Facettenreiches Porträt einer großen Charakterdarstellerin
Bei manch einem sind vielleicht nur die negativen Schlagzeilen hängen geblieben: Jenny Gröllmann – so stand es 2006 plötzlich in der Bild am Sonntag zu lesen – sei informelle Mitarbeiterin der Stasi gewesen. Die Diffamierte fiel entsetzt aus allen Wolken. Schließlich war das eine Lüge, gegen die sie zum Glück juristisch erfolgreich vorgehen konnte.
Doch unter welchen Vorzeichen: Ausgerechnet ihr Ex-Ehemann Ulrich Mühe hatte am Rande seines Erfolgs als Stasimitarbeiter in dem preisgekröntem Film „Das Leben der Anderen“ dieses ungeheuerliche Gerücht verbreitet. Hinzu kam, dass die Gröllmann schwer krebskrank war, und der unnötige Stress ihrer Gesundheit sehr schadete: „Wenn Sie diese Scheiße nicht am Hacken gehabt hätte, hätte sie bestimmt noch länger gelebt“, sagt Michael Weidt, ein Freund aus Schweriner Kindheitstagen, in der posthumen Filmhommage „Ich will da sein – Jenny Gröllmann“. Ein Film, an dem die große Charakterdarstellerin der DDR bis zu ihrem Tod noch selbst mitwirkte, und in der man sie als faszinierende Künstlerpersönlichkeit kennen lernt. Denn zum Glück geht die Regisseurin Petra Weisenburger souverän nur am Rande auf den unberechtigten Stasi-Verdacht ein.
Anhand vieler Szenenauszüge aus Gröllmanns Filmografie, eigener Aussagen und denen bedeutender Zeitzeugen und Weggefährten gelingt das facettenreiche Porträt der großen Charakterdarstellerin. Zu erleben ist eine aparte Frau mit sinnlichen Gesichtszügen, die so manchem Kollegen den Kopf verdrehte und sich in etliche Leinwandpartner verliebte. Oftmals seien die wie Mühe allerdings Männer gewesen, die gar nicht zu ihr gepasst hätten, meint Michael Weidt, der sie mit internationalen Stars der 1950er und 1960er Jahre auf eine Stufe stellt: Brigitte Bardot, Gina Lollobrigida, Romy Schneider oder Claudia Cardinale. Und auch Henry Hübchen, der sie seit alten Defa-Zeiten kennt, schwärmt: „Sie war immer schön und interessant, hatte nur krumme Beine“. Ein weiterer kleiner Schönheitsfehler in Jugendzeiten waren Jennys abstehende Ohren, die sie sich bei Dreharbeiten auf Wunsch mancher Regisseure ankleben lassen musste.
Geschickt verbindet Petra Weisenburger Jennys Biografie mit korrespondierenden Szenen aus ihrer Filmografie und gibt dabei – ganz en passant – einen lustvollen Einblick in die Filmgeschichte der DDR.
Das größte Erlebnis aber ist es, die reife, lebenskluge Jenny zu erleben, die mit bemerkenswerter Stärke ihre Krankheit zu akzeptieren sucht, poetisch am Strand philosophiert, bewusst und klar die ihr noch verbleibende kurze Lebenszeit plant und nichts bereut. Schon gar nicht, dass sie nach der Wende im Westen, als sie eine zweite Karriere in „Liebling Kreuzberg“ an der Seite von Manfred Krug startete, nicht zu noch größerer Popularität gelangte. „Eine Mode“, sagt sie in einer der letzten Aufnahmen, will sie ohnehin nicht sein, „ich will einfach nur da sein!“