WAZ-Konzern plant Fotoagentur

IG Medien kritisiert Qualitätsverlust und Abbau von Arbeitsplätzen

Als Anschlag auf den Berufsstand der „Bildredakteure“ und die redaktionelle Einheit von Wort und Bild wertet die Fachgruppe Journalismus der IG Medien NRW die Ankündigung des Essener WAZ-Konzerns, ihre fest angestellten Fotografen in eine noch zu gründende Fotoagentur auszugliedern.

Sämtliche Aktivitäten der rund 200 im WAZ-Konzern beschäftigten Fotografen sollen in der geplanten Fotoagentur gebündelt und zentral vermarktet werden, erklärte WAZ-Geschäftsführer Günter Grotkamp in einer Betriebsversammlung den Redakteurinnen und Redakteuren der „Westfälischen Rundschau“ (WR). Mit der neuen Fotoagentur würden nicht nur die konzerneigenen Zeitungen in Nordrhein-Westfalen versorgt werden, sondern das Agenturmaterial soll bundesweit vermarktet werden. „Wir verstehen uns dabei durchaus als Konkurrenz zu dpa“, sagte der WAZ-Geschäftsführer. Keine andere Fotoagentur sei im Verbreitungsgebiet zwischen Rhein und Ruhr so breit in der Fläche vertreten, wie die WAZ-Gruppe.

Ohne weitere Details zu verraten, ließ der Konzernherr jedoch eine Neuerung durchblicken: An die Tarifverträge für Redakteure an Tageszeitungen fühle man sich dann nicht mehr gebunden. Die WAZ folgt damit dem Beispiel der Dortmunder „Ruhr-Nachrichten“. Dort fungiert eine „Media-Service GmbH“ als hauseigenes Subunternehmen für die Beschäftigung von neu eingestellten Fotografen zu Vorzugspreisen.

„Das qualifizierte Berufsbild des Bildredakteurs soll ausgelöscht werden“, befürchtet der Landesvorsitzende der Fachgruppe Journalismus in der IG Medien NRW, Peter Schröder-Metz. Schon seit eineinhalb Jahren werden frei werdende Stellen bei der „Westfälischen Rundschau“ nicht mehr mit Bildredakteuren besetzt, sondern mit „angestellten Bildberichterstattern“. Deren Bezahlung liegt nur knapp über der Ausbildungsvergütung für Volontäre an Tageszeitungen. Neue Bildredakteure werden bei der „Westfälischen Rundschau“ gar nicht mehr ausgebildet.

„Langfristig wird die Qualität der Tageszeitungen unter diesem Mißmanagement leiden“, so Schröder-Metz. Im harten Wettbewerb der Medien habe die optische Präsentation der Nachrichten in der Zeitung eher an Bedeutung gewonnen. Die Initiative der WAZ-Geschäftsführung zur Ausgliederung der Bildredakteure sei von daher für die Zeitungsmacher kontraproduktiv.

„Sollte der Verlag seine Ankündigung zum Outsourcing der Bildredakteure in eine eigenständige Agentur wahr machen, werden wir dagegen vorgehen“, erklärte Wolfgang Schimmel von der Rechtsabteilung der IG Medien: „Die WAZ wird es mit dieser Form von Tarifflucht vor den Gerichten sehr schwer haben.“ Den fest angestellten Bildredakteuren der WAZ und ihrer Schwesterzeitungen „Neue Ruhr Zeitung“, „Westfälische Rundschau“ und „Westfalenpost“ rät der Jurist, keine Änderungskündigungen oder neuen Arbeitsverträge zu unterschreiben.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Initiative: KI besser nutzbar machen

Der Dominanz der globalen Big-Tech-Konzerne etwas entgegensetzen – das ist das Ziel einer Initiative, bei der hierzulande zum ersten Mal öffentlich-rechtliche und private Medienanbieter zusammenarbeiten. Sie wollen mit weiteren Partnern, vor allem aus dem Forschungsbereich, ein dezentrales, KI-integriertes Datenökosystem entwickeln. Dadurch soll die digitale Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Medienstandorts gestärkt werden.
mehr »

Anteil von Frauen in Führung sinkt

Nach Jahren positiver Entwicklung sinkt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus das zweite Jahr in Folge. Der Verein Pro Quote hat eine neue Studie erstellt. Besonders abgeschlagen sind demnach Regionalzeitungen und Onlinemedien, mit Anteilen von knapp 20 Prozent und darunter. Aber auch im öffentlichen Rundfunk sind zum Teil unter ein Drittel des Spitzenpersonals weiblich.
mehr »

dju fordert Schutz für Medienschaffende

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert nach dem erschreckend milden Urteil im Verfahren zum Angriff auf Journalist*innen in Dresden-Laubegast staatlich garantierten Schutz für Medienschaffende. Über zehn Männer hatten im Februar 2022 in Dresden-Laubegast am Rande einer Demonstration im verschwörungsideologischen Milieu sechs Journalist*innen und ihren Begleitschutz angegriffen.
mehr »

Unsicherheit in der Medienlandschaft

Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Auswirkungen auf die Medienbranche wurden auch bei des diesjährigen Münchner Medientagen intensiv diskutiert. Besonders groß sind die Herausforderungen für Online-Redaktionen. Im Zentrum der Veranstaltung  mit 5000 Besucher*innen, mehr als 350 Referent*innen aus Medienwirtschaft und -politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, stand allerdings die Frage, wie Tech-Konzerne reguliert werden sollten.
mehr »