Cano-Preis als Schutz

Dieter Offenhäußer, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission, zum Engagement für Pressefreiheit

M | Wie viel Platz bleibt der Deutschen UNESCO-Kommission neben der Arbeit zu Bildungsstudien oder zum Weltkulturerbe eigentlich noch für die Pressefreiheit?

DIETER OFFENHÄUßER | Analog zu den UNESCO-Programmbereichen haben wir in der Deutschen UNESCO-Kommission Referate zu Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Die Arbeit zur Pressefreiheit ist im Kommunikationssektor angesiedelt. Ihr Anteil an der Arbeit lässt sich schlecht in Prozenten beziffern, aber da, wo wir gefordert sind, erfüllen wir unsere Aufgaben. Dabei pflegen auch wir die Zusammenarbeit mit Fachverbänden wie Journalis­tenorganisationen.


M | Und mit wem kooperieren Sie auf diesem Gebiet?

OFFENHÄUßER | Wir beziehen uns in unserer Arbeit auf mehrere Verbände und kooperieren mit unterschiedlichen Organisationen. Das sind zum Beispiel das Komitee zum Schutz von Journalis­ten, die Internationale Journalistenver­einigung oder auch die Reporter ohne Grenzen, um nur einige zu nennen.

M | Der Tag der Pressefreiheit geht auf eine Initiative der UNESCO zurück. Wie setzen Sie sich denn konkret für bedrohte Journalis­ten ein?

OFFENHÄUßER | Zum Beispiel dadurch, dass wir öffentlich gegen Übergriffe protestieren. Wenn ein Journalist in Aus­übung seines Berufs angegriffen, bedroht oder ermordet wird, veröffentlicht der Generaldirektor der UNESCO in Paris eine Presseerklärung. Das macht die UNESCO seit vielen Jahren. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten setzt sie sich zum Schutz von Journalisten weltweit ein. Wichtig ist dabei die jährliche Verleihung des Guillermo-Cano-Preises. Jedes Jahr am Welttag der Pressefreiheit wird ein Journalist oder eine Journalistin damit ausgezeichnet. Der Preis kann Menschen unmittelbar schützen. So erhielten ihn Ende der 90er Jahre unter anderem die Chinesin Gao Yu und die Nigerianerin Christine Anyanwu. Beide Journalistinnen waren in Haft, beide wurden nach der Verleihung mit dem UNESCO-Preis frei­gelassen.

M | Hat sich die Deutsche UNESCO-Kommission für den diesjährigen Tag der Pressefreiheit Schwerpunkte gesetzt?

OFFENHÄUßER | Auch hier zu Lande gibt es natürlich Felder, in denen die Pressefreiheit diskutiert wird, wenn wir etwa an die Durchsuchung der Cicero-Redaktion denken. Aber das ist ein anderer Problemkreis, mit dem wir uns bei der UNESCO kaum befassen. Die UNESCO wird in diesem Jahr in Kolumbien einen Kongress „Pressefreiheit und Sicherheit von Jour­nalisten“ abhalten und dabei auch den Guillermo-Cano-Preis 2007 verleihen. Der Namensgeber des Preises, Guillermo Cano, war ein kolumbianischer Journalist, der 1986 in Bogotá von Auftragskillern der Drogen-Mafia erschossen wurde. International stehen der Schutz von Journalisten, aber auch der Einsatz gegen Straflosigkeit im Mittelpunkt. Denn solange diejenigen, die Verbrechen an Journalisten begehen, dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, werden Medienleute eine Zielscheibe bleiben. Ich selbst werde am 3. Mai an der Fachhochschule für Medien in München einen Vortrag zur Pressefreiheit und über die Arbeit der UNESCO in diesem Bereich halten. Denn eins ist klar: Da wo die Pressefreiheit in Gefahr ist, ist auch die Demokratie in Gefahr. Und da, wo sich die Pressefreiheit entwickelt, wie etwa in Mali oder Namibia, da entwickelt sich mit dem Meinungspluralismus auch die Demokratie.

M | Gibt es auch Projekte zur Unterstützung von Medienvielfalt zum Beispiel in Entwicklungsländern?

OFFENHÄUßER | Früher war die Medienförderung und damit die Förderung einer pluralistischen Presselandschaft ein Schwerpunkt deutscher Entwicklungs­politik. Auch die Stiftungen waren in diesem Feld sehr engagiert. Aber in den 90er Jahren hat sich die Schwerpunktsetzung der Projekte geändert.

M | Warum?

OFFENHÄUßER | Das vermag ich nicht zu beurteilen. Vielleicht liegt es auch daran, dass Medienprojekte schlecht auszuwerten sind. Wenn Sie einen Brunnen bauen, können sie nachher sehen, wie viele Menschen Zugang zu Trinkwasser haben. Nach dem Aufbau einer Radiostation ist der Zuwachs an Demokratie kaum messbar. Wir bedauern aber sehr, dass solche Projekte zurückgefahren wurden.

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