Editorial: Freie Informationen

Freier Zugang zu Informationen für Jedermann. Das ist der Demokratie in hohem Maße dienlich. Der Korruption und dem Betrug, die nur im Geheimen gedeihen, abträglich. Warum also zögert das demokratiebetonte Deutschland mit der Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes, stört sich nicht daran, ein Schlusslicht in Europa zu sein?

2005 stehen die Signale für den Abschied vom Amtsgeheimnis endlich auf grün! (Titel S. 8 / 9) Weltweit wird die USA mit ihrem Freedom of Information Act häufig als sehr progressiv hervorgehoben. Bereits seit 1966 in Kraft ist das auch berechtigt. Jedoch hielt dieses Gesetz die Bush-Regierung nicht davon ab, den Stapel der als „Geheim“ eingestuften Dokumente in den letzten zwei Jahren um 25 Prozent wachsen zu lassen (S.10). Angesichts der unaufgeklärten Fälle getöteter Medienschaffender im Irak durch US-Militärs und der Schüsse auf die gerade frei gekommene italienische Journalistin Guiliana Sgrena sind Zweifel am uneingeschränkten Aufklärungswillen der USA erlaubt. Die Vereinten Nationen wurden von Reporter ohne Grenzen aufgefordert, Licht ins Dunkel zu bringen (S. 30). Wer den freieren Zugriff auf Informationen in Großbritannien hat, die Schotten oder Engländer, das muss die Praxis des neuen (zweigeteilten) Gesetzes auf der Insel zeigen (S. 11). „Aufklärung“ tut auch in anderen Fällen Not – etwa beim Rechtsextremismus. Das ist für Medien kein leichtes Unterfangen. Mehr Informationen über Ursachen, gezielte kritische Fragen, der Verzicht auf Schwarz-Weiß-Schablonen helfen Grauzonen zu beleuchten und Lücken zu füllen (S. 12).

Dass Medien es mit ihrer umfassenden Informationspflicht nicht immer genau nehmen, zeigt der traurige Zustand, dass Ältere oft „ausgeblendet“ werden (S. 14). Auch deshalb finden die Hintergründe der Entlassungen beim Milchstraßenverlag (S. 16), der erstreikten Funkstille bei Radio Bremen (S.21) sowie der andauernden Streiks und Aktionen bei den CinemaxX-Kinos selbst auf der Berlinale (S. 24) Platz in diesem Heft. Interessantes erfahren konnten KollegInnen der dju im noch weitgehend unbekannten Jemen. Sie wurden von jemenitischen JournalistInnen und PolitikerInnen mit offenen Armen empfangen. Mit einem Gegenbesuch in Deutschland soll der kollegiale Dialog fortgesetzt werden (S. 28).

 

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