Im Irak wird ein Kameramann erschossen, in Kolumbien erhält ein Reporter Morddrohungen, ein Blogger in Syrien wird zu einer jahrelangen Gefängnisstrafe verurteilt. Wer will, kann täglich solche Nachrichten lesen. Und am 3. Mai, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit, setzen mehr Menschen als sonst die nationale Brille ab. Ein Blick auf die Arbeitsbedingungen von Journalisten in China, Haiti oder Simbabwe kann durchaus dazu dienen, die eigenen Probleme im globalen Vergleich richtig einzuordnen.
Und dennoch: Auch am Tag der Pressefreiheit muss man nicht nach Afrika, Asien oder Lateinamerika schauen. Auch in Europa bietet sich genügend Anlass zur Kritik. Weißrussland beispielsweise ist nicht nur das einzige Land unseres Kontinents, in dem immer noch Todesurteile vollstreckt werden. Auch Journalisten haben dort wenig zu lachen – zumindest wenn sie es wagen, den autokratischen Herrscher Alexander Lukaschenko zu kritisieren. Wer es dennoch riskiert, muss mit der Schließung seiner Zeitung sowie mit Haft und Misshandlung rechnen – in Minsk wohlgemerkt, einer Stadt, die von Berlin genauso weit entfernt ist wie Paris oder Rom.
Ach ja, Rom: Dort versucht Regierungschef Silvio Berlusconi die Medien unverblümt unter seinen Einfluss zu bringen. Praktischerweise gehören ihm bekanntlich die meisten privaten TV-Kanäle ohnehin selbst. Die staatlichen kontrolliert er zudem als Ministerpräsident. So kann er 90 Prozent des Fernsehmarktes direkt oder indirekt lenken. Da wundert es nicht, wenn Moderatoren, die allzu kritisch fragen, plötzlich vom Bildschirm verschwinden.
Die Vorstellung, die Medien nach Belieben kontrollieren zu können, reizt nicht nur die katholischen, sondern auch die islamischen Konservativen. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, dessen Reform-Elan schon seit einiger Zeit nachlässt, will die Kritik der einflussreichen und laizistisch orientierten Dogan-Gruppe an Korruption und Kopftuch nicht mehr hinnehmen. In Ansprachen rief Erdogan sogar zu einem Boykott der unliebsamen Blätter auf. Vor allem aber ließen die Behörden dem Medienkonzern einen Steuerbescheid zukommen: Dogan soll wegen einer angeblich verspäteten Umsatzsteuerzahlung aus einem Verkauf von Anteilen vor zwei Jahren umgerechnet fast 400 Millionen Euro an den Fiskus nachzahlen. Eine Summe, die den Konzern um die Blätter Hürriyet, Milliyet und Radikal in Bedrängnis bringen könnte. Auch so kann man Medien gleich- oder ausschalten. Und für diese Erkenntnis muss man auch am 3. Mai das Augenmerk gar nicht bis nach Birma oder Saudi-Arabien richten.