Schärfere Töne am Nachrichtenticker

Der Konkurrenzdruck auf dem deutschen Nachrichtenagenturen-Markt nimmt an Schärfe zu. 18 Monate nach der Fudion von ddp und der deutschen AP zur neuen Agentur dapd gerät Marktführer dpa immer stärker unter Druck. Der Aufstieg des dapd zur zweiten Vollagentur geht einher mit einert aggressiven Geschäftspolitik und juristischen Scharmützeln um statliche Aufträge.

Berlin, 14.09.2010 Zentralredaktion der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in der Markgrafenstra§e. Foto: Christian von Polentz

Es war eine angekündigte Fusion. Bereits Ende 2009 hatten die Münchner Finanzinvestoren Peter Löw und Martin Vorderwühlbecke die deutschsprachige Tochter der amerikanischen Associated Press (AP) übernommen – zusätzlich zu ihrer Agentur ddp. Nach der Umbenennung in dapd begann erst einmal ein rigoroser Personalabbau. Der Schweizer AP-Dienst verschwand. Auch in Deutschland wurden zahlreiche Stellen gestrichen. Vor allem der Frankfurter Standort musste bluten.

Neben freien Pauschalisten traf es vor allem Beschäftigte aus Bildredaktion und Technik. Es hagelte betriebsbedingte Kündigungen. „Wer die angebotenen Alternativjobs in Hamburg oder Berlin nicht akzeptierte, wurde per Abfindung aus dem Betrieb gedrängt“, berichtet Manfred Moos, der zuständige ver.di-Landesfachbereichsleiter in Hessen. Sein düsteres Fazit: „Die alte AP in Frankfurt am Main existiert faktisch nicht mehr.“
Die Fusion von ddp mit der deutschen AP hat eine spezifische medienhistorische Note. Denn ddp entstand 1971 aus der deutschen Tochter von UPI, einer früheren AP-Konkurrentin. Später gehörte ddp unter anderem zum Imperium des einstigen Medienzars Leo Kirch. In dieser Phase schluckte man 1992 ADN, die ehemalige staatliche Nachrichtenagentur der DDR. Seit 2004 im Besitz der Beteiligungsgesellschaft Arques, übernahmen Anfang 2009 die beiden früheren Arques-Vorstandsmitglieder Löw und Vorderwühlbecke die Agentur. Die Restbestände der einst so stolzen UPI gingen im Jahr 2000 in den Besitz der berüchtigten Moon-Sekte über.

Fusionsprojekt bislang wirtschaftlich erfolgreich

Das Wachstum des dapd kann sich sehen lassen. Betrugen die Umsätze im Jahr der Fusion noch bescheidene 13,5 Millionen Euro, so hat sich dieser Wert 2011 nach Angaben der Gesellschafter mit einem Anstieg auf 31,7 Millionen Euro innerhalb von nur zwei Jahren mehr als verdoppelt. Und auch in Zukunft soll geklotzt, nicht gekleckert werden: Zielvorgabe für 2012 ist ein Umsatz von 50 Millionen Euro und mehr. Gleichzeitig ist die Anzahl der Mitarbeiter von 2009 bis 2011 von 269 auf 515 gestiegen. Das gewerkschaftliche Ziel, bei allen Agenturen tarifvertragliche Mindestbedingungen zu vereinbaren, wurde bislang verfehlt. Das liegt nicht zuletzt am vergleichsweise geringen Organisationsgrad der Belegschaft. Bereits bei der Übernahme mussten die damaligen ddp-Beschäftigten beträchtliche materielle Einbußen hinnehmen. Einen Tarifvertrag besitzen sie bis heute nicht. Nur die früheren AP-Mitarbeiter konnten ihre besseren tariflichen Konditionen im Rahmen von Bestandsschutzverhandlungen in die Fusion hinüberretten. „Ansonsten ist der frühere AP-Tarifvertrag Makulatur, obgleich er nie ordentlich gekündigt wurde“, sagt Manfred Moos. Viele müssen sich mit Dumpinglöhnen abfinden, bei der Personalauswahl gelte das Prinzip der „Nasenpolitik“. Ein für Februar angekündigter „Sozialreport“ über die Arbeitsplatzentwicklung in der Agentur lässt noch auf sich warten. Nach Auskunft von dapd-Pressesprecher Wolfgang Zehrt soll er aber im Frühjahr erscheinen.

Wer Dumping-Löhne zahlt, kann auch mit Dumping-Preisen in den Wettbewerb eingreifen. Ein Wettbewerb, der angesichts tendenziell sinkender Margen immer härter geführt wird. Das Geschäft mit den Printmedien ist gesättigt bis rezessiv, die noch in den neunziger Jahren dank des Privatfunks expandierende Kundschaft stagniert. Um die Umsätze zu steigern oder wenigsten zu halten, buhlen die Agenturen mit neuen Diensten und Dienstleistungen um neue Kunden. Zugleich schlägt die Stunde der Controller. Da hat ein Newcomer wie dapd manche Vorteile, auf die seine Besitzer auch unablässig verweisen. „Wir haben die bessere Kostenstruktur, weniger Overhead, schlankere Strukturen, keine Altlasten aus Pensionen, etc.“, triumphierte unlängst dapd-Vorstand Vorderwühlbecke im Branchendienst „Meedia“. Und setzt provozierend mit Blick auf Marktführer dpa hinzu: „Wir sind eben keine alte Behörde.“

Nach Umzug und WAZ-Verlust in roten Zahlen

Die Deutsche Presseagentur (dpa) hatte 2010 das größte Projekt in ihrer gut 60jährigen Unternehmensgeschichte zu stemmen: die Bündelung ihrer bislang auf Hamburg, Frankfurt/M. und Berlin verteilten Zentralredaktionen in der deutschen Hauptstadt. Seit September 2010 arbeitet die Redaktion in einem 2.200 Quadratmeter messenden Großraumbüro im alten Berliner Zeitungsviertel. Wegen der räumlichen Nähe zum Axel Springer Verlag stellte der Tagesspiegel vorübergehend die Unabhängigkeit der Agentur in Frage. Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet. 200 Mitarbeiter waren vom Umzug betroffen, 64 davon kamen nicht mit in die Hauptstadt. Eine Form des kalten Personalabbaus, denn gut die Hälfte dieser Stellen wurde seinerzeit nicht wieder besetzt. Die Zentralisierung habe es ermöglicht, „Parallelstrukturen abzuschaffen“, sagte damals der Ende 2009 von Spiegel-Online auf den dpa-Chefredakteursessel gewechselte Wolfgang Büchner. Rund vier Monate dauerte der Umzug, er soll dpa einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gekostet haben. Trotz verringertem Personal erwirtschaftete die dpa im Jahr des Umzugs erstmals in ihrer Geschichte rote Zahlen. Der Fehlbetrag von 3,8 Millionen Euro ist allerdings nicht allein auf Standortwechsel und Umzugskosten zurückzuführen. In der Bilanz 2009 schlug auch der Verlust des Großkunden WAZ negativ zu Buche. Das Umsatzminus von 4,1 Prozent entsprach ziemlich genau den drei Millionen, die die Essener WAZ-Gruppe bis Ende 2008 eingebracht hatte. Vorübergehend sah es so aus, als müsse dpa einen Dominoeffekt fürchten. Auch die Rheinische Post kündigte zunächst das dpa-Abo, und die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine (HNA) verzichtete im Sommer 2009 „probeweise“ sechs Wochen lang auf dpa. Beide sind mittlerweile als Kunden zurückgekehrt. „Es geht ohne dpa, aber mit dpa geht es noch besser“, resümierte HNA-Chefredakteur Horst Seidenfaden nach dem Testlauf.

Modernisierungsschub

Unter dem neuen dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner erlebt die Agentur einen beachtlichen Modernisierungsschub. Im Rahmen des Projekts „Pro Inland“ wurden im vergangenen Jahr sieben „Regio-Desks“ in Hamburg, Hannover, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/M., München und Stuttgart aufgebaut. Parallel dazu erfolgt der Aufbau von dpa-news.de – ein Kundenportal, auf dem neben der Startseite mit den bundesweiten Top-Themen auch alle zwölf dpa-Landesdienste mit eigenen Nachrichtenseiten vertreten sind, darüber hinaus auch die zentralen Ressorts des dpa-Basisdienstes. Stolz ist die Agentur auf die Einbindung dialogischer Elemente in die Kundenkommunikation. Beispiel Rückkanal: Kunden und ihre Mitarbeiter können über Kommentarfunktionen Themen anregen oder Rechercheanfragen direkt in den zentralen Berliner Newsroom und an die sieben Regio-Desks schicken. Der Siegeszug der Philosophie sozialer Netzwerke macht eben auch vor den Agenturen nicht Halt.
Zunächst zahlte sich dieser Reformeifer nicht aus. 2010 verbuchte dpa erneut einen Fehlbetrag von 5,2 Millionen Euro sowie ein Umsatzminus von 2,7 Prozent. Für das zurückliegende Jahr 2011 erwarte man zwar „keine große schwarze Zahl, aber eine schwarze Zahl“, verriet dpa-Geschäftsführer Michael Segbers Anfang des Jahres dem „kressreport“. Näheres dürfte man erst auf der Bilanz-PK Mitte des Jahres erfahren.
Ende Januar begannen bei der dpa die Tarifverhandlungen. Die Geschäftsführung hatte zuvor den Manteltarifvertrag gekündigt, um für Neueinstellungen deutlich abgesenkte Tarifbedingungen durchzusetzen. ver.di ist mit einer Forderung von 4 % Tariferhöhung in die Runde gegangen und hat eine Verschlechterung des Manteltarifvertrages strikt abgelehnt. Eine Spaltung der Belegschaften und unterschiedliche Tarifniveaus innerhalb der dpa GmbH werde von ver.di nicht hingenommen. Am 6. März hat die zweite Verhandlungsrunde eine deutliche Annäherung ergeben und es zeichnet sich, ähnlich wie in der Tarifrunde für Zeitungen im Sommer 2011, ein Erhalt des Manteltarifs bei mäßigen Tariferhöhungen von 1,5% und insgesamt 400 Euro Einmalzahlungen für die kommenden zwei Jahre ab. Eine dritte Tarifrunde wurde für den 21. März angesetzt, mit dem Ziel zu einem Tarifergebnis zu kommen. Und nur kurze Zeit später, am 5. April, werden auch die Tarifverhandlungen für die bisher noch tarifungebundenen Tochterunternehmen der dpa fortgeführt. Für sie will ver.di erstmals Gehaltserhöhungen und eine Verbesserung von wesentlichen Basisregelungen wie Urlaubsdauer, Zuschläge für besondere Arbeitszeiten und Altersversorgung erreichen.

Politik der Provokationen

Schon bei der Übernahme des ddp durch die beiden Finanzinvestoren Löw und Vorderwühlbecke deutete sich an, dass künftig beim Kampf um Marktpositionen deutlich schärfere Töne angeschlagen würden. „Wir haben einen angeschlagenen Monopolisten, und wir versuchen nun so’n bisschen wie Francis Drake gegen die Armada durch Mobilität, Innovation und gute qualitätsvolle Arbeit Marktanteile zu erobern“, drohte Löw seinerzeit. Der Vorwurf an die dpa, ihre Kundenverträge enthielten „sittenwidrige Vertragslaufzeiten mit rechtswidrigen Verlängerungslaufzeiten“, musste als regelrechte Kampfansage gedeutet werden. Dazu passte auch die Aussage der neuen Eigner, man wolle dpa tendenziell „überflüssig machen“. Der juristische Streit um die Frage, ob Marktführer dpa seine angebliche „Monopolstellung“ mit wettbewerbswidrigen Methoden missbrauche, wurde erst vor einem Jahr beigelegt. Die dpa zog Ende März 2011 eine entsprechende Klage zurück, nachdem Löw vor dem Landgericht Berlin den Vorwurf des Monopolmissbrauchs fallen gelassen hatte.
Tatsächlich hat dapd seit der Fusion bei der Kundenakquise mächtig zugelegt. Zwar versorgt dpa trotz des Absprungs der WAZ-Gruppe immer noch 96 Prozent aller publizistischen Einheiten auf dem Tagespressemarkt. Aber auch der Hauptwettbewerber erreicht mittlerweile nach eigenen Angaben 80 Prozent der Tageszeitungen und mehr als 90 Prozent aller tagesaktuellen Medien. Mit Kampfpreisen versucht dapd, dem lange Zeit übermächtigen Marktführer das Wasser abzugraben. Da bei den klassischen Medien kaum noch Wachstumspotential vorhanden ist, verlagert sich der Wettbewerb mehr und mehr auf das „Nicht-Medien“-Geschäft. Bei dpa liegt der Geschäftsanteil mit dieser Kundengruppe bereits bei einem Viertel des Gesamtumsatzes, bei steigender Tendenz. Das jüngste Produkt dieser Kategorie heißt „dpa Insight EU“ – ein Dienst, der aus Brüssel über Entscheidungsvorgänge in der Europäischen Union berichtet und vor allem an Unternehmen, Verbände, Parlamente und Regierungen gerichtet ist.

Auswärtiges Amt entzieht Auftrag

Aber auch auf diesem Gebiet muss die dpa ihre einst unangefochtene Platzhirschposition verteidigen. Im Dezember 2011 erlitt die Agentur einen herben Rückschlag, als sie einen langjährigen Vertrag des Auswärtigen Amtes an den Konkurrenten dapd verlor. Bestandteil dieses Auftrags ist die Versorgung des Ministeriums und der deutschen Botschaften mit Informationen aus dem In- und Ausland. Auf Betreiben der dapd wurde dieser Auftrag 2010 erstmals ausgeschrieben. Prompt bekam sie den Zuschlag. Hauptentscheidungskriterium für die Neuvergabe sei offenbar das „finanziell deutlich günstigere Angebot“ gewesen, wie dapd selbst in einer Pressemitteilung schrieb. Die dpa will sich mit dem Verlust des lukrativen Auftrags nicht abfinden. Zwar scheiterte sie zunächst vor dem Bundeskartellamt mit einem Nachprüfungsantrag gegen die Entscheidung der Bundesregierung. „Der Preis musste … im Rahmen des ersten Nachprüfungsverfahrens mit 50% in die Auswertung der Angebote einfließen“, heißt es in einem Schreiben des Pressereferats des Auswärtigen Amtes. Mit einer Klage vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf geht der Streit jedoch in die nächste Runde. Ob man im Ernst mit einer Korrektur der Entscheidung rechne? „Wenn wir der Ansicht gewesen wären, die Sache sei aussichtslos, hätten wir diesen Schritt nicht unternommen“, sagt dpa-Sprecher Christian Röwekamp. dapd-Sprecher Zehrt mochte auf Anfrage zum laufenden Verfahren nichts sagen. Zur Begründung der Klage führt die dpa an, ein „wesentliches Element“ des Auftrags sei es, „ein Gegengewicht zu den internationalen Nachrichtenagenturen zu etablieren“. Dies könne dapd jedoch nicht leisten, da er seine internationale Berichterstattung „großteils durch das Übersetzen von Texten der größten Nachrichtenagentur in den USA“ bestreite. Der Wink mit dem Zaunpfahl auf dapd-Kooperationspartner AP löste bei der Gegenseite helle Empörung aus. „Sie stufen damit alle Redakteure unserer Auslandsredaktion auf das Niveau von Übersetzern herab und diskreditieren unsere Arbeit als unjournalistisch“, echauffierte sich dapd-Auslandschef André Unzulis in einem Offenen Brief an dpa-Geschäftsführer Michael Segbers. Eine „derartige Diskreditierung von Journalistenkollegen sei „unredlich“ und „menschlich enttäuschend“. Aus der Politik gab es indes manche kritische Stimme. NRW-Medienminister Marc Jan Eumann nannte das Vorgehen des Auswärtigen Amtes schlicht eine „marktliberale Fehlentscheidung“ (siehe Interview S. 10).

Gleich zu Beginn des neuen Jahres landete dapd einen weiteren Coup. Ab dem Geschäftsjahr 2012 erhöhte das Bundespresseamt die Zahlungen an die Fusionsagentur um rund eine Million Euro, eine Aufstockung des Budgets um satte 150 Prozent. Begründet wurde dieser nicht von jedermann nachvollziehbare großzügige Zuwachs mit dem „ausgeweiteten Leistungsangebot“ von dapd.

Umstrittene Gesellschaftskonstruktion bei AFP

Unter den restlichen in Deutschland vertretenen Agenturen nimmt die französische Agence France Presse (AFP) für sich eine globale Führungsrolle in Anspruch. Laut eigener Homepage erreicht sie über ihre Abonnenten in Deutschland „über 65 Prozent der Tageszeitungsleser“, rund 75 Prozent aller Konsumenten von Radio- und TV-Nachrichten sowie „die komplette TopTen der informationsorientierten Webportale. Wie AP und Reuters verfügt sie über ein weltweites Korrespondentennetz – nach eigenen Angaben 2.900 Mitarbeiter in 165 Ländern, darunter 1.400 Festangestellte und 700 Pauschalisten. Die deutsche Tochter von AFP erlitt im vergangenen Jahr einen leichten Umsatzknick um 0,7 Prozent auf 7,4 Millionen Euro.
Umstritten ist AFP wegen ihrer Gesellschaftskonstruktion, die an den öffentlich-rechtlichen Status deutscher Rundfunkanstalten erinnert. Aber nur entfernt. Wettbewerber monieren seit langem eine starke Abhängigkeit der Agentur vom französischen Staat. Das bezieht sich nicht in erster Linie auf die Präsenz von drei Regierungsvertretern im Vorstand. 40,5 Prozent der Gesamteinnahmen – ca. 115 Mio. von 284 Mio. Euro des 2011 erzielten Jahresumsatzes – stammen aus Abos staatlicher Einrichtungen. Gegen diese Form versteckter staatlicher Subventionierung hatte dapd 2010 eine Wettbewerbsbeschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Vor dem Hintergrund dieser Klage wird in der französischen Nationalversammlung derzeit über die gesetzliche Erweiterung des AFP-Statuts von 1957 beraten. Ende Januar 2012 beschloss die Erste Kammer eine Gesetzesänderung, die laut AFP einen „zukunftsgerichteten und entschiedenen Schritt nach vorn auf dem Weg zur Klärung der Finanzbeziehungen zwischen dem französischen Staat und der AFP“ markieren soll. Tatsächlich wird Artikel 13 des Gesellschaftsstatuts der Agentur um einen Passus ergänzt, der erlaubt, dass „der Staat die Nettokosten finanziell ausgleicht, die aus der Erfüllung des Auftrags im Interesse des Gemeinwohls entstehen“. Finanzielle Entschädigung für die Erfüllung eines gemeinnützigen Auftrags? Wohl eher ein gewundenes Bekenntnis zur Fortsetzung einer indirekten Staatssubvention, finden die Konkurrenten. An der wettbewerbswidrigen Position von AFP auf dem deutschen Markt werde sich nichts Wesentliches verändern.
Aufsteiger dapd kämpft jedoch nicht nur juristisch gegen den ungeliebten Wettbewerber aus Frankreich. Mitte 2011 übernahm man die französische Fotoagentur Sipa Press von der Mediengruppe Sud Communication. Die angesehene SIPA Press liefert täglich 6.000 Fotos in mehr als 40 Länder. Laut Mitinhaber Martin Vorderwühlbecke eine „strategische Investition“ in den Ausbau eines „europäischen Netzwerks“, der weitere Schritte zum Aufbau einer „kompletten Agentur in Frankreich“ folgen würden. Eine klare Kampfansage an AFP. Als äußerst unfreundlichen Akt begreift AFP auch die systematische Abwerbung von Führungspersonal des Sportinformationsdienstes SID, seit 1997 im Besitz der Franzosen. Binnen weniger Tage wechselten Mitte Januar Geschäftsführer Michael Cremer, Chefredakteur Timon Saatmann und Vertriebsleiter Oliver Hamann von der AFP-Tochter SID zum dapd. Bereits in den Monaten zuvor war ein Dutzend SID-Journalisten zum erst August 2011 etablierten dapd-Sportdienst übergelaufen. Die Franzosen reagierten gereizt. Man habe den Eindruck, schrieb AFP-Chef Emmanuel Hoog in einem Brief an Vorderwühlbecke, der einzige Zweck der dapd-Aktivitäten sei es, „uns und unseren Töchtern in Deutschland und anderswo Schaden zuzufügen“. Auch die Enttäuschung der dapd-Aktionäre über das Scheitern einer kompletten Übernahme der SID KG rechtfertige ein solches Vorgehen nicht. AFP behalte sich rechtliche Schritte vor „gegen alle weiteren Obstruktionsversuche gegen unsere Aktivitäten in Deutschland oder anderswo“.

Kasten 1

dapd: Zweite nationale Vollagentur

Seit dem 1. August 2011 liefert dapd ein Komplettangebot auch in der Sportberichterstattung. Damit schloss die Agentur eine
Versorgungslücke und egalisierte den entsprechenden Vorsprung von dpa.
Seitdem gilt dapd als zweite nationale Vollagentur. Wie Marktführer dpa liefert er Nachrichten aus den klassischen Ressorts Politik, Wirtschaft, Vermischtes, Unterhaltung und Sport, national wie international. Im Inland stützt sich dapd vor allem auf ein starkes Angebot regionaler Landesdienste. Neben Text, Bild und Grafik sind umfangreiche AV-Beiträge mittlerweile selbstverständlich. Zusätzliche Umsätze erzielen Töchter wie ddp images etwa durch Einzelbildvermarktung und ddp direct mit PR-Dienstleistungen.

Kasten 2

Deutscher Agenturmarkt in Kürze

Nach der Fusion von ddp mit der deutschsprachigen AP zur Nachrichtenagentur dapd wetteifern vier Komplettanbieter mit umfassenden deutschsprachigen Diensten um die Gunst ihrer Kunden.

Marktführer dpa basiert auf dem Solidaritätsprinzip. Ihre 191 Gesellschafter sind Medienunternehmen von Print bis Rundfunk. Jeder Gesellschafter hält maximal 1,5 Prozent des Stammkapitals von 16,4 Millionen Euro.

Zum Quartett der Großen
gehören auch AFP und Thomson Reuters. Letzterer ist spezialisiert auf Wirtschaftsnews, 62 Prozent der deutschen Zeitungsverlage nutzen die Dienste der Agentur.

Daneben tummeln sich die beiden kirchlichen Unternehmen Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) und der Evangelische Pressedienst (epd). Die KNA beliefert etwa 50 Tageszeitungen, epd führt zwei Drittel der Tageszeitungen sowie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Kunden. Schwerpunkte der Berichterstattung sind kirchenrelevante Themen wie Soziales und Entwicklungspolitik, aber auch Medien.

Kasten 3

Gehaltserhöhung bei Reuters

In den Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag für die rund 130 Beschäftigten bei der Nachrichtenagentur Thomson Reuters Deutschland haben Chefredaktion und die Tarifkommission von ver.di/dju und DJV am 7. März ein Verhandlungsergebnis erzielt.

Da bei Thomson Reuters die Tariferhöhungen auch an Leistungsbeurteilungen gekoppelt sind, gibt es keine einheitliche Erhöhung der Gehälter. Als tabellenwirksame Mindesterhöhung wurden bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 1,4 Prozent vereinbart. Für den weitaus größten Teil der Belegschaft gibt es aber eine höhere Gehaltssteigerung von 2,6 Prozent, für Kolleginnen und Kollegen mit sehr guter oder herausragender Beurteilung sogar 4,5 bzw. 6,5 Prozent.

 

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