Im thüringischen Eichsfeld sind am 29. April zwei Journalisten von mutmaßlichen Rechtsextremisten angegriffen und beraubt worden. Auslöser der Attacke am Ortsrand von Hohengandern waren offenbar Foto- und Filmaufnahmen, die die beiden Göttinger Journalisten vor dem Grundstück des Thüringer NPD-Chefs Thorsten Heise im benachbarten Fretterode gemacht hatten. Die Medienleute wurden aus dem Haus heraus von zwei maskierten Männern erst zu Fuß, dann per Pkw verfolgt, angegriffen und verletzt. Ihre Fotoausrüstung wurde geraubt, ihr Auto demoliert.
Der Thüringer NPD-Chef und Bundes-Vize Thorsten Heise hatte zuletzt Mitte April als Organisator des Neonazi-Festivals „Schild & Schwert“ im ostsächsischen Ostritz Schlagzeilen gemacht. Heise ist unter anderem wegen Körperverletzung und Volksverhetzung vorbestraft. Aktuell wird Medienberichten zufolge gegen ihn wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen auf dem Festival ermittelt.
Die beiden 26-jährigen freien Journalisten hatten einen ihrer Angreifer und das für die Hetzjagd benutzte auffällige Fahrzeug noch fotografieren können. Die Speicherkarte mit den Aufnahmen wurde der Polizei übergeben, die wie medizinische Hilfe von Anwohnern herbeigerufen worden war. Auf inzwischen im Internet und in den Medien kursierenden Fotos war der Verfolger mit einem 40 bis 50 Zentimeter langen Schraubenschlüssel bewaffnet. Außerdem sollen bei dem Angriff ein Baseballschläger, ein Messer sowie Pfefferspray zum Einsatz gekommen sein. Einer der Journalisten erlitt, so berichtet das Göttinger Tagblatt unter Berufung auf eine Polizeisprecherin, eine Kopfwunde durch den Schraubenschlüssel, der andere eine Stichverletzung am Oberschenkel. An ihrem Auto wurden Scheiben eingeschlagen und Reifen zerstochen.
Bei den Tatverdächtigen soll es sich um zwei 24-Jährige aus der rechten Szene handeln. Noch am Sonntag durchsuchte die Polizei das Grundstück des Thüringer NPD-Chefs und soll dort die beiden mutmaßlichen Täter gestellt haben. Heise hatte die Beamten freiwillig ins Haus gelassen. Die Kamera der Journalisten wurde nicht gefunden. Der Staatsschutz ermittelt weiter.
Die beiden Reporter lassen sich inzwischen anwaltlich vertreten und haben Anzeige erstattet. Aufgrund der Gefährlichkeit der Angriffe mit den entstandenen Verletzungen sieht der Rechtsbeistand der Journalisten neben schwerem Raub auch ein versuchtes Tötungsdelikt als gegeben.
Nach Angaben der Thüringer Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Die Linke) soll es sich bei den Angreifern um einen NPD-Funktionär aus dem niedersächsischen Landesvorstand handeln, der auch an einem Überfall von Neonazis in Leipzig-Connewitz im Januar 2016 beteiligt gewesen sei. Der andere mutmaßliche Täter habe als Versammlungsleiter einen NPD-Aufmarsch zum 1. Mai in Erfurt angemeldet. Dem ehemaligen Thüringer Regionalleiter des mittlerweile aufgelösten Holocaustleugner-Netzwerks „Europäische Aktion“ und seinem Verein „Stahlsau“ werden laut der Linken-Politikerin paramilitärische Aktivitäten vorgeworfen. Renner warnte, die NPD baue ihre Strukturen als Sammelbecken für Straf- und Gewalttäter europaweit aus.