Für freie Medien weltweit

Mit einem „Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit“ will die neue Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Journalisten und Informanten vor Zugriffen der Staatsanwaltschaft besser schützen. „Medienangehörige müssen ihrer Aufgabe, staatliches Handeln zu kontrollieren und Missstände aufzudecken frei und ungehindert nachkommen können“, sagte die Ministerin Anfang April der Welt am Sonntag. Dafür wolle die Bundesregierung die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, „indem wir das Einfallstor für Ermittlungen wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat schließen und die Regelungen zur Beschlagnahme verschärfen.“ Kein Journalist mache sich dann mehr strafbar, wenn er lediglich ihm zugespieltes Material veröffentliche, heißt es.
Wiederholt ermittelte die Staatsanwaltschaft in den letzten Jahren gegen Journalisten und behinderte sie in ihrer Arbeit. Als Mittel zum Zweck diente dafür der §353b des deutschen Strafgesetzbuches, der Amtsträgern eine bis zu fünf Jahre lange Freiheitsstrafe androht, wenn sie Dienstgeheimnisse ausplaudern. Journalisten wurde aufgrund dieses Paragraphen eine „Beihilfe zum Geheimnisverrat“ unterstellt, um eine Rechtfertigung für die Durchsuchung von Redaktionsräumen, die Beschlagnahme von Computern und Dokumenten zu haben und somit an Informationsquellen zu gelangen. So geschehen bei einer Razzia in den Räumen des Magazins Cicero 2005. Vom Bundesverfassungsgericht wurde diese Aktion 2007 als verfassungswidrig verurteilt und der grundgesetzlich garantierte Wert des Redaktionsgeheimnisses hervorgehoben. Gesetzgeberische Konsequenzen waren angesagt, blieben aber bis heute aus – trotz zahlreicher Proteste von Organisationen und Verbänden, darunter auch der dju in ver.di. Nun will sich das Kabinett noch vor der Sommerpause damit befassen.
Auch im Falle der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung – ebenfalls eine Bedrohung für die Freiheit der Medien und der Bürger insgesamt – musste in Deutschland erst das Bundesverfassungsgericht einschreiten, um dieses Gesetz als grundgesetzwidrig zu verwerfen. So geschehen am 2. März.
Doch während wir hierzulande um den wichtigen Informantenschutz kämpfen, niemand jedoch für die Verbreitung von Meinung und Information ins Gefängnis muss, steht es weltweit nach wie vor schlecht um die Pressefreiheit. Lang ist die Liste ihrer Feinde. Massiv sind die Verletzungen und Bedrohungen, zu viele Medienschaffende sterben bei der Ausübung ihres Berufes. Viele dieser Verbrechen werden nicht aufgeklärt.
An der Spitze der Negativliste von „Reporter ohne Grenzen“ finden sich Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan. Iran und China heben sich als „Cyberpolizei“ unrühmlich hervor. Websites werden blockiert oder gesperrt, Internetcafes überwacht. 72 Menschen sitzen in China im Gefängnis, weil sie versuchten, im Netz frei zu kommunizieren. Nach Angaben von ROG griffen im vergangenen Jahr die Behörden in 60 Ländern in das Netz ein.
Es gibt also noch viel zu tun für freie Berichterstattung rund um den Globus und für ein freies World Wide Web, nicht nur am 3. Mai, dem „Tag der Pressefreiheit“.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Verantwortung der Redaktionen

Auf die mentale Gesundheit zu achten, ist keine individuelle Aufgabe. Auch Arbeitgeber*innen können und sollten etwas für psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter*innen tun. Wie funktioniert das in einer Branche, die so geprägt ist von Zeit und Leistungsdruck und belastenden Inhalten wie der Journalismus? Wir haben uns in zwei Redaktionen umgehört, die sich dazu Gedanken gemacht haben: das Magazin Neue Narrative und der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ).
mehr »

Gewalterfahrung im Lokaljournalismus

In Deutschland hat sich die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Journalist*innen deutlich erhöht. Viele der Übergriffe finden am Rande von Demonstrationen statt. Der Thüringer Journalist Fabian Klaus recherchiert zu Rechtsextremismus und wird deshalb bedroht. Mit M sprach er über zunehmende Bedrohungslagen im Lokaljournalismus und die Unterstützung aus den Redaktionen.
mehr »

Media Hub Riga: Ein sicherer Ort

Wer den Media Hub Riga besuchen will, bekommt vorab von Leiterin Sabīne Sīle die Anweisung, die Adresse nicht weiterzugeben und keine Fotos zu machen, die seine Lage preisgeben. Drinnen wartet die alltägliche Atmosphäre eines Büros. Der Media Hub wirkt wie ein gewöhnlicher Co Working-Space – nur freundlicher. An den Wänden hängen Fotos von lächelnden Menschen am Strand, eine Girlande aus Orangenscheiben schmückt den Flur. Luftballons, auf denen „Happy Birthday“ steht, zeugen von einer Geburtstagsparty.
mehr »

Das Trauma der anderen

Damit musst du halt klar kommen.“ So oder so ähnlich. Eine Antwort, die viele Journalist*innen lange als Reaktion kannten, wenn sie zum Ausdruck brachten, dass sie mit einem Gegenstand in der Berichterstattung nicht zurechtkamen. Oder wenn der Stress des Produktionsdrucks in der Redaktion ihnen Probleme bereitete. Wenn sich der berufliche Kontakt mit Menschen, die Gewalterfahrungen machen mussten, auf die eigene Psyche auswirkte. Aber auch, wenn sich innerhalb strikter Hierarchien in den Medienhäusern wenig Raum fand, akute Belastung oder Mobbing zu thematisieren, es an Ansprechpartner*innen unter den ebenfalls gestressten Kolleg*innen mangelt.
mehr »