Treffen in Zypern für gleiche Arbeits- und Lebensbedingungen
Die Umsetzung der Gleichstellung von Frauen in den Medien durch Medieneigner, Regierungen und Gewerkschaften forderten die Teilnehmerinnen der Tagung der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF) „Journalistinnen im europäischen Integrationsprozess“ Ende Mai in Nikosia in Zypern.
Globalisierung und die Umbrüche in der europäischen Medienlandschaft beeinflussen immer stärker die Arbeits- und Lebensbedingungen von Journalisten in Ost und West. Zunehmend werden Journalisten in die Freiberuflichkeit gezwungen, haben keine soziale Absicherung, Festangestellte und Freie stehen unter wachsendem Arbeitsdruck und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird immer schwieriger, von ungleicher Bezahlung in den meisten Ländern ganz zu schweigen. 30 Journalistinnen aus 22 Gewerkschaften und Journalistenverbänden analysierten und diskutierten drei Tage die Probleme, die insbesondere Frauen in ihrem Beruf treffen.
Die Journalistinnen berichteten über ähnliche Entwicklungen aus ganz Europa. Westeuropäische Konzerne haben in Osteuropa die Mehrzahl der Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunksender aufgekauft, was zu erheblichen Veränderungen führte. In einigen Zeitungen wurden alle Festangestellten bis auf den Chefredakteur entlassen und müssen jetzt als Freie schlecht bezahlt arbeiten. Honorare würden erst nach Monaten gezahlt und auch Mobbing und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz würden sich häufen, berichteten Kolleginnen. In Westeuropa sieht die Situation ähnlich aus: Entlassungswellen in vielen Medien, Gehälter- und Honorare werden dazu noch gekürzt und viele Gesetzesänderungen führen zu sozialen Einschnitten, die besonders die Frauen betreffen. Journalistinnen aus Ost und West müssen sich deshalb stärker über ihre Konzerne, ihre Gewerkschaften austauschen, Eurobetriebsräte gründen, um so die Bedingungen zu verbessern.
In Workshops beschäftigten sich die Teilnehmerinnen unter anderem mit der Frage, warum Frauen so wenig Leitungsposten in den Medien bekleiden und wie man dies ändern kann. Ein Drittel der Journalistinnen sind Frauen, doch nur 15 Prozent sind Herausgeberinnen und Chefredakteurinnen. „Qualitätsjournalismus braucht eine faire Darstellung der Geschlechter in den Medien,“ sagte Annegret Witt-Barthel (DJV), Europa-Koordinatorin des Gender Council der Internationalen Journalisten-Föderation (IJF). „Chancenungleichheit am Arbeitsplatz wird durch eine stereotype Mediendarstellung von Frauen in der Gesellschaft noch verstärkt.“ Mit diesem Thema beschäftigte sich ein weiterer Workshop sowie mit der Führungsrolle von Frauen in Gewerkschaften.
In einer Schlussdeklaration beschlossen die Teilnehmerinnen den Aufbau eines europäischen E-Mail-Netzwerkes, das bereits arbeitet, sowie die Erarbeitung einer EJF-Studie über die aktuelle Lage von Journalistinnen in Europa noch in diesem Jahr. Ein gemeinsamer Aktionsplan sieht je Land besondere Schwerpunkte vor. Dazu gehören eine Kampagne für gleiche Bezahlung, spezielle Führungstrainings für Frauen in Medien und Gewerkschaften, soziale Absicherung nach dem Vorbild von Dänemark oder der deutschen Künstlersozialkasse, Workshops zur besseren Darstellung von Frauen in den Medien, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Umsetzung der EU-Richtlinien zur Gleichstellung. Weitere Forderungen der Journalistinnen sind die gesetzliche Festschreibung des Rechts auf Informationsfreiheit auf EU- und Länderebene, aber auch für die tatsächliche Umsetzung der Gleichberechtigung in den eigenen Organisationen durch proportionale Repräsentation bei den nächsten Wahlen für die IJF und EJF sowie die finanzielle Ausstattung für die Arbeit der Journalistinnen, um diese und weitere Projekte gegen Gewalt, sexuelle Belästigung und Einschüchterung voranzutreiben.
Renate Gensch, dju-Vertreterin in Zypern