Mauerfall vor 30 Jahren: Nichts im Osten ist mehr wie zuvor. Euphorie, Hoffnungen, Ängste, Ungewissheit, nicht selten ein Wechselbad der Gefühle, bestimmen in den folgenden Jahren den Alltag der Menschen, der viel zu schnell alt-bundesdeutsch geprägt wird. Die Medien im Osten machen da keine Ausnahme. M Menschen Machen Medien 2/2019 blickt im aktuellen Schwerpunkt auf 30 Jahre Medienentwicklung „zwischen staatlicher Zensur und entfesselter Marktwirtschaft“ (S. 6 bis 21).
„Wirkliche Freiheit“ gebe es „nur in der kurzen Phase zwischen dem Abbruch des Alten und dem Aufbau des Neuen“, wird Gerd Kurze, neugewählter Vorsitzender des „Verbandes der Journalisten“ der DDR in der März-Ausgabe von Publizistik und Kunst 1990 (M-Vorgängerzeitschrift) zitiert. Wie kurz diese Phase wirklich sein werde, konnte man auf dem ersten Kongress der Berufsvereinigung nach der Wende Ende Januar nur ahnen. Die Zeit der Mediengründungen, der Träume von einer vielfältigen freien, sich von unten entwickelnden neuen Presse und einem eigenständigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Osten währte nur wenige Monate. Bereits Anfang Juli 1990 hatten Springer, Bauer, FAZ, WAZ … das Zeitungs- und Zeitschriften-Territorium der DDR über sogenannte „Kooperationsbeziehungen“ unter sich aufgeteilt. Der Berliner Verlag, das größte Filetstück unter den DDR-Verlagen, wurde von Gruner+Jahr und Robert Maxwell übernommen (S. 16–18). Die Bundesregierung unterlag dem Lobbyismus der Großverlage und ließ sie ohne jegliche Regulierung gewähren. Und die Treuhandanstalt musste die Presse-Kooperationen 1991 nur noch bestätigen, mehr Befugnisse hatte sie nicht. (S. 10/11).
Und auch der VdJ der DDR erlebte das Jahresende 1990 nicht. Er wurde im September aufgelöst. Ein großer Teil seiner Mitglieder fand sich in der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union der IG Medien (heute dju in ver.di) wieder. Die Abwicklung des Deutschen Fernsehfunks (ehemals Fernsehen der DDR) fand bis Ende 1991 statt (S. 8, 19–21).
M kann in dieser Ausgabe nur einen Bruchteil dieser spannenden und auch für viele Medienschaffende sehr dramatischen Zeit abbilden. Deshalb wird M Online (mmm.verdi.de) in den nächsten Wochen und Monaten weitere Beiträge veröffentlichen. Im August wird beispielsweise ein Dossier über die Frauenzeitschriften in der DDR erscheinen und auch die wenig erfolgreichen Sanierungskonzepte der Treuhand für die DEFA und schließlich der Verkauf der traditionsreichen Filmgesellschaft 1992 werden ein Thema sein. Zudem geht der aktuelle M-Podcast im Interview mit Focus-Chefredakteur Robert Schneider der Frage nach „Kommt der Osten in den Medien zu kurz?“
Es gibt also eine Menge Gründe, den Sommer über M Online zu lesen – täglich aktualisiert! Die nächste Print-Ausgabe kommt erst im Oktober heraus. Dann mit einem Bericht über den ver.di-Gewerkschaftskongress Ende September in Leipzig!