Nachbarinnen

Eine Frau sucht Schutz bei ihrer Nachbarin. Sie fürchtet, die Polizei könne sie wegen Mordes verhaften und abschieben. Jola ist Polin, lebt illegal in Deutschland und arbeitet in einer Kneipe. Ihr Chef hatte ihre Abhängigkeit ausnutzen wollen und wurde zudringlich. Es kam zu einem Handgemenge, plötzlich fiel ein Schuss.

Dora, die etwas grantige Nachbarin, zögert, ob sie der Fremden Unterschlupf gewähren soll, zeigt sich dann aber doch solidarisch. Resolut, nüchtern und burschikos tritt die kleine Postbeamte auf, die eigenbrötlerisch vor sich hin lebt. Sie fühlt sich verunsichert durch die Nähe einer Fremden, die ihr tristes Leben aus den Fugen bringt. Es ist zwar schon eine Weile her, dass Dora von ihrem Mann verlassen wurde, verkraftet aber hat sie diese Enttäuschung noch lange nicht. Nur lässt sie sich das nicht anmerken. Ihre Verletzung versteckt sie hinter ihrem Putzfimmel und ihrer Kakteenzucht. Und wenn sie sich von anderen Menschen bedrängt fühlt, fährt sie selbst ihre Stacheln aus. Doch das Blatt wendet sich. Die attraktive, sinnliche Mitbewohnerin bringt ein paar Farbtupfer und Wärme in die triste Leipziger Plattenbauwohnung. Und das Unfassbare geschieht: Die versteinerte Dora verliebt sich in sie …

„Nachbarinnen“ ist ein kleiner Film und zugleich ein ganz großer. Denn im Mittelpunkt dieses Kammerspiels um (Verlust)-Ängste, soziale Zwänge und verpasste Chancen stehen zwei unabhängige reife Frauen um die 40, die sich von üblichen Rollenbildern erfrischend abheben: Dora und Jola sind zwar enttäuscht vom Leben, aber es ist nicht der romantische Traum von Familie und einem Häuschen mit Garten, dem sie hinterher trauern. Im Gegenteil: Zur Genüge enttäuscht von heterosexuellen Beziehungen scheint die lesbische Liebe eine denkbare Alternative. Wie sich die Frauen behutsam einander annähern, erzählt Franziska Meletzky sensibel und mit viel Respekt für ihre Figuren. Einfach großartig: Dagmar Manzel, die als Dora endlich wieder an große Rollen zu DDR-Zeiten anknüpfen kann.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Filmtipp: Mädchen können kein Fußball spielen

Der sehenswerte Dokumentarfilm von Grimme-Preisträger Torsten Körner („Schwarze Adler“) ist eine Hommage an die Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs. Körner hat bereits ein ausgezeichnetes Buch über das Thema geschrieben („Wir waren Heldinnen“). Der Film erzählt die Geschichte mit Hilfe von Zeitzeuginnen und vielen zeitgenössischen TV- und Wochenschau-Ausschnitten von den Anfängen in den 50ern bis zur siegreichen Heim-EM 1989.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »