Editorial: Zeit zum Nachdenken

Jahreswechsel sind Zeiten des Rück- und Ausblicks. Diesmal waren und sind es Tage der Emotionen, der Nachdenklichkeit – angesichts der Katastrophe in Südasien. Auch Kollegen starben, 200 werden vermisst (S. 5).

Vergleichbar gering die Probleme in Deutschland und dennoch für einige existenzbedrohend: die gegenwärtige Politik der deutschen Steuermänner. Wie spiegeln die Medien diese Wirklichkeit in all ihren Facetten, beleuchten Hintergründe und enthüllen das nicht für jeden Einsehbare, widersetzen sich Abhängigkeiten, üben aber auch Selbstkritik? Fragen, die sicher noch vieler Diskussionen bedürfen, ehe befriedigende Antworten gefunden werden. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bricht mit Strukturreformen eine Zeit der besonderen Herausforderung an, der Umgang mit Gebührengeldern steht mehr denn je auf dem Prüfstand, nicht zuletzt durch den europäischen Blick auf das deutsche Rundfunksystem. (Titelthema S. 8 – 14; RBB S. 32) Nicht nur in dem rankt sich vieles um journalistische Qualität. Deshalb ist es an der Zeit, verstärkt und öffentlich darüber nachzudenken. Interessante Anstöße lieferte der Journalistentag der dju im November, bei dem die Glaubwürdigkeit des Journalismus, seine Unabhängigkeit oder eine Einbettung in die PR im Mittelpunkt stand (S. 16-19). Unstrittig auch in dieser Veranstaltung mit 200 Teilnehmern: der Zusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Journalisten und der Qualität der Medien. Dabei ist der Faktor Zeit eine entscheidende Größe. Zeit für Recherche, Zeit für Gründlichkeit und Kreativität; Freizeit, um wieder aufzutanken. Die

Intensität der Arbeit ist größer geworden, Fremdtätigkeiten rauben Zeit für die eigentliche Profession. Eine wissenschaftliche Studie bestätigt diese Erkenntnis.(S. 20 – 21) Wieviel kostet Zeit für journalistische Arbeit? Sind die Unternehmen noch bereit, dafür zu bezahlen? (S. 23)

Ein Thema jedweden Tarifstreits, jedweder Strukturveränderung in der Verlagsbranche und jedweder Verhandlungen um „angemessene Vergütungen“ für freie Journalistinnen und Fotografen. Den Urhebern bringt der von der Politik vorgelegte Gesetzentwurf nichts Positives (S. 24 – 25). Die ver.di-Betriebsgruppe im ZDF fand es an der Zeit, eine Debatte um Teleheimarbeit, deren konkrete Chancen und Risiken, anzuregen (S. 30). Zeit zum Lesen und nachdenken mit der ersten 2005er M wünscht

Karin Wenk

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Schwierige Neuanfänge für Exiljournalisten

Für Journalist*innen im Exil ist es schwer, in ihrem Beruf zu arbeiten. Gerade wenn sie aus Ländern kommen, die wenig im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. „Ich gehöre zu den Privilegierten“, sagt Omid Rezaee im Gespräch mit M. Der heute 34-jährige ist 2012 aus dem Iran geflohen, weil er dort wegen seiner Berichterstattung verfolgt wurde.Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, floh er zuerst in den Irak und dann nach Deutschland. Hier lebt er seit neun Jahren und arbeitet als Journalist.
mehr »

Spaniens Justiz kämpft gegen Hetze im Netz

Spanischen Staatsanwälte verstärken ihre Ermittlungen zu Hassverbrechen in sozialen Medien. Denn Rechtsextreme und Rechtspopulisten hetzen zunehmend im Internet. Sie machen Stimmung gegen Zuwanderung, Pressevertreter*innen und einzelne Politiker*innen. Auch das Strafrecht soll daher verschärft werden. Doch das könnte gerade für Medienschaffende zum Problem werden.
mehr »