Zuzana Krútka, Vorsitzende des slowakischen Journalistensyndikats SSJ, über unterdrückte Mitbestimmungsrechte
Keine Gewerkschaften. Kein Betriebsrat. Kein sozialer Dialog. Keine Probleme für das Management. Wenig Angestellte, aber viele Beschäftigte – formal selbständig. Keine Diskussion um Arbeitnehmerprobleme. Das ist die Situation in deutschen Verlagshäusern der Slowakei.
Es gibt zwei Verlage, bei denen deutsche Konzerne Mitbesitzer sind: Petit Press a.s. (Passauer Neue Presse) und Motor-Presse Slovakia s.r.o. (Gruner + Jahr via Motor-Presse International). Bei Petit Press erscheinen die zwei landesweiten Tageszeitungen SMW und Új Szó (in ungarisch), die Wochenzeitungen Rol´nicke noviny und The Slovak Spectator (in englisch), die Wochenzeitschrift Hungarian Vasárnap und zwei TV-Programmzeitschriften
(eine in slowakisch, eine in ungarisch). Petit Press gibt auch die regionale Tageszeitung Korzár in der Ost-Slowakei in sechs lokalen Versionen und 20 Wochenzeitungen in der West- und der Mittelslowakei
heraus. Bis zu 700 Menschen arbeiten für diese Holding, wovon 530 bis 540 Angestellte sind – über 150 gelten als
selbständige Kleinunternehmer.
Ganz anders ist es bei der Motor-Presse Slovakia. Der Verlag ist kleiner als Petit Press und auf Zeitschriften spezialisiert, besonders für Motorsport und Auto. Hier gibt es zum Beispiel Auto motor sport oder Auto 7 aktuál. Es erscheint auch eine slowakische Version von Geo. Motor-Presse beschäftigt nur wenige Leute. So ist zum Beispiel nur der Chefredakteur von Geo angestellt, die Übersetzer und die anderen Mitarbeiter sind alles Freie.
Kein Mut zum Protest
Trotz aller Unterschiede ist beiden Verlagshäusern eines gemeinsam: Sie nutzen die Schwäche unserer Arbeitsgesetzgebung für ihre Gewinnmaximierung und auch dafür, die Gewerkschaften in der Slowakei klein zu halten. Gemäß des slowakischen Arbeitscodes ist die Installierung eines Betriebsrates nur dann möglich, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten dies schriftlich fordern. Obwohl das Gesetz ihnen diese Willensbekundung als Recht einräumt, fürchten viele Beschäftigte ihren Job zu verlieren, wenn sie Interesse zeigen diese Rechte umsetzen zu wollen.
Es gibt da ein „verrücktes Beispiel“, wie Gruner + Jahr den Status des Betriebsrates im Verlag Ringier beeinflusst hat. Der Schweizer Verlag kam zu Beginn der 90er Jahre in den slowakischen Zeitungsmarkt. Obwohl es zu der Zeit kein Gesetz über Betriebsräte gab, konnte bei Ringier einer etabliert werden. Das Management kooperierte gut mit ihm und die Entlohnung der Beschäftigten war zufrieden stellend. Dann fusionierten Ringier und G+J in der Slowakei und es kam eine neue Verlagsführung. Der Betriebsrat wurde aufgelöst, obwohl es dann schon das
entsprechende Arbeitsgesetz gab. Das war ein klarer Rechtsbruch, aber niemand
vom Betriebsrat hatte den Mut zum Protest.
Nach mehr als zwei Jahren überließ Gruner + Jahr den slowakischen Verlag vollständig Ringier. Aber wieder hatte
niemand von den Beschäftigten den Mut, die erforderlichen Unterschriften für die Gründung eines neuen Betriebsrates zu sammeln. In ihren Artikel kämpfen slowakische Journalisten oft für die Rechte anderer, aber sie scheuen sich, für ihre eigenen einzutreten. So gibt es durchaus in beiden slowakischen Verlagen, die im deutschen
Besitz sind, Mitglieder des Slowakischen Journalistensyndikats SSJ – aber nur als Einzelkämpfer, es gibt keine organisierten Gewerkschaftsgruppen in diesen Verlagen.
Kleinunternehmer ohne Rechte
Das größte Problem ist, dass Petit Press vor allem im Regionalen keine Leutemanstellt, sondern ihre Mitarbeiter als Scheinselbständige beschäftigt. Obwohl deren Tätigkeit für den Verlag alle Merkmale von abhängiger Beschäftigung hat, besitzen sie nur Verträge als Kleinunternehmer mit einem Großverlag. So haben sie kein Recht, ihre Arbeitszeit entsprechend dem Arbeitscode zu begrenzen, keinen Anspruch auf Urlaub und auf
Versicherung. Sie erhalten keine Bonusbezahlung … Nach unseren Informationen arbeiten alle Regional-Mitarbeiter bei Petit Press so. Der SSJ hat das Ziel, dieses grundlegend zu ändern und die Arbeitsbedingungen
der Journalisten zu verbessern – sowohl in den Verlagen mit deutschen Besitzern als auch in den anderen
in der Slowakei. ■