Als auf unserem letzten Gewerkschaftstag das Ergebnis der Stimmenauszählung für den ver.di-Antrag bekannt gegeben wurde, da haben viele Delegierte den Atem angehalten. Das Ergebnis für ver.di war eindeutig. Dennoch haben einige Sorgen, dass Journalistinnen und Journalisten in einer Organisation mit fast drei Millionen Mitgliedern die Luft ausgehen könnte.
Wir werden sicher am Tag des juristischen ver.di-Beginns nicht zum Schall der Trompeten und zum Klang himmlischer Stimmen erwachen, die uns von der schönen neuen ver.di-Welt künden, die die Medienindustrie mit dem kleinen Finger umkrempelt. Was aus der DJU in ver.di wird, hängt von uns selber ab. Ob wir in ver.di mit dem Rückenwind einer starken Gewerkschaft besser für unsere Forderungen streiten können oder ob wir lediglich als eine „Untergruppe“ von außen wahrgenommen werden, das haben wir selber in der Hand. Es gibt viele gute Gründe, weshalb sich die Situation der Journalistinnen und Journalisten verbessern kann.
In der Tarifpolitik – und das ist ja doch das Herzstück der gewerkschaftlichen Tätigkeit – liegen die Vorteile auf der Hand. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat unmittelbar nach dem Gründungskongress mit Bezug auf die Lufthansa-Streiks schon registriert: „Vielleicht haben die friedlichen Bilder vom Fusionskongress des Dienstleistungsriesen manchen getäuscht. Da hat sich kein Gesangverein konstituiert, sondern eine durchaus machtbewusste Gewerkschaft.“ (SZ 24./25. 3. 2001)
Zunächst ist die unselige Konkurrenz mit der DAG aufgehoben. Den Tendenzschutz hat bisher die IG Medien bekämpft. Aber auch die Kolleginnen und Kollegen, die aus der ÖTV kommen, fordern die Abschaffung des Tendenzschutzes. Allein im kirchlichen Bereich sind eine Million Beschäftigte davon betroffen. So ergeben sich gemeinsam bessere Ausgangsbedingungen.
Auch im Kampf um die Gleichstellung kann ver.di eine Führungsrolle übernehmen. Allerdings steht davor noch die Gleichstellung in der Gewerkschaft, denn hier gibt es Defizite, auch wenn der Gewerkschaftsrat, das wichtigste ver.di-Organ, eine Vorsitzende hat.
Die professionellen Einzelkämpfer, die selbstständig Beschäftigten, brauchen eine kompetente Vertretung ihrer Interessen und ein verbessertes Beratungsangebot vom Urheberrecht bis zur Technologieberatung. Dabei sind Kompetenz und Qualität der Beratung wichtiger als die örtliche Nähe. Die Chance liegt hier mit darin, dass mehr Freie aus anderen Branchen dazukommen, schließlich ist die Medienwirtschaft schon lange nicht mehr eindeutig abgrenzbar.
Beim Thema Outsourcing, bei dem wir mindestens dann, wenn scheibchenweise ausgelagert wurde, einiges versäumt haben, können uns die Erfahrungen von anderen in ver.di, die sich schon länger mit der Problematik herumschlagen, nützen.
Natürlich gibt es Befürchtungen, die berechtigt sein können. Noch immer steht die Entscheidung über die Publikationen von ver.di aus. Viele, einige auch aus unseren Reihen, sind für ein einheitliches Magazin für die fast drei Millionen Mitglieder. Journalistinnen und Journalisten wissen, dass drei Millionen Auflage zwar gut klingen, aber der Geschmack von drei Millionen nicht zu treffen ist. Wenn es ein solches erfolgversprechendes Konzept gäbe, dann würden sich die die Illustrierten und Nachrichtenmagazine die Finger danach lecken.
Das Erscheinen von „M“ ist zwar gesichert, und gesichert ist (oder war?) auch die Ansiedlung beim Fachbereich. Aber plötzlich sind wieder die alten zentralistischen Töne zu hören. Hier müssen die IG-Medien-Mitglieder in der Gründungsorganisation den bereits ausgehandelten Konsens verteidigen und auf die Umsetzung drängen. Journalistinnen und Journalisten brauchen eine Fachpublikation. Von einem ver.dianer war zu hören: wenn einer freier Journalist sein wolle, dann solle er eben im „stern“ seine Beiträge veröffentlichen (oh sancta simplicitas!), ver.di müsse mit einer Stimme sprechen. Das macht deutlich, dass ein Stück Aufklärungsarbeit über Journalismus in ver.di auch nicht schadet und das Motto „aufregend bunt – beruhigend stark“ auch für Publikationen gelten sollte. Das Thema „Qualität des Journalismus“, das die DJU in ihrer 50jährigen Geschichte stets als eine Hauptsache begriffen hat, wird erhalten bleiben – nach außen – und nach innen auch.