Birmas „Held des Widerstands“ ist tot

Der Journalist und Bürgerrechtler Win Tin starb Ende April im Alter von 85 Jahren. Nach mehr als 19 Jahren im Gefängnis öffneten sich im September 2008 für Win Tin die Tore der Haftanstalt – er ist bis heute der am längsten eingekerkerte politische Gefangene Birmas (offiziell nennt sich das asiatische Land inzwischen Myanmar).

Yangon, Myanmar: Menschen legen Blumen auf der offiziellen Gedenkfeier von Win Tin nieder Foto: dpa / Bildfunk / EPA / Lynn Bo Bo
Yangon, Myanmar: Menschen legen Blumen auf der offiziellen Gedenkfeier von Win Tin nieder
Foto: dpa / Bildfunk / EPA / Lynn Bo Bo

Umgehend nahm er nach seiner Freilassung die politische Arbeit wieder auf – Win Tin war Weggefährte der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und Mitglied der oppositionellen Liga für Demokratie. Gleichzeitig schrieb der Autor ein Buch, in dem er eindringlich das harte Leben und die Folter schilderte, die er und seine Mitgefangenen im Insein-Gefängnis zu erleiden hatten.
Schon 1957 nutzte Win Tin eine kurze demokratische Periode im Land und gründete die Zeitung The Mirror. Fünf Jahre später putschte das Militär, und die Pressefreiheit blieb für Jahrzehnte auf der Strecke. Win Tin arbeitete weiter journalistisch, wurde Redakteur der Tageszeitung Hanthawaddy und stellvertretender Präsident der Birmanischen Autorenvereinigung. Bei seiner Verhaftung 1989 wurde ihm regierungsfeindliche Propaganda unterstellt – nicht nur wegen seiner journalistischen Arbeit, sondern auch wegen seines bürgerrechtlichen Engagements für die Opposition. International wurde hartnäckig für seine Freilassung gearbeitet, lange Zeit blieb das Militär davon unbeeindruckt, bis Win Tin schließlich vorzeitig freikam.
Inzwischen hat das Militär von Myanmar einen Teil der Macht abgegeben und politische Reformen eingeleitet. Win Tin blieb bis zuletzt skeptisch, verlangte stets eine Verfassungsänderung, um den Einfluss der Armee zu begrenzen. Beim Umbau Myanmars zu einer demokratischen Gesellschaft wird Win Tin nun fehlen.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »

Mexiko: Stipendium als Wendepunkt

Mit einem Stipendium kam die Journalistin Vania Pigeonutt vor drei Jahren nach Berlin. Kurz vor dem Burn-Out, als eine Art hyperventilierendes Nervenbündel, traf die Mexikanerin aus dem Bundesstaat Guerrero bei Reporter ohne Grenzen ein. Heute hilft sie Kolleg*innen aus anderen Ländern, aber auch aus Mexiko, beim Start in einen neuen Alltag.
mehr »