Der Tag der Menschenrechte am 10. Dezember ist als Gedenktag wichtiger denn je. Die Deutsche Journalistinnen und Journalisten-Union (dju) in ver.di erinnert vor allem an Kolleginnen und Kollegen in der Türkei, die ihrer journalistischen Arbeit nicht mehr nachgehen können, bedroht, verfolgt und inhaftiert werden. Eine eigens eingerichtete dju-Webseite zur Thematik der Menschenrechte bietet ab sofort und künftig Informationen, Termine und Berichte.
So wird zum Tag der Menschenrechte – er erinnert an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 – aktuell auf eine große Demonstration hingewiesen. Die Protestkundgebung gegen die Angriffe der türkischen Regierung auf die Pressefreiheit startet am 14. Dezember um 17 Uhr auf dem Wilhelmsplatz in Stuttgart. Die dju in ver.di veranstaltet sie gemeinsam mit Partnern wie dem DGB, dem Deutschen Schriftstellerverband (VS) und Reporter ohne Grenzen.
Bereits am 5. Dezember hatte im Münchener DGB-Haus eine Podiumsdebatte zur gleichen Problematik stattgefunden. Die dju in ver.di wurde durch Georg Escher vertreten. Der Politikredakteur bei den „Nürnberger Nachrichten“ saß gemeinsam mit Ercüment Akdeniz auf dem Podium. Der Nachrichtenkoordinator des türkischen Fernsehsenders „Hayatin Sesi TV“ war dabei, als der TV-Sender vor einigen Wochen von der Polizei geschlossen wurde. Er schilderte anschaulich, dass Medien, die nur allgemein als kritisch oder links eingestuft würden, auch ohne konkreten Anlass ihre Lizenz verlieren können und mundtot gemacht werden. Escher ergänzte, dass das bereits vor dem Putsch vom Juli Praxis gewesen sei. Medienunternehmen wurden durch über sie verhängte Millionenstrafen ruiniert und gezwungen, zweifelhafte Investoren ins Haus zu nehmen. So geschehen etwa im April vergangenen Jahres bei einer der spektakulärsten Privatisierungen: Zusammen mit einem kuwaitischen Minderheitsaktionär erhielt der Çalik-Konzern, in dem Erdogans Schwiegersohn Vorstandschef ist, den Zuschlag für den Massensender ATV und die auflagenstarke Zeitung „Sabah“. „Seither sind ATV und ‚Sabah’ so etwas wie die medialen Schoßhündchen der Regierung“, erläuterte Escher, der zuletzt Ende September/Anfang Oktober mit dem Nürnberger Presseclub Kolleg_innen in der Partnerstadt Antalya besuchte. In der Millionenstadt gebe es noch 15 Zeitungen mit einer Auflage von zusammen lediglich 20 000 Exemplaren. Sie hingen über einen Verteilerrat von staatlichen Anzeigenaufträgen ab und würden so auch wirtschaftlich gefügig gemacht.
Kultureinrichtungen, Verlage und Nichtregierungsorganisationen verstärken im Umfeld des Tages der Menschenrechte ihre Aktivitäten oder verleihen Preise wie den Deutschen Menschenrechts-Filmpreis. Der Veranstalterkreis vergibt ihn an diesem 10. Dezember erneut in sechs verschiedenen Kategorien.
Auch in diesem Jahr appelliert Amnesty International an die Regierungen, Menschenrechte konsequent zu schützen. „Das Versagen der internationalen Gemeinschaft im bewaffneten Konflikt in Syrien zeigt die akute Notwendigkeit, die internationalen Institutionen zu stärken“, erklärte Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland. Als Regierungen, die Menschenrechte als grundlegenden Konsens missachten, nannte er unter anderem die der Türkei und Russlands. Seit Beginn des Ausnahmezustands, der nach dem niedergeschlagenen Putsch im Juli verhängt wurde, seien in der Türkei über 160 Medien geschlossen worden und befänden sich mehr als 130 Journalisten in Untersuchungshaft, so Beeko. Deshalb setzt sich Amnesty International wieder mit dem jährlichen Briefmarathon für Menschen ein, die unterdrückt werden oder denen Gewalt und Tod drohen. 2016 sind das unter anderem die in der Türkei tätige Menschenrechtsaktivistin Eren Keskin und der Whistleblower Edward Snowden.