren- und Hauptamtlichen, die sich über ihre verschiedenen Vor-Ort-Modelle der Freienberatung austauschten. Gut zwei Jahre später konnte mediafon als zunächst auf drei Jahre angelegtes Projekt aus der Taufe gehoben werden. Im Rahmen eines Mikrounternehmen-Förderprogramms übernahm das Bundesministerium für Bildung und Forschung zwei Drittel der kalkulierten Startkosten von umgerechnet rund 1,2 Mio. Euro, das restliche Drittel übernahm die IG Medien. Der Vorstand hatte erkannt: Die Medienindustrie kann und wird sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse reduzieren und zunehmend auf FreiberuflerInnen zurückzugreifen.
Im Herbst 2003 beschloss der ver.di-Bundesvorstand, das Beratungsnetzwerk nach Ende der Projektphase mit einem auf alle Selbstständigen erweiterten Profil fortzuführen. Schon im Frühjahr hatte ver.di-Bundesvorsitzender Frank Bsirske auf der ersten Bundeskonferenz der Freien und Selbstständigen proklamiert, es gelte „die Attraktivität und Strahlkraft der Gewerkschaft für Selbstständige zu erhöhen“.
In der Folgezeit dehnte mediafon das Angebot jenseits der Medienbranche gezielt auf weitere Berufsgruppen aus, in denen selbstständige Erwerbsformen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das Spektrum reicht vom Weiterbildungssektor über die IT-Branche bis zu Pflege- oder auch Hausmeisterdienstleistungen. Während die Unternehmen dieser Branchen im vergangenen Jahrzehnt immer mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichtet haben, stieg die Zahl der Solo-Selbstständigen rapide – auf aktuell deutlich über zwei Millionen.
„Ich kann die Gesetze nicht ändern, aber mit fundierter Sach- und Fachinformation die Ratsuchenden befähigen, auf Augenhöhe mit Ämtern zu agieren“, sagt Kurt Nikolaus aus Berlin. Der Soziologe und Psychologe arbeitet halbtags in der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen und zählt zum 15-köpfigen mediafon-Beratungsteam. „Wir sind nicht auf Regionen orientiert, sondern auf Themenkompetenz“, sagt Geschäftsführer Haake. „Unsere besondere Stärke ist, dass alle im Team einen eigenen beruflich-fachlichen sowie selbstständigen Hintergrund haben und höchstens vier Stunden je Woche beraten.“
Augenscheinlich lohnt sich das zehnjährige Engagement – für ver.di wie für die Selbstständigen. Die Personengruppe entwickelt sich gegen den insgesamt negativen Mitgliedstrend leicht ins Positive. „Wir haben noch großes Potential“, blickt BKS-Vorsitzender Ulli Schauen in die Zukunft.


 

www.mediafon.net

  • Jährlich gehen rund 2500 individuell Beratungsanfragen bei mediafon ein.
  • Die Zahl der Abonnenten des kostenlosen Newsletters beträgt heute rund 10.000.
  • Im News-Portal von mediafon klickten 2009 rund 1,2 Mio. NutzerInnen fast sechs Millionen Seiten an, in 2010 waren diese Zahlen bei Redaktionsschluss bereits überschritten.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »

Gendergerechtigkeit per KI überprüfen

Ein Gender-Analyse-Tool der Technischen Universität München zeigt, wie Frauen medial ausgeklammert werden. Das Ziel vom  Gender Equality Tech Tool – GETT  ist es, die Sichtbarkeit von Frauen in der Berichterstattung bewusst zu fördern. Mit GETT kann über eine Kombination aus klassischen Algorithmen und Open-Source-KI-Modellen nachgeprüft werden, wie oft Frauen im Vergleich zu Männern in den Medien genannt und wie sie dargestellt werden.
mehr »