Leere Ankündigungen

Kambodscha: Kritische Medien stehen unter Druck

Vor vier Jahren versprach der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen, dass kein Journalist mehr für das, was er schreibt, verhaftet werden soll. Doch die Repressionen gegen Medienvertreter gehen unvermindert weiter, wie ein Bericht der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) zeigt.

Für Hang Chakra gibt es keine Zweifel: „Meine Haftstrafe hat direkt mit unseren Artikeln zu tun“, sagte der Herausgeber der Zeitung Khmer Machas Srok einem ROG-Mitarbeiter, der ihn im Gefängnis besuchte. „Mein Fall dokumentiert den Verfall der Pressefreiheit. Der Prozess war ungerecht und illegal. Doch ich werde weiter für die freie Meinungsäußerung kämpfen“, betonte Chakra. Am 26. Juni vergangenen Jahres wurde der Journalist festgenommen. In seiner Zeitung waren Artikel über Korruption erschienen, in denen vor allem der stellvertretende Ministerpräsident Sok An namentlich genannt wurde. Die Klage gegen den Herausgeber wurde direkt von Kabinettsmitgliedern gestellt. In diesem Fall, so die Kambodschanische Journalistenvereinigung CAPJ, sei es der Justiz nicht möglich, unabhängig zu urteilen. Das Ergebnis: Ein Jahr Haft für Hang Chakra. Sein Leben im Gefängnis ist hart. Chakras Gesundheit ist angeschlagen, obwohl er von seiner Familie regelmäßig mit Lebensmitteln versorgt wird.
Immer wieder sehen sich Journalisten in Kambodscha aufgrund ihrer Recherchen mit Strafverfolgung konfrontiert. Trotz der vollmundigen Ankündigung des Regierungschefs, dass kein Journalist mehr wegen seiner Artikel ins Gefängnis gehen müsse, sind in den vergangenen zwölf Monaten mindestens zehn Verfahren gegen Medienvertreter eingeleitet worden. Bei missliebigen Berichten zögern hohe Beamte nicht, mit Hilfe der Justiz Rache zu nehmen. Besorgt fragte die Zeitung Le Cambodge Soir im vergangenen Jahr: „Kann man die Regierung noch kritisieren?“
ROG beklagt auch die strenge staatliche Kontrolle der Presse sowie die geringe Vielfalt der Medienlandschaft des Landes: Von den rund 300 beim Informationsministerium registrierten Zeitungen erscheinen nur 30 regelmäßig. Die meisten Printmedien sowie Fernseh- und Radiostationen unterstützen die Regierung. Dagegen sind oppositionelle und kritische Zeitungen in ihrer Existenz bedroht: Mit Klagen und Drohungen werden sie unter Druck gesetzt. Ein Boykott durch Anzeigenkunden macht zudem das ökonomische Überleben fast unmöglich. Auch Rundfunklizenzen werden bevorzugt an regierungstreue Sender vergeben.
Ein neues Strafgesetz könnte die Situation noch einmal verschärfen. Es wurde im Oktober 2009 vom Parlament beschlossen. Der Gesetzestext, über den ausschließlich die Regierungspartei beraten hat, wurde bislang allerdings nicht veröffentlicht. Es sollen aber neue Straftatbestände eingeführt werden, darunter „Rufmord“ oder die „Veröffentlichung von Kommentaren, die geeignet sind, Druck auf Gerichte auszuüben“. Diese Bestimmungen, so warnt ROG, könnten zur Einschränkung der Medienfreiheit missbraucht werden.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Kriminalität nicht mit Migration verknüpfen

Kriminelle Migranten bedrohen die Sicherheit in Deutschland“ – dieses alte rechte Narrativ wird von der AfD neu belebt und verfestigt sich in der Mitte von Gesellschaft und Politik. Medien, die diese realitätsverzerrende Erzählung bedienen, weil sie meinen, die laute Minderheit repräsentiere ein öffentliches Interesse, spielen mit dem Feuer.
mehr »

Mit BigTech gegen Pressefreiheit

Der Vogel ist frei“ twitterte der US-Milliardär und Big Tech-Unternehmer Elon Musk am 28. Oktober 2022, dem Tag seiner Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter, der damals noch den blauen Vogel als Logo hatte. Der reichste Mann der Welt wollte nach eigener Aussage den Dienst zu einer Plattform der absoluten Redefreiheit machen: „Freie Meinungsäußerung ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem die für die Zukunft der Menschheit wichtigen Themen diskutiert werden“, hatte er zuvor erklärt.
mehr »

Neue Nachrichten für Russland

Reporter ohne Grenzen (RSF) hat in Paris gemeinsam mit der Witwe von Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, den neuen Fernsehsender Russia’s Future  vorgestellt. Der Sender soll das Vermächtnis des in russischer Haft ermordeten Oppositionsführers bewahren und die Pressefreiheit in Russland stärken. Ausgestrahlt wird er über das von RSF initiierte Svoboda Satellite Package, das unabhängigen, russischsprachigen Journalismus sendet.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »