Der Türkei-Korrespondent der Welt, Deniz Yücel, befindet sich seit vergangenem Dienstag in Polizeigewahrsam in Instanbul. Ihm werde die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Datenmissbrauch und Propaganda für Terrororganisationen vorgeworfen, berichtet die Welt. Die deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert die sofortige Freilassung des Journalisten.
„Deniz Yücel ist ein Journalist, kein Terrorist. Er hat, wie es seine Aufgabe ist, über einen Hackerangriff auf den türkischen Energieminister Albayrak recherchiert und berichtet, durch den Informationen über die Kontrolle türkischer Medienkonzerne und die Beeinflussung der Öffentlichkeit über fingierte twitter-accounts allgemein öffentlich zugänglich gemacht wurden. Das ist kein Verbrechen, sondern seine Arbeit“, stellte die Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di, Cornelia Haß, fest.
Yücel, der einen deutschen und einen türkischen Pass besitzt, ging ins Polizeipräsidium, um sich Fragen der Ermittler zu stellen. Er wurde gesucht im Zusammenhang mit Berichten über eine Hacker-Attacke auf das E-Mail-Konto des türkischen Energieministers, der zugleich auch Schwiegersohn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist. Nach den Regeln des derzeit geltenden Ausnahmezustandes in der Türkei könne er bis zu 14 Tage ohne Anhörung durch einen Richter in Polizeigewahrsam gehalten werden. Anschließend könne die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft beantragen. Yücels Wohnung sei durchsucht worden, berichtet die Springer-Zeitung.
Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt sagte: „Unser Korrespondent Deniz Yücel leistet exzellente Arbeit. Die türkische Regierung weist immer wieder darauf hin, dass die Türkei ein Rechtsstaat ist. Darum vertrauen wir darauf, dass ein faires Verfahren seine Unschuld ergeben wird.“ Poschardt appellierte zudem an die türkischen Behörden, keine Untersuchungshaft für seinen Korrespondenten zu verhängen. „Deniz Yücel hat seine Bereitschaft gezeigt, an einem rechtsstaatlichen Verfahren mitzuwirken. Das und die Würdigung der Pressefreiheit, wie sie in der türkischen Verfassung festgeschrieben ist, sollten in die Entscheidung einfließen.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel habe bei ihrer Begegnung mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz den Fall Yücel ausführlich angesprochen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seifert gegenüber Reuters. „Sie hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass Herr Yücel durch die deutsche Botschaft umfassend konsularisch betreut werden kann“, sagte Seibert: „Die Bundeskanzlerin drückte die Erwartung der Bundesregierung aus, dass Deniz Yücel eine faire und rechtsstaatliche Behandlung erfährt.“
Im Zusammenhang mit der so genannten E-Mail-Affäre um den türkischen Energieminister, wurden seit Ende Dezember noch sechs weitere Journalisten türkischer Medien festgenommen. Drei von ihnen befinden sich wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft bei jeweils einer anderen Terrororganisation in Untersuchungshaft. Im Fall einer Verurteilung drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht die Türkei auf Platz 151 von 180 Staaten. Weitere Informationen über die Lage für Journalisten vor Ort finden Sie unter: www.reporter-ohne-grenzen.de/türkei.