Chinesischer Gewerkschafter und Journalist ist zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt und gesundheitlich angeschlagen
Wer sich in China für Demokratie einsetzt, muß jederzeit mit seiner Festnahme rechnen. So auch der Journalist und Gewerkschafter Liu Jingsheng, der zehn Jahre nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ noch immer im Gefängnis ist. Am 28. Mai 1992 ist Liu Jingsheng festgenommen worden; erst zwei Jahre später wurde er angeklagt und verurteilt.
Das Mittlere Volksgericht der Stadt Peking befand ihn wegen seiner Schriften der „konterrevolutionären Agitation und Propaganda“ sowie wegen seiner Bemühungen um unabhängige Gewerkschaften der „Gründung und Leitung einr konterrevolutionären Vereinigung“ für schuldig. Das Strafmaß für beide Anklagepunkte betrug zusammen 15 Jahre Haft. Liu Jingsheng soll sich in einem Gefängnis in Peking befinden. Das Ende seiner Haftstrafe ist auf den 27. Mai 2007 datiert. Seine Familie teilte mit, daß Liu Jingsheng an Herzproblemen und Bluthochdruck leidet; sein Gesundheitszustand soll sich verschlechtert haben, die medizinische Versorgung ist offenbar unzureichend. Die Repression spürte Liu Jingsheng schon 1979. Auch während der damaligen Demokratiebewegung war er aktiv – als Herausgeber der inoffiziellen Oppositionszeitung „Tansuo“ (Untersuchungen). Mitherausgeber war seinerzeit der bekannte Dissident Wei Jingsheng, der nach über 15 Jahren in chinesischen Gfängnissen heute zwangsweise im US-amerikanischen Exil lebt. Für einige Monate war auch Liu Jingsheng schon damals hinter Gittern.
Seine erneute Festnahme 1992 stand in Zusammenhang mit dem Tiananmen-Massaker. Kurz vor dem dritten Jahrestag soll er ein Flugblatt mit der Überschrift „Die heroischen Seelen vom 4. Juni werden für immer leben“ verfaßt und in 6000er Auflage gedruckt haben. Auch das „Komitee zur Vorbereitung der freien Gewerkschaft Chinas“ hat er, so die Richter später, publizistisch und organisatorisch unterstützt.
Liu Jingsheng ist einer von zehn inhaftierten Journalisten, deren Namen Bundeskanzler Gerhard Schröder Anfang November bei seiner Reise in die Volksrepublik im Gepäck hatte. Die „eklatanten Verletzungen“ der Presse- und Meinungsfreiheit durch die chinesische Regierung dürften nicht unbeachtet bleiben, gab die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ dem Kanzler mit auf den Weg und dokumentierte: 48 Journalisten wurden seit 1993 inhaftiert, 75 Berichterstatter polizeilich verhört und 21 Auslandskorrespondenten mußten seitdem zumeist wegen „illegaler Recherchen“ das Land verlassen.
Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den chinesischen Ministerpräsidenten, in denen Sie die sofortige und bedingungslose Freilassung von Liu Jingsheng sowie Meinungs- und Pressefreiheit in China fordern.
Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf deutsch an:
His Excellency
Zhu Rongji Zongli
Guowuyuan
9 Xihuangchenggen
beijie
Beijingshi 100032
Volksrepublik China
Telefax: 0086-10-6524-1596 (Außenministerium)
(Aerogramm bis 5g: DM 2,00; Standardbrief Luftpost bis 20g: DM 3,00)
Senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:
Kanzlei der Botschaft der Volksrepublik China
S.E. Herrn Lu Qiutian
Kurfürstenallee 12
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