Dass Zitate korrekt sein müssen, ist eine journalistische Selbstverständlichkeit. Falschzitate greifen in Persönlichkeitsrechte ein. Wird einer Person mittels eines Zitates eine Äußerung untergeschoben, die sie nicht getätigt hat, kann sie sich gegen eine Verbreitung rechtlich wehren. Wann aber ist ein Zitat im rechtlichen Sinne „falsch“ und worauf müssen Journalist*innen achten?
Nichts geht über ein gutes Zitat. Bei der Berichterstattung über gesellschaftliche und politische Themen ist die wörtliche oder sinngemäße Wiedergabe einer Äußerung von besonderer Bedeutung. Dem Zitat kommt gerade dann, wenn es zur Kritik eingesetzt wird, eine hohe Überzeugungskraft zu. Denn es dokumentiert, was normalerweise im Verborgenen liegt. Das Zitat gibt Auskunft über das Innenleben einer Person, ihre Gedanken, Gefühle und Einstellungen. Wer zitiert wird, muss sich an seinen Worten messen lassen. Die Rechtsprechung bezeichnet das Zitat daher treffend als eine „besonders scharfe Waffe im Meinungskampf“.
Ein Zitat beinhaltet zugleich die Behauptung, die zitierte Person habe sich tatsächlich in dieser Weise geäußert. Deshalb stellt die Rechtsprechung an die Wiedergabe einer Äußerung strenge Anforderungen. Wer zitiert, muss genau sein. Das gilt vor allem bei einem wörtlichen Zitat, das eine Person nicht nur auf eine sinngemäße Aussage, sondern auch auf eine konkrete Wortwahl festlegt.
Kontext und Anliegen
Maßgeblich ist zudem, ob die Äußerung in ihrem Kontext dem entspricht, was die zitierte Person gemessen an ihrer Wortwahl, ihrer Gedankenführung und dem darin erkennbar gemachten Anliegen zum Ausdruck gebracht hat. Vor allem bei mehrdeutigen Zitaten dürfen Journalist*innen nicht den Eindruck erwecken, die Äußerung sei eindeutig zu verstehen. Und natürlich darf niemandem eine Äußerung in den Mund gelegt werden, die er nie getätigt hat. Vor allem bei Übersetzungen kommt es hier leicht zu Fehlern, die mitunter die Sachaussage verändern. Gegebenenfalls ist deutlich zu machen, wenn ein Zitat missverständlich ist oder in bestimmter Weise von Journalist*innen verstanden wurde.
Bei Zitaten besteht außerdem die Schwierigkeit, dass Journalist*innen zumeist auswählen müssen, welchen Teil einer Äußerung sie in ihre Berichterstattung aufnehmen. Einen Anspruch darauf, „im Volltext“ zitiert zu werden gibt es nicht. Medien entscheiden selbst darüber, welche Fakten sie präsentieren und dazu gehört auch, welche Zitate sie wählen. Eine Grenze ist allerdings erreicht, wenn das Zitat so stark verkürzt wird, dass es die mit ihm verbundene Aussage verfälscht.
Dass aber nicht alles ein Zitat ist, was als solches daherkommt, musste kürzlich die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erfahren. Das Landgericht Hamburg lehnte ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Hamburger CDU-Landesvorsitzenden ab. Dieser hatte in Zusammenhang mit der Pipeline Nord Stream 2 geäußert: „Dann haben sie weitere Personen in der SPD-Spitze wie Manuela Schwesig, die klar sagt: ‚Also diese Völkerrechtsverletzungen, die interessieren mich nicht. Hauptsache, die Pipeline kommt in Betrieb.‘ Sie hat das ziemlich deutlich gesagt.“ Das Landgericht Hamburg erkannte hier kein Zitat, sondern eine wertende Zuspitzung und damit eine zulässige Meinungsäußerung.
Recht am eigenen Wort
Zu beachten ist auch, dass nicht jede Äußerung zitiert werden darf. Das Recht am eigenen Wort schützt die Entscheidung, ob und wie eine Person mit einer eigenen Äußerung hervortreten will. Unterhaltungen im privaten Rahmen oder im Zwiegespräch dürfen grundsätzlich weder heimlich aufgenommen noch ohne Zustimmung der Betroffenen im Wortlaut veröffentlicht werden. Der heimliche Mitschnitt ist nach dem „Abhörparagrafen“ § 201 StGB sogar strafbar. Auch aus privaten Briefen oder Chatnachrichten darf nicht ohne Zustimmung zitiert werden. Anders ist es hingegen bei geschäftlicher Korrespondenz wie zum Beispiel Anwaltsbriefen. Denn bei dieser gibt die betroffene Person ihre Äußerungen selbst aus der Hand. Sie kann damit nicht darauf vertrauen, dass sie nicht ihren Weg an die Öffentlichkeit finden. Im Einzelfall bedarf es immer einer Abwägung des öffentlichen Interesses an der Berichterstattung einerseits und dem Persönlichkeitsrecht andererseits.
Geführte Interviews dürfen gegen den Willen der befragten Person nicht veröffentlicht werden, selbst wenn diese vorher mit einer Tonaufnahme einverstanden war. Fehlt es an einem Autorisierungsvorbehalt, muss die Zustimmung allerdings nicht zwingend ausdrücklich eingeholt werden. Der Gesprächsverlauf muss aber auch in diesem Fall zutreffend wiedergegeben werden.
Was unter Journalist*innen mindestens umstritten ist, ist aus juristischer Sicht zur Vermeidung von späteren Auseinandersetzungen zu empfehlen: die Autorisierung von Interviews. Damit lässt sich zweifelsfrei nachweisen, dass die betroffene Person mit der Veröffentlichung in ihrem konkreten Wortlaut einverstanden war.