Den Opfern Gesicht und Stimme geben

Kampagnenstart von Reporter ohne Grenzen am Tag der Pressefreiheit

In diesem Jahr wurde der Tag der Pressefreiheit am 3. Mai zum 15. Mal begangen. Mehr als 827 Reporter haben seither ihr Leben verloren. Sie wurden erschossen, erschlagen, geköpft. In den wenigsten Fällen wurden die Täter bestraft.

Die prominentesten Fälle sind sicher Anna Politkowskaja in Russland und Daniel Pearl in Pakistan. Daneben traf es hunderte Frauen und Männer, die weitgehend unbeachtet blieben. Deshalb startete Reporter ohne Grenzen (ROG) am 3. Mai eine Kampagne um den Blick auf die „Leerstellen“ zu lenken, die entstehen, wenn Medien nicht frei berichten dürfen. Mit der neuen Kampagne „Ohne Pressefreiheit bleiben Opfer unsichtbar“ stellt ROG die Folgen von Zensur, Verfolgung von Journalistinnen und Journalisten und Angriffen gegen Medien in den Mittelpunkt.
Mit einer Protestaktion vor dem Brandenburger Tor am 2. Mai (unser Foto) zeigte ROG, was es heißt, wenn Berichterstattung unterdrückt wird. In einer Käfig-Installation waren Menschen in Notsituationen, die kein Gesicht mehr haben, zu sehen. „Korruption, Amtsmissbrauch, religiöse, ethnische oder sexuelle Verfolgung von Menschen – viele Verbrechen bleiben im Dunkeln, wenn niemand den Opfern ein Gesicht und eine Stimme gibt. In Ländern wie Mexiko, Russland, Pakistan oder Italien setzen Reporter/innen ihr Leben aufs Spiel, wenn sie Missstände öffentlich machen“, so ROG-Geschäftsführerin Elke Schäfter. ROG fordert „einen besseren Schutz von Medien und ihren Mitarbeiter/innen“, auch in Kriegszonen müssen Journalisten ungehindert recherchieren können. Auf einer neuen zum 3. Mai veröffentlichten Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ benennt ROG die 40 repressivsten Akteure und Institutionen. Darunter sind nicht nur Regierungen, sondern auch paramilitärische und terroristische Gruppen, Rebellen und kriminelle Netzwerke. Ein Beispiel ist Mexiko mit den Drogenkartellen in Tijuana, Sinaloa, Ciudad Juárez und der Golf-Region: Die Hälfte der mindestens 46 seit dem Jahr 2000 in Mexiko ermordeten Journalistinnen und Journalisten haben zum Thema Drogenhandel und den dahinter stehenden kriminellen Netzwerken recherchiert. (s. auch S.31/32).  www.reporter-ohne-grenzen.de

Kurzfilm erinnert an Journalistenmorde

Sieben Journalistenorganisationen, darunter die dju in ver.di, haben gemeinsam einen Kurzfilm zum Tag der Pressefreiheit produziert. Der Spot soll an die Reporter erinnern, die ermordet wurden, seit die UNO im Dezember 1993 den 3. Mai zum Tag der Pressefreiheit ausgerufen hat. Damit würdigte die UNO die „Erklärung von Windhoek“, in der Reporter aus aller Welt zwei Jahre zuvor freie, pluralistische und unabhängige Medien als einen wesentlichen Bestandteil jeder demokratischen Gesellschaft gefordert hatten. Der Kurzfilm ist unter for-freedom.cc oder vimeo frei abrufbar. Er kann frei verwendet und weiterverbreitet werden. Links: www.for-freedom.cc, http://vimeo.com/4266200

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nachrichten gegen Desinformation

Über 800 Medien wie Reuters, die Washington Post, Zeit Online und AFP unterstützten den diesjährigen World News Day, der zeitgleich mit dem UN-Tag für den universellen Zugang zu Information, am 28. September gefeiert wird.  „Journalismus ist das Sicherheitsnetz unserer Gesellschaft, sagte David Walmsley, Gründer des Weltnachrichtentages und Chefredakteur der kanadischen Zeitung Globe and Mail. Dieses Sicherheitsnetz hat Risse und hängt fast überall in der Welt am seidenen Faden - und mit ihm alle freien Gesellschaften. Deshalb schlägt Walmsley Alarm. Unterstützt wird er vom Weltverband der Nachrichtenmedien (WAN-IFRA), dem World Editors Forum, der Canadian Journalism…
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Schwierige Neuanfänge für Exiljournalisten

Für Journalist*innen im Exil ist es schwer, in ihrem Beruf zu arbeiten. Gerade wenn sie aus Ländern kommen, die wenig im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. „Ich gehöre zu den Privilegierten“, sagt Omid Rezaee im Gespräch mit M. Der heute 34-jährige ist 2012 aus dem Iran geflohen, weil er dort wegen seiner Berichterstattung verfolgt wurde.Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, floh er zuerst in den Irak und dann nach Deutschland. Hier lebt er seit neun Jahren und arbeitet als Journalist.
mehr »