Wahre Geschichten, große Talente

„dok you“ ist ein Dokumentarfilmprojekt der besonderen Art

Noch im vergangenen Jahr startete in Nordrhein-Westfalen zum ersten Mal ein Projekt mit dem Namen „dok you“. Professionelle Filmautorinnen und -autoren arbeiten an verschiedenen Schulen des Bundeslandes gemeinsam mit Kindern. Im Ergebnis sollen professionelle, spannende und lebensnahe Dokumentarfilme entstehen.


Das Projekt ist einmalig und soll nach den Vorstellungen der Initiatoren in Zukunft bundesweit stattfinden. Der Pilot aber startete im Land Nordrhein-Westfalen. Elf Filmemacherinnen und -macher entwickeln an zehn Schulen zehn Geschichten aus dem Leben von Kindern. Aus vier bis sechs dieser Geschichten, sollen in diesem Jahr Kurzdokumentarfilme entstehen. Das Besondere ist, dass die 10–13jährigen Kinder nicht nur Akteure sind, sondern die Inhalte der Dokumentarfilme mitgestalten. Damit wird man dem Wort „Medienbildung“ in guter Weise gerecht, denn Bildung erwirbt man noch immer am besten durch das Tun. Die Dokumentarfilme werden dann bei der Duisburger Filmwoche 2009, in deren Rahmen seit 2002 das bundesweit einzige Festival der dokumentarischen Filmkultur für junge Menschen stattfindet, und ebenso in Kinos und im WDR der Öffentlichkeit präsentiert.
Unterstützt wird „dok you“ von zwei Prominenten: die aus der Türkei stammende und in Deutschland lebende Autorin Alsi Sevindim, Kuratorin der Kulturhauptstadt 2010, und Ralph Caspers, bekannt durch die „Sendung mit der Maus“ und „Wissen macht Ah!“.
Es sei erstaunlich, sagt die beteiligte Filmemacherin Susanne Quester nach dem Start der Projektarbeit, wie vorurteilsfrei und ungefiltert Kinder Filmbilder sehen und detailliert erinnern und beschreiben können. Für sie als Dokumentarfilmerin sei dies ein Wunschpublikum.
Der Kinder- und Jugenddokumentarfilm hat es in Deutschland nicht leicht. Meist findet er nur auf Festivals Beachtung oder kommt als Tier- oder Naturdokumentation ins Fernsehen und auf die Leinwand. In Nachbarländern wie Dänemark oder den Niederlanden ist das anders. Dort weiß man, dass Dokumentarfilme für ein junges Publikum eine wunderbare Möglichkeit sind, schwierige und abstrakte Themen anschaulich und verständlich darzustellen.
Möglich ist „dok you“ durch eine Kooperation zwischen dem WDR, der Filmstiftung NRW und dem Bundesland geworden. Initiiert und organisiert wird das Vorhaben von „doxs! Die Kinder- und Jugendfilmsektion der Duisburger Filmwoche“ und der „Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW“ (dfi). „doxs!“ – der Name steht für „Dokumentation“ und die kleinste Kindergröße xs – müht sich seit 2001, den Kinderdokumentarfilm zu fördern. So entstand unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut die DVD-Edition „Junge Helden“ mit 22 Kurzfilmen.

„Als wir 2001 doxs gründeten geschah das auch aus der Erkenntnis heraus, dass es im deutschsprachigen Raum einfach nicht genügend Angebote für Kinder gibt. Wir wussten aber, Film sehen, muss man lernen. Das gilt auch für den Dokumentarfilm. Und wir wussten, dass wir Filmemacherinnen und Filmemacher uns um unseren Nachwuchs selbst kümmern müssen. Dafür braucht es Angebote“, sagt Gudrun Sommer, eine Initiatorin des Projekts „dok you“.
Hauptförderer von „dok you“ ist das Land Nordrhein-Westfalen, 100.000 Euro gab es für den Start des Projektes. Der Wert von „dok you“ bemesse sich daran, begründete Kulturstaatssekretär Grosse-Brockhoff dieses Engagement, dass Kinder die Wirkung von Bildern und die Bedeutung von Bildsprache kennenlernten und auch den Unterschied zwischen filmischer Fiktion und Wirklichkeit.
Noch im November 2008 fanden an den zehn Schulen die Dokumentarfilm-Workshops statt. Alle Schulformen waren vertreten und die Themen, denen sich die Kinder gemeinsam mit den Filmemachern, die aus verschiedenen Bundesländern kommen, zuwandten, sind so weit gespannt, wie das Leben: Liebe und Freundschaft, Migration, Armut, Glück, Angst, Geschichten über Geschichten. Die Filmemacherin Britta Wandaogo berichtete nach der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern: „Mich hat beeindruckt, dass gerade Dokumentarfilme bei Kindern Gedanken auslösen, dass sie sehr ernst auf Fragen vor der Kamera reagieren, nachdenken und zuhören. Aber auch, wie stark die Erwachsenenwelt ihre Sprache und Weltsicht bestimmt.“ Das bestätigt auch Projektinitiatorin Gudrun Sommer, die dem Dokumentarfilm einen hohen erzieherischen Wert zuschreibt. Gerade die dokumentarische Form biete sich für das Sehenlernen an und fördere die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit.
Im Frühjahr wird eine Jury aus den so entstandenen Treatments die besten auswählen. Danach entstehen die dokumentarischen Kurzfilme. Geht es nach den Wünschen Gudrun Sommers von „doxs!“ macht das Projekt „dok you“ Schule und motiviert Film- und Medienschaffende, Pädagogen, Förderer, Paten und vor allem Kinder, sich dem Dokumentarfilm zuzuwenden, so dass es erlaubt ist, von einer Filmkultur für Kinder zu sprechen. Deshalb soll das Projekt nicht nur fortgeführt, sondern erweitert werden. Geplant sind Kooperationen mit Filmhochschulen anderer Bundesländer.
Bundesweit können sich Schulen für die Teilnahme an der nächsten „dok you“-Staffel bewerben. Die soll 2010 starten. Wer neugierig ist, wie das gegenwärtig laufende Projekt vorangeht, kann sich auf der Webseite von „dok you“ informieren. Die Duisburger Filmwoche, auf der die Filme gezeigt werden, findet im November 2009 statt.

Mehr Informationen

www.dokyou.de ; www.dok-xs.de
www.foerderverein-kinderfilm.de

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

„PR-Puppen“ proben den Aufstand 

Kreative, die der Tech-Konzern OpenAI (ChatGPT, DALL-E) zu einem geschlossenen Produkttest eingeladen hatte, leakten den Testzugang kürzlich und griffen OpenAI in einem Protestschreiben öffentlich an. Sie warfen dem Unternehmen u.a. vor, sie für Marketing und PR zu missbrauchen und Art Washing zu betreiben.Eine teilnehmende Person schildert M , wie es zu dem Leak kam und was Techkonzerne künftig bei der Zusammenarbeit mit Kreativen besser machen können.
mehr »

Studienergebnisse: Worlds of Journalism

Was bedeutet es heute, Journalist*in zu sein? Welche Dynamiken und Entwicklungen lassen sich im Berufsfeld wahrnehmen? Was brauchen wir, um gute und professionelle Arbeit machen zu können? Zu diesen Fragen führt das Langzeitforschungsprojekt „Worlds of Journalism“ seit 2007 weltweit Befragungen durch. Von 2021 bis 2023 ging die Studie in die dritte Runde. Unterstützt von UNESCO und der International Federation of Journalists, fokussiert die aktuelle Umfrage auf den Themenkomplex Risiken und Ungewissheiten. Ein Blick in die Schweiz.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Mediatheken löschen ihre Inhalte

In Zeiten von Video-on-demand, Streaming und Mediatheken haben sich Sehgewohnheiten verändert. Zuschauer*innen  gucken wie selbstverständlich Filme, Serien, Dokus oder Nachrichten online. Private und öffentlich-rechtliche Fernsehsender pflegen daher inzwischen umfangreiche Mediatheken. Sendung verpasst? In den Online-Videotheken der TV-Anstalten gibt es nahezu alle Medieninhalte, um sie zu einem passenden Zeitpunkt anzuschauen, anzuhören oder nachzulesen. Irgendwann werden sie dann aber gelöscht.
mehr »