Herber Rückschlag für Mumia Abu-Jamal

Berlin, 27.03.2018: Solidaritätskundgebung für Mumia Abu Jamal am Boxhagener Platz
Foto: Christian von Polentz

Ein Gericht in Philadelphia hat die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den über 40 Jahre inhaftierten afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal abgelehnt. Seine Unterstützer*innen planen am 9. Dezember weltweit Solidaritätsaktionen und fordern weiterhin seine Freilassung. Abu-Jamal war im Dezember 1981 festgenommen und beschuldigt worden, einen Polizisten ermordet zu haben.

Es ist herber Rückschlag für die Solidaritätsbewegung für Mumia Abu-Jamal, die der gerichtlichen Anhörung in Philadelphia eigentlich mit Zuversicht entgegengesehen hatte. Schließlich konnte die Verteidigung zahlreiche verschwundene Prozessakten präsentieren, die im Jahr 2018 in einem Lagerraum der Bezirksstaatsanwalt von Philadelphia in sechs Archivkartons gefunden worden waren. Aus den Unterlagen geht nach Angaben der Verteidigung hervor, dass wichtigen Belastungszeug*innen im Prozess gegen Mumia Abu-Jamal Geld für ihre Aussagen gegeben und die Einstellung gegen sie anhängiger Strafverfahren versprochen worden war. Außerdem fanden sich Belege, dass Schwarze Geschworene aus dem Prozess gegen Mumia Abu-Jamal systematisch ausgeschlossen worden seien. Auf einen Notizzettel des damaligen Staatsanwalts war hinter potentiellen Juror*innen ein B oder W, die Abkürzung für die ethnisch zugeschriebene Zugehörigkeit Black oder White vermerkt. So wurde Mumia Abu-Jamal, der damals wegen seiner kritischen Radioreportagen bei vielen Polizist*innen und konservativen Politiker*innen verhasst war, von einer rein weißen Jury wegen des Polizistenmordes zum Tode verurteilt. Er hat eine Tatbeteiligung immer bestritten.

Einer internationalen Solidaritätsbewegung gelang es Mitte der 1990er Jahre, die Hinrichtung des Journalisten zu verhindern. Die Todesstrafe wurde in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt. Seitdem versucht eine internationale Solidaritätsbewegung zu verhindern, dass Mumia Abu-Jamal bis zu seinem Lebensende im Gefängnis bleiben muss.

Die zuständige Richterin Lucretia Clemons folgte der Staatsanwaltschaft und lehnte den Antrag von Mumia Abu-Jamal auf Wiederaufnahme des Verfahrens ohne Anhörung ab. Die Verteidigung hat nun 20 Tage Zeit für eine Erwiderung. Dann hat die Staatsanwaltschaft noch einmal die Möglichkeit zu antworten. Erst danach wird der Gerichtsbeschluss rechtskräftig. Die Verteidigung muss dann überlegen, wie sie mit der Entscheidung juristisch umgeht.

Die Solidaritätsbewegung will nach dem juristischen Rückschlag den Kampf um die Freilassung des Journalisten wieder stärker auf die Straße tragen. Für den 9. Dezember sind in zahlreichen Ländern Kundgebungen und Demonstrationen geplant. Die Termine der Aktionen in verschiedenen Städten Deutschlands werden demnächst hier veröffentlicht.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Gemeinsame Standards für Medienfreiheit

In Brüssel wird der European Media Freedom Act (EMFA) bereits als "Beginn einer neuen Ära" zelebriert. Ziel der Verordnung ist es, die Unabhängigkeit und Vielfalt journalistischer Medien in der EU in vielfacher Hinsicht zu stärken. Doch wie er von den Mitgliedsstaaten  - vor allem dort, wo etwa die Pressefreiheit gefährdet ist wie Ungarn und der Slowakei - umgesetzt wird, zeigt sich erst im kommenden Sommer.
mehr »

Eine Stimme für afghanische Mädchen

Die iranische Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi begleitet in ihrem Dokumentarfilm „Maydegol“ über viele Jahre eine junge Muay-Thai-Boxerin aus Afghanistan, die im Iran unter schwierigen Umständen für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Im Interview erzählt Alambeigi, welche Rolle das Kopftuch für den Film spielt, was sie von der jungen Generation gelernt hat und warum der Film endet, bevor Maydegol endlich gelingt, was sie sich wünscht.
mehr »

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »