Ägypten: Internetforen machen staatliche Willkür sichtbar
Diese Bilder bewegten Ägypten in den vergangenen Wochen. Auf einem im Internet kursierenden Video ist der 21-jährige Busfahrer Emad Mohamed Ali Mohamed zu sehen, wie er nackt auf dem Boden liegt. Seine Hände sind gefesselt und um ihn herum stehen mehrere Männer, die ihn mit einem Schlagstock sexuell misshandeln. Zuvor war Emad Mohamed Ali Mohamed in der ägyptischen Stadt Giza festgenommen worden, weil er sich in ein Handgemenge zwischen Polizisten und seinem Cousin eingemischt haben soll.
Die Bilder der Folter waren von einem so genannten Blogger ins Netz gestellt worden und hatten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Schnell wurden unter Menschenrechtlern und Journalisten Links zu dem Video weitergeleitet, bis schließlich ägyptische Blätter und Fernsehstationen wie al-Dschasira den Fall aufgriffen. Schließlich gerieten die Behörden so unter Druck, dass gegen die beiden Polizisten, die den Übergriff zu verantworten hatten, Ermittlungen eingeleitet wurden.
Folter in Ägypten ist alltäglich, doch plötzlich konnten die Menschen das nicht mehr mit einem Achselzucken hinnehmen. Manchmal macht das Netz eben doch unbequeme Wahrheiten sichtbar, so wie viele Internet-Pioniere das ursprünglich versprochen hatten. Und das Schicksal von Emad Mohamed Ali Mohamed ist nur eines von mehreren solchen Dokumentationen staatlicher Willkür.
Der ägyptische Staat indes reagiert mit Repressionen: Immer wieder werden die Verantwortlichen einschlägiger Foren inhaftiert und eingeschüchtert. Drakonisch gingen die Behörden zuletzt gegen Karim Amer vor. Unter diesem Namen hatte ein Blogger Beiträge ins Netz gestellt, die sich kritisch mit der Politik von Präsident Mubarak sowie mit hohen religiösen Einrichtungen wie der sunnitischen Universität von al-Azhar auseinandersetzten. Richter in Alexandria sahen darin die „Aufwiegelung zu Hass gegen den Islam“ und eine „Beleidigung des Staatsoberhaupts“ und verurteilten Karim Amer zu vier Jahren Gefängnis. „Das ist ein Schlag gegen die Meinungsfreiheit in Ägypten“, betont Hassiba Hadj Sahraoui, Leiter des Nordafrika-Programms bei Amnesty International in London. Er fordert die Regierung in Kairo auf, alle Gesetze aufzuheben, die das Recht auf Meinungsfreiheit einschränken.
Präsident Mubarak hat vor drei Jahren versprochen, Haftstrafen gegen Journalisten zu untersagen, wenn diese lediglich ihrer Arbeit nachgingen. Nur passiert ist seitdem nichts.