Kooperation zwischen der dju und dem Jemenitischen Journalistenverband
Ein Journalistenseminar – im Jemen war das eine Premiere. Sie bildete den Auftakt zu einer Kooperation, die die dju mit dem Yemen Journalists‘ Syndicate (YJS) vereinbart hat und die von der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt wird. Eine Wiederholung des Seminars gab es in Amman in Kooperation mit der Jordan Press Foundation – mit Journalistinnen und Journalisten nicht nur aus jordanischen Medien, sondern auch aus Palästina, Syrien, Tunesien, Ägypten und Kuwait. Eine Kollegin meinte danach: „Jetzt habe ich eine ganz andere Vorstellung von meinem Beruf“.
„Nein, Gerüchte in den Medien zu verbreiten, das ist nicht gut – weder zu Themen aus der Politik noch solchen aus der Wirtschaft. Das hat uns der Mayer gesagt. Und recht hat er wohl.“ So stand es in einer der führenden Tageszeitungen des Jemen. Noch ungewöhnlicher war der Bericht in den Spalten der Konkurrenz. „Abu Nadine in Beirut“ hieß die Überschrift. Abu Nadine, der Vater der Nadine, besitze eine Schuhfabrik in der Hauptstadt Sana’a, lebe aber in Beirut und komme einmal im Jahr, um seinen Profit abzuholen. Diesmal verlangte er den doppelten Profit, weil das Leben in Beirut immer teurer sei.
Workshop mit Rollenspiel
Wie typisch, war weiter zu lesen: Im verlotterten Beirut mit Kasino und Prostitution tobe der Kapitalismus – so ganz und gar nicht nach den Geboten Allahs. Und dafür sollen Leute in der Schuhfabrik in Sana’a entlassen und Maschinen eingekauft werden? Immerhin war im Text erklärt: Das ganze sei ein Rollenspiel gewesen, mit dem der Mayer, Vater (Abu) der Nadine, bei einem Workshop den Journalistenkolleginnen und -kollegen Shareholder-Prinzipien erklären wollte, wie sie in Europa die Wirtschaft beherrschen.
Tropfen um Tropfen
Die Medien in den arabischen Ländern kämpfen um Pressefreiheit und Professionalität. Das erstere ist in vielen Ländern angesichts strenger staatlicher Kontrollen noch eine Vision. Nicht nur die Entscheidungsträger, auch die Kollegen und Kolleginnen vor Ort sind sich allerdings einig: Mehr Pressefreiheit wird es allenfalls „Tropfen um Tropfen“ geben, und sie setzt den richtigen Umgang mit dieser Freiheit voraus. Das heißt: Medien müssen Glaubwürdigkeit erlangen, und dazu braucht es professioneller Schulung – zum Beispiel, dass Informationen eben nach recherchiert und verifiziert werden müssen. Um dazu einen Beitrag zu leisten, standen ethische Fragen (anknüpfend an die publizistischen Richtlinien des Deutschen Presserates) und die fachliche Schulung zu Schwerpunktthemen der Wirtschaft und Verbraucherinteressen im Mittelpunkt der Seminare in Amman und Sana’a. Aber auch ein „Brainstorming“ zum Thema „Womit machen wir unsere Zeitungen für Leser und Leserinnen attraktiver?“ Die Ergebnisse ließen keinen Zweifel über die Phantasie und das berufliche Engagement der teilnehmenden Journalisten und Journalistinnen. Jordanien und Jemen haben Pressegesetze, die den Journalisten und Journalistinnen vergleichsweise größere Spielräume in der Berichterstattung eröffnen als in benachbarten Länderen. Der Prozentsatz der nicht-staatlichen Printmedien wächst stetig, kritische Berichterstattung ist zunehmend möglich.
Dennoch werden auch in diesen beiden Ländern immer wieder Kollegen und Kolleginnen verhaftet und von Behörden schikaniert. Der Kollege Al-Sadi in Sana’a benennt ein anderes Grundproblem: „Wie kann ich frei sein, wenn ich umgerechnet 100 Euro im Monat verdiene, wenn meine Wohnung aber schon 70 Euro kostet, ich ein Auto und ein Handy brauche, und vielleicht noch eine Familie ernähren soll?“.
Der eigene arabische Weg
Um professionelle Standards einzubringen und Wege aufzuzeigen, um die Journalistenorganisationen vor Ort als Interessenvertretung zu stärken, will sich die dju im Netzwerk mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Internationalen Journalistenföderation auch in den kommenen Jahren weiter engagieren. Das geht nicht mit dem Holzhammer, denn Journalisten sind wie die Mehrheit der Bevölkerung in der arabischen Region nach den politischen und militärischen Einmischungen durch die USA allergisch gegen jede Art von „Vorschrift“ geworden. Gesucht wird der eigene arabische Weg – eben auch, wie in den Medien berichtet wird. Zum Beispiel über Abu Nadine.
wm