ROG-Jahresbilanz: Pressefreiheit stets neu erkämpfen

Nicht nachzulassen im Einsatz für das Menschenrecht auf Presse- und Informationsfreiheit appelliert Reporter ohne Grenzen (ROG) nach der Jahresbilanz der Pressefreiheit 2016, die im Dezember veröffentlicht wurde. Zum Jahresende saßen danach weltweit mindestens 348 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, 52 befanden sich in der Gewalt von Entführern und mindestens 74 Medienschaffende wurden 2016 im Zusammenhang mit ihrem Beruf getötet. ROG wirbt dafür, bei den Vereinten Nationen einen Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalisten einzusetzen.

Unter den 2016 getöteten Medienmachern waren 57 professionelle Journalist_innen, neun Bürgerjournalisten sowie acht Medienmitarbeiter, darunter fünf Frauen. Ein Kollege aus Burundi verschwand spurlos. Fast drei Viertel der Opfer, so Reporter ohne Grenzen in der Jahresbilanz, seien gezielt angegriffen worden. Für ROG-Vorstandssprecherin Britta Hilpert ist das „besonders erschreckend“. Die Zahlen zeigten, „wie folgenlos bisher alle Bemühungen geblieben sind, Journalisten besser vor Gewalt zu schützen“. Der künftige UN-Generalsekretär Antonio Guterres sollte sich dieser Aufgabe vordringlich widmen und „schnellstmöglich einen Sonderbeauftragten berufen, um die vielen Beschlüsse zu diesem Thema endlich durchzusetzen“, fordert Hilpert. Die Verantwortlichen für die Verbrechen müssten endlich zur Rechenschaft gezogen und der Kreislauf der Straflosigkeit durchbrochen werden.

2015 waren mindestens 101 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet worden, darunter 67 professionelle Journalisten. Der Rückgang 2016 sei nach Auffassung von Reporter ohne Grenzen kein Anlass zu Entwarnung, sondern erkläre sich vor allem dadurch, das Journalisten aus gefährlichen Regionen geflohen seien. Das gelte besonders für Syrien, den Irak, Libyen, den Jemen, Afghanistan und Burundi. Damit fehlten nun gerade aus Ländern mir akuten politischen Konflikten unabhängige Informationen. In den vergangenen zehn Jahren, so die ROG-Angaben, wurden mindestens 695 professionelle Journalist_innen gezielt wegen ihrer Tätigkeit ermordet. Das gefährlichste Land für die journalistische Arbeit außerhalb von Kriegsgebieten war 2016 erneut Mexiko.

Die Zahl der Medienschaffenden, die wegen ihres beruflichen Einsatzes hinter Gittern sitzen, sei 2016 vor allem nach dem Putschversuch in der Türkei in die Höhe getrieben worden, ein Ende der Verhaftungen und Prozesse sei nicht in Sicht. Außer in der Türkei säßen besonders viele der 348 im vergangenen Jahr inhaftierten Journalist_innen in Gefängnissen in China, Syrien, Ägypten oder dem Iran.

Reporter ohne Grenzen dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit und kämpft gegen Zensur. Das Nothilfereferat der Organisation unterstützt verfolgte Journalist_innen.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Ampelbilanz: Von wegen Fortschritt

"Mehr Fortschritt wagen" wollte die Ampel-Regierung laut Koalitionsvereinbarung von 2021 – auch in der Medienpolitik. Nach der desaströsen medienpolitischen Bilanz der vorausgegangenen Großen Koalition, so die Hoffnung, konnte es nun eigentlich nur besser werden. Von wegen. Die meisten der ohnehin wenig ambitionierten Vorhaben der Ampel blieben im Parteiengezänk auf der Strecke. Für den gefährdeten Lokal- und Auslandsjournalismus bleibt weiterhin vieles im Unklaren.
mehr »

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Filmtipp: September 5 – Olympiattentat 1972

Einen ungewöhnlichen Blick auf das Olympia-Attentat 1972 in München zeigt Tim Fehlbaum in seinem neuen Film "September 5 – The Day Terror Went Live". Die Ereignisse, die zu dem Tod von elf Mitgliedern der israelischen Delegation und fünf palästinensischer Geiselnehmer führten, wird ausschließlich aus der Perspektive von TV-Journalisten geschildert, die zu der Zeit in der Sportredaktion des Fernsehsenders ABC arbeiteten.  Der Film kommt am 9. Januar in die deutschen Kinos.
mehr »

Faktenchecks: Metas Rechtsschwenk

Verdrehter scheint es kaum zu gehen: Vor vier Jahren, am 7. Januar 2021, sperrte Meta die Konten von Donald Trump auf Facebook und Instagram. Das war die Reaktion darauf, dass seine Anhänger, angefeuert durch seine Äußerungen, das Kapitol in Washington gestürmt hatten. Auf den Tag vier Jahre später erklärt der Meta-Konzernchef die Finanzierung der Faktencheck-Programme für null und nichtig, die vor allem Lügen und Desinformation einordnen sollten. Correctiv kritisiert den Rechtsschwenk vor dem Hintergrund der bisherigen Zusammenarbeit mit Meta.
mehr »