Freie Universität Berlin will renommierte Journalistenweiterbildung (JWB) fallen lassen
Für den letzten Absolventenjahrgang der Journalistenweiterbildung (JWB) an der Berliner FU ist der Schlussspurt eingeläutet. Die vor einem viertel Jahrhundert als Modellversuch gestartete und 1987 in einen Regelstudiengang überführte berufsbegleitende Weiterbildung für Journalisten soll aufgegeben werden.
Pro forma ist noch eine Journalistik-Professorenstelle für die Nachfolge des vor drei Jahren ins schweizerische Lugano berufenen JWB-Leiters Stefan Ruß-Mohl ausgeschrieben, tatsächlich aber hat die Uni die zuletzt 80.000 Euro Sachmittel, die Stellen und die Infrastruktur für die JWB im neuen Haushaltplan gestrichen. „Zwar ist Hochschulpolitik und -planung angesichts leerer Staatskassen ein schwieriges Geschäft,“ räumt der bis Oktober amtierende Kommissarische JWB-Leiter Prof. Hans-Jürgen Weiß ein, „doch das ist paradox.“ Er hofft auf Einsicht und einen „Kraftakt“ der Uni.
„Journalismus ist nicht das, womit sich heute ein Blumentopf gewinnen lässt,“ vertritt jedoch Prof. Gernot Wersig, Geschäftsführender Direktor des Institutes für Publizistik und Kommunikationswissenschaft die Meinung des FU-Präsidiums. „Medien sind interessant.“ Ist die einst als „Schmuckstück“ in ihrer für die Bundesrepublik einzigartigen Ausrichtung auf berufstätige Journalisten ohne Abschluss hoch gelobte JWB, für die sogar ein Licentiat (lic.rer.publ.) kreiert wurde, ein Auslaufmodell? Gehört Journalismus nicht mehr zu den Medien?
„Wie ein Tinnitus,“ habe die JWB während seiner Auslandseinsätze im Ohr geklingelt, berichtet Werner Nowak von der Deutschen Welle, Student des letzten Jahrgangs. Der Druck, neben dem Job ein dreijähriges Regelstudium mit Präsenzphasen zum Abschluss zu bringen, sei größer, als nur Weiterbildungsseminare zu besuchen. Der Studienstoff mit seinem Querschnitt durch Sozial- und Kommunikationswissenschaften böte hervorragende Grundlage für Qualitätsjournalismus – unbeeinflusst von Werbung und PR.
Nachweisbarer Erfolg
Das zu finanzieren, sei auch eine Verantwortung für die öffentliche Hand. Und für die immer mehr freiberuflich arbeitenden Journalisten seien die 1997 eingeführten 330 Euro Studiengebühr pro Semester gerade noch zu schultern. „Der Bedarf ist da.“ Und der Erfolg nachweisbar. Bis Juli 2005 werden – bei jährlich ca. 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, nach 1990 zu einem Viertel aus den neuen Bundesländern – 350 Abschlüsse erreicht sein.
Was Wersig als nicht refinanzierbar und in seiner Zielrichtung als überholt darstellt, soll offensichtlich zu einem Gutteil Opfer Uni-internen Gerangels und unausgesprochener Animositäten werden. „Warum,“ fragt Holger Wenk, für die dju in verdi im JWB-Beirat, „wird von Seiten der Unileitung nicht ernsthaft Anlauf für eine Neustrukturierung genommen? Das hätte schon vor Jahren beginnen können.“ Eine Justierung mit E-Learning sei machbar, Kooperationen mit Berlin-Brandenburger Hochschulpartnern, privaten Journalistenschulen und Radio-Netzwerken wie Eurocast / Regiocast denkbar. Eine modernisierte Ausbildung müsste auch auf gebrochene Biografien zielen und nicht vorrangig auf das Ideal des lebenslang fest angestellten Redakteurs bei großen Medienunternehmen, meint Wenk. Zwar seien Journalisten ohne Abitur und Ausbildung als Zielgruppe überholt. „Doch die meisten, vor allem die Freien, wechseln mehrfach die Seiten des Schreibtisches, arbeiten heute im klassischen Journalismus, morgen als PR-Berater oder übermorgen als Redenschreiber.“
ver.di sei gern bereit, an der Modernisierung nach Kräften mitzuwirken und fordere als erstes, die vakante Professorenstelle auch wirklich zu besetzen. Und wenn, schlug Wenk vor, die Unileitung auf Medien fixiert sei, könne man eine Neuauflage der JWB ja auch „Ausbildung zum Contentmanager“ nennen.