ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fordern die lettische Medienaufsicht auf, dem exilrussischen Sender Doschd die Sendelizenz zurückzugeben. Die Aufsichtsbehörde hatte in diesen Tagen die Ausstrahlung des Programms wegen angeblich russlandfreundlicher und einseitiger Berichterstattung unterbunden. Außerdem sei der Sender der Auflage nicht nachgekommen, das Programm zu 100 Prozent in lettischer Sprache zu untertiteln.
Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke sieht in der Entscheidung der lettischen Medienaufsicht einen „Willkürakt, der in krassem Widerspruch zu den Grundwerten der Europäischen Union steht“. Die Journalistinnen und Journalisten von Doschd hätten aus Russland fliehen müssen, weil sie dort nicht kritisch und unabhängig berichten durften. „Der Vorwurf der Kreml-Nähe ist absurd“, so Werneke. „Wenn die Verbreitung von Doschd nun von Lettland aus verhindert wird, geht den Russinnen und Russen eine der wenigen verbliebenen unabhängigen und vertrauenswürdigen Informationsquellen verloren – was allein im Interesse des Kremls ist und in Europa niemand befürworten kann.“
„Fehler haben die Programmverantwortlichen von Doschd eingeräumt“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. „Das rechtfertigt nicht den Entzug der Sendelizenz.“ Der DJV-Vorsitzende fordert die lettische Regierung auf, ihre Unterstützung für exilrussische Journalistinnen und Journalisten nicht abreißen zu lassen, sondern ihre besondere Verantwortung konsequent wahrzunehmen.
Der lettische Rat für elektronische Massenmedien (NEPLP) hatte Doschd Anfang Dezember die Sendelizenz entzogen und das mit zahlreichen Verstößen des Senders gegen lettisches Recht begründet. So hatte Moderator Alexej Korosteljow am 1. Dezember in der Live-Sendung zur Mobilisierung in Russland gesagt: „Wir hoffen, dass wir vielen Soldaten helfen konnten, unter anderem mit der Ausrüstung und der Basisausstattung an der Front“. Das wurde ihm als Appell zur Unterstützung von russischen Truppen ausgelegt. Chefredakteur Tichon Dsjadko entschuldigte sich, Korosteljow wurde entlassen. Zuvor legte der NEPLP dem Sender eine Geldstrafe auf, weil er auf einer Karte die annektierte Halbinsel Krim als Teil Russlands gezeigt hatte.
In Russland war der Sender 2021 als „ausländischer Agent“ eingestuft worden. Nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine stellte der unabhängige Sender seine Arbeit in Russland ein.