Appell: Doschd muss weitersenden

Verwaist - TV Doschd stellte die Arbeit nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in Russland ein, weil ihm die Schließung angedroht wurde. In Lettland verlor er Anfang Dezember die Sendelizenz. Foto: picture alliance / Dmitry Golubovich

ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fordern die lettische Medienaufsicht auf, dem exilrussischen Sender Doschd die Sendelizenz zurückzugeben. Die Aufsichtsbehörde hatte in diesen Tagen die Ausstrahlung des Programms wegen angeblich russlandfreundlicher und einseitiger Berichterstattung unterbunden. Außerdem sei der Sender der Auflage nicht nachgekommen, das Programm zu 100 Prozent in lettischer Sprache zu untertiteln. 

Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke sieht in der Entscheidung der lettischen Medienaufsicht einen „Willkürakt, der in krassem Widerspruch zu den Grundwerten der Europäischen Union steht“. Die Journalistinnen und Journalisten von Doschd hätten aus Russland fliehen müssen, weil sie dort nicht kritisch und unabhängig berichten durften.  „Der Vorwurf der Kreml-Nähe ist absurd“, so Werneke. „Wenn die Verbreitung von Doschd nun von Lettland aus verhindert wird, geht den Russinnen und Russen eine der wenigen verbliebenen unabhängigen und vertrauenswürdigen Informationsquellen verloren – was allein im Interesse des Kremls ist und in Europa niemand befürworten kann.“

„Fehler haben die Programmverantwortlichen von Doschd eingeräumt“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. „Das rechtfertigt nicht den Entzug der Sendelizenz.“ Der DJV-Vorsitzende fordert die lettische Regierung auf, ihre Unterstützung für exilrussische Journalistinnen und Journalisten nicht abreißen zu lassen, sondern ihre besondere Verantwortung konsequent wahrzunehmen.

Der lettische Rat für elektronische Massenmedien (NEPLP) hatte Doschd Anfang Dezember die Sendelizenz entzogen und das mit zahlreichen Verstößen des Senders gegen lettisches Recht begründet. So hatte Moderator Alexej Korosteljow am 1. Dezember in der Live-Sendung zur Mobilisierung in Russland gesagt: „Wir hoffen, dass wir vielen Soldaten helfen konnten, unter anderem mit der Ausrüstung und der Basisausstattung an der Front“. Das wurde ihm als Appell zur Unterstützung von russischen Truppen ausgelegt. Chefredakteur Tichon Dsjadko entschuldigte sich, Korosteljow wurde entlassen. Zuvor legte der NEPLP dem Sender eine Geldstrafe auf, weil er auf einer Karte die annektierte Halbinsel Krim als Teil Russlands gezeigt hatte.

In Russland war der Sender 2021 als „ausländischer Agent“ eingestuft worden. Nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine stellte der unabhängige Sender seine Arbeit in Russland ein.

Weitere aktuelle Beiträge

ARD-Nachrichtentag: Mehr Transparenz

Nachrichten sind das Herz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie sollen gut recherchiert und aufbereitet sein, sollen verständlich Ereignisse vermitteln und einordnen. Beim ARD-Nachrichtentag am 5. Juni gab es einen offenen Einblick, wie das eigentlich geschieht. Teilnehmende bekommen Einblicke in den journalistischen Alltag und erfahren den Wert unabhängiger Nachrichten in Hörfunk, Fernsehen und Social Media.
mehr »

Altersversorgung für Filmschaffende

Zusammen mit der Schauspielgewerkschaft BFFS und dem Tarifpartner Produktionsallianz hat ver.di einen Tarifvertrag für eine branchenweite betriebliche Altersversorgung für Filmschaffende in Film- und Serienproduktionen abgeschlossen. Für die etwa 25.000 auf Projektdauer beschäftigten Film- und Fernsehschaffenden vor und hinter der Kamera wird die neue tarifliche Altersvorsorge ab Juli 2025 starten.
mehr »

Was tun gegen defekte Debatten

Das Land steckt in der Krise und mit ihm die Diskussionskultur. Themen wie Krieg und Pandemie, Migration und Rechtsextremismus polarisieren die politische Öffentlichkeit. In ihrem Buch „Defekte Debatten: Warum wir als Gesellschaft besser streiten müssen“ suchen Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin an der FU Berlin und Korbinian Frenzel, Journalist und Redaktionsleiter Prime Time bei Deutschlandfunk Kultur, nach Auswegen aus der diskursiven Sackgasse.
mehr »

Content, Streaming und Transformation

Medienkonvergenz erfordert neue Geschäftskonzepte und eine funktionierende Infrastruktur. Doch beides ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Wie? Das wurde auf einer der weltgrößten Telekommunikationsmessen diskutiert: Der Anga Com in Köln. Auf der Kongressmesse für Breitband, Fernsehen und Online wird auch das neue Digitalministerium in die Pflicht genommen.
mehr »