Abhörskandal und Folgen

Briten wollen Presseregulierung neu organisieren

Am 8. Mai wird der britischen Königin ein Entwurf zur Regulierung der britischen Presse vorgelegt, der dann aller Wahrscheinlichkeit nach vom so genannten „privy council“ gebilligt wird. In diesem Rat sind unter anderem die Mitglieder des Regierungskabinetts und die Führer der Oppositionsparteien versammelt.


Auf dem Tisch liegt das Ergebnis langer Verhandlungen zwischen den Führern der im britischen Unterhaus vertretenen Parteien zur Frage der Neuorganisation der Presseregulierung. Eine solche Neuordnung wurde im Abschluss der Untersuchung der illegalen Abhörpraktiken der Murdoch-Zeitungen The Sun und News of the World empfohlen.
Bislang haben sich die britischen Medien selbst reguliert. Doch die Pressebeschwerdekommission der britischen Medienunternehmen wurde im Zuge des Skandals aufgelöst. Sie soll durch ein von der Königin per „royal charter“ eingesetztes Gremium ersetzt werden. Dieses Gremium soll neue, „unabhängige“ Regulierungskörperschaften „autorisieren“, die von Medienunternehmen gebildet und teilweise auch von ihnen finanziert werden. Diese freiwillig installierten Kontrollinstanzen sollen mit Personen bestückt werden, die weder in der Politik aktiv sind, noch Funktionen in Medienkonzernen ausüben. Das wird mit Ergebnissen der Leveson-Untersuchung begründet, die starke korrupte Verbindungen zwischen Politik, Medien und Staatsapparat zum Vorschein brachte. In der ehemaligen Pressebeschwerdekommission hatten ausschließlich Chefredakteure und Vertreter der Eigentümer gesessen. Die Körperschaften können Geldstrafen in Höhe von 1% des Umsatzes des beschuldigten Medienunternehmens aussprechen. Die maximale Höhe einer Geldstrafe liegt bei einer Million Pfund.
Um Medienunternehmen dazu anzuregen, sich einer neuen Regulierungskörperschaft anzuschließen, wird zusätzlich das „crime and courts“-Gesetz verschärft. Es regelt unter anderem die Höhe von Geldstrafen, die Medien im Fall von Fehlverhalten zu zahlen haben. Das Gesetz wird so umgeschrieben, dass Medien, die sich keiner Regulierungskörperschaft angeschlossen haben, höhere Strafen als bisher zu erwarten haben.
Alle großen britischen Tageszeitungen haben sich gegen die vorgeschlagene Regelung ausgesprochen. Sie sehen dadurch die Pressefreiheit in Gefahr, weil erstmals ein gesetzlich geregelter Körper die Presse regulieren soll. Sie wollen deshalb die neue Struktur boykottieren. Die Journalistengewerkschaft NUJ begrüßte den Entwurf „vorsichtig.“ Viele Gewerkschaftsmitglieder lehnen ihn jedoch ab, weil sie die Gefahr staatlichen Einflusses auf die Medien sehen.
In einer Stellungnahme sagte NUJ-Generalsekretärin Michelle Stanistreet: „Das eigentliche Thema, das angegangen werden muss, ist aber die Eigentümerstruktur unserer Medienlandschaft. Sie befindet sich in den Händen einiger weniger Individuen und Firmen und wird von kommerziellen Interessen dominiert, nicht von denen der Pressefreiheit oder des Qualitätsjournalismus.“ Auch die neue Regulierungsstruktur wird daran nichts ändern.

 

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