Rügen für Suizidberichterstattung

„Dresdner Morgenpost“ und „Bild“ gerügt

Die „Dresdner Morgenpost“ wurde vom Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats öffentlich gerügt, da sie in unangemessen sensationeller Weise über den Selbstmord eines jungen Mannes berichtet hatte. So war auf einem großen Foto die zugedeckte Leiche zu sehen und über die Motive der Tat zu Lasten der Ehefrau spekuliert worden. Durch die Nennung des Vornamens, des Alters und anderer Merkmale wurden das Opfer und auch die hinterbliebene Ehefrau zudem für einen bestimmten Personenkreis identifizierbar. Nach Ziffer 8 Richtlinie 8.5 des Pressekodex gebietet die Berichterstattung über Suizide Zurückhaltung. Ausnahme ist ein „Vorfall der Zeitgeschichte von öffentlichem Interesse“.

Das war jedoch an dieser Stelle ebensowenig der Fall, wie bei der zweiten öffentlichen Rüge, die der Beschwerdeausschuss gegen die „Bild“-Zeitung aussprach. Auch hier wurde das Opfer für einen größeren Kreis identifizierbar dargestellt, da sowohl ein Foto von ihm, als auch sein Wohnort, der Vorname und der abgekürzte Nachname veröffentlicht wurden. Durch diese Art der Berichterstattung würden häufig auch die Angehörigen der Opfer ein zweites Mal belastet.

Erkrankungen nicht nennen

Die „Bild“-Zeitung erhielt eine nicht-öffentliche Rüge, da sie in zwei Artikeln über die psychische Krankheit einer Frau berichtet und ein Foto der Kranken veröffentlicht hatte. Auch wenn diese früher einmal eine bekannte Sportlerin – und somit eine Person des öffentlichen Lebens – war, gilt auch für sie, dass mit der Berichterstattung über Erkrankungen immer die Privatsphäre der Betroffenen geachtet werden muss. Nach der Richtlinie 8.4 des Pressekodex soll „die Presse in solchen Fällen auf Namensnennung und Bild verzichten und abwertende Bezeichnungen der Krankheit oder der Krankenanstalt, auch wenn sie im Volksmund anzutreffen sind, vermeiden. Auch Personen der Zeitgeschichte genießen über den Tod hinaus den Schutz vor diskriminierenden Enthüllungen.“

Die Veröffentlichung eines Fotos einer Richterin war Grundlage einer weiteren Beschwerde, mit der sich der Beschwerdeausschuss befasste. Der Ausschuss stellte fest, dass Fotos von Richtern grundsätzlich veröffentlicht werden dürfen, da diese ein öffentliches Amt ausüben. Dabei darf ein solches Foto jedoch nicht die Privatsphäre der Richter verletzen. So darf ein Journalist nicht ohne weiteres einen Richter in seinem privaten Umfeld fotografieren, wie in vorliegendem Fall geschehen. Der Beschwerdeausschuss missbilligte dies.

Auf seiner dritten Sitzung des Jahres behandelte der Beschwerdeausschuss insgesamt 28 Beschwerden. Neben den drei Rügen sprach er noch 8 Missbilligungen und 7 Hinweise aus. 6 Beschwerden wurden als unbegründet angesehen, eine Beschwerde wurde eingestellt, als nicht aufklärbar.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

dju fordert Schutz für Medienschaffende

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert nach dem erschreckend milden Urteil im Verfahren zum Angriff auf Journalist*innen in Dresden-Laubegast staatlich garantierten Schutz für Medienschaffende. Über zehn Männer hatten im Februar 2022 in Dresden-Laubegast am Rande einer Demonstration im verschwörungsideologischen Milieu sechs Journalist*innen und ihren Begleitschutz angegriffen.
mehr »

Unsicherheit in der Medienlandschaft

Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Auswirkungen auf die Medienbranche wurden auch bei des diesjährigen Münchner Medientagen intensiv diskutiert. Besonders groß sind die Herausforderungen für Online-Redaktionen. Im Zentrum der Veranstaltung  mit 5000 Besucher*innen, mehr als 350 Referent*innen aus Medienwirtschaft und -politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, stand allerdings die Frage, wie Tech-Konzerne reguliert werden sollten.
mehr »

Für faire Arbeit bei Filmfestivals

„Wir müssen uns noch besser vernetzen und voneinander lernen!“, war die einhellige Meinung bei der Veranstaltung der ver.di-AG Festivalarbeit im Rahmen des  Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm. Die AG hatte zu einer Diskussionsrunde mit dem Titel Labour Conditions for Festival Workers: Roundtable & Fair Festival Award Launch eingeladen. Zu Gast waren internationale Teilnehmer*innen. Die Veranstaltung war auch der Startschuss zur ersten Umfragerunde des 4. Fair Festival Awards.
mehr »

DOK Leipzig: Weniger Barrierefreiheit

Statt 41 barrierefreien Veranstaltungen kann DOK Leipzig (27. Oktober bis 2. November) in diesem Jahr nur sechs anbieten. Ursache ist die Kürzung einer Förderung für Inklusion im Kulturbereich im sächsischen Doppelhaushalt 2025/26. Wie läuft Inklusion im Kulturbereich zu Zeiten knapper öffentlicher Mittel? Und was heißt das für die Redakteur*innen und Dienstleister, die barrierefreie Fassungen erstellen?
mehr »