Mit Förderung überleben

Zeitungskisok in Luxemburg Foto: Rudolf Stumberger

Staatliche Pressehilfe stärkt Journalismus in Luxemburg – alle Zeitungen profitieren

Während in Deutschland das traditionelle Finanzierungskonzept der Presse über Anzeigen und Abos angesichts der Digitalisierung mehr denn je auf dem Prüfstand steht, unterstützt man im benachbarten Luxemburg die heimischen Zeitungen schon lange mit staatlichen Hilfen. Derzeit wird das Fördergesetz an das digitale Zeitalter angepasst.

Wer in Städten wie Esch sur Alzette oder Wilz an einen Zeitungskiosk tritt, kann aus einer ganzen Reihe heimischer Presseprodukte wählen. Das ist für ein so kleines Land nicht selbstverständlich – Luxemburg hat eine Bevölkerung von rund 626.000 Menschen, fast die Hälfte sind Ausländer*innen. In einem derart kleinen Markt können verschiedene Tageszeitungen nur mit Hilfe der Förderung überleben, ansonsten käme es rasch zu Monopolbildung. Grundlage ist ein Fördergesetz von 1976, das derzeit reformiert wird. Ziel der Reform ist es, „die Medienvielfalt langfristig zu stärken und eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Presseorgane zu ermöglichen“, so das zuständige Ministerium.

Heute teilen fünf Tageszeitungen den Leser*innenmarkt unter sich auf. Platzhirsch ist dabei das 1848 gegründete, katholisch orientierte „Luxemburger Wort“ (gedruckte Auflage 2018: 56.000), gefolgt vom 1913 gegründeten und sozialistisch ausgerichteten „Tageblatt“ (18.000), hinzu kommen die französischen Blätter „La Quotidien“ (7.000) und die Gratiszeitung „L‘Essentiel“ (100.000). Die geringste Auflage hat mit 4.000 die „Zeitung vum Letzebuerger Vollek“ (Zeitung des Luxemburger Volkes).

Das reformierte Fördergesetz sieht ausdrücklich (und damit anders als die in Deutschland angedachte Presseförderung) eine Stärkung der redaktionellen Arbeit vor. Dafür gibt es jährlich einen Grundbetrag von 200.000 Euro. Hinzu kommt für jede*n festangestellte*n Redakteur*in eine jährliche Förderung von 30.000 Euro. Das Gesamtbudget der Pressehilfe liegt bei über sieben Millionen Euro. Ergänzt wird diese finanzielle Hilfe noch mit der Verpflichtung, kommunale Bekanntmachungen (Bebauungspläne etc.) in den Tageszeitungen zu veröffentlichen. So informiert zum Beispiel die Stadt Wilz („Hauptstadt der Ardennen“) in öffentlichen „Avis au Public“ auf Französisch über die Baumaßnahmen der Kommune. Anzeigen wie diese sind Teil einer staatlichen Medien-Förderung, von der Redakteur*innen und Verleger*innen in anderen europäischen Ländern nur träumen können.

In den Genuss dieser Förderung kommt auch die sich als „marxistisch“ bezeichnende Tageszeitung „vum Letzebuerger Vollek“. Deren Chefredakteur Ali Ruckert (66), ein Mann mit weißen Haaren und Schnurrbart, steht für Beständigkeit: Neben seinen 22 Jahren als Chef der Kommunistischen Partei Luxemburgs leitet er seit 26 Jahren die Redaktion der Zeitung. „Allerdings“, so betont er, „ist die Zeitung kein Parteiorgan“. Sondern sie soll eine linke Zeitung sein, die „weit über die KPL hinausreicht“. Für ihn ist jedenfalls klar: „Ohne diese Pressehilfe könnten wir in dieser Form nicht erscheinen.“ Dann müsste die Tageszeitung zur Wochenzeitung werden.

Anders als bisher sollen nun im reformierten Pressegesetz auch Monatszeitschriften, Gratiszeitschriften und Medien in portugiesischer und englischer Sprache förderberechtigt werden, um der sprachlichen Vielfalt in Luxemburg Rechnung zu tragen (fast jede*r fünfte Einwohner*in hat einen portugiesischen Migrationshintergrund. Ihre Großeltern wurden in den 1960er Jahren als sogenannte Gastarbeiter*innen angeworben. Die Wahl der Regierung fiel damals auf das katholische Portugal, man glaubte diese Menschen leichter integrieren zu können.)

Die Zeitungsverlage und ihre Herausgeber*innen werden außerdem dazu ermutigt, in die Weiterbildung der Journalisten zu investieren, aktiv in der Medienbildung mitzuwirken und ihre publizistischen Grundsätze zu veröffentlichen. „Die Presse ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Wir stärken die Basis von Journalismus, damit er seinem gesellschaftlichen Auftrag langfristig gerecht werden kann und die mediale Meinungsvielfalt in Luxemburg weiterhin erhalten bleibt“, erklärt der Minister für Kommunikation und Medien und jetzige Premier Xavier Bettel. Die Gesetzesreform reagiert auch auf die Digitalisierung: „Im derzeitigen Förderregime werden die gedruckten Seiten bezuschusst. Dies ist nicht zeitgemäß und fokussiert zudem auf das Trägermedium statt auf die journalistische Arbeit. Mir geht es aber darum, die Menschen, die die professionelle journalistische Arbeit leisten, in den Vordergrund zu stellen. Daher basiert der neue Finanzierungsmechanismus auf der Zahl professioneller Journalist*innen“, so der Minister weiter.

In Luxemburg ist übrigens die Berufsbezeichnung „Journalist*in“, anders als etwa in Deutschland, gesetzlich geschützt.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Medienrat: Chance für den ÖRR

Der Medienrechtler Wolfgang Schulz hält es grundsätzlich für positiv, einen Medienrat zu schaffen, der evaluiert, ob die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Auftrag insgesamt erfüllen. Es sei „eine gute Idee“ eine Institution zu haben, die gesamthaft die Entwicklung der Rundfunkanstalten in den Blick nehme, erklärt Schulz, Vorstandsvorsitzender des Leibniz-Instituts für Medienforschung Hans-Bredow-Institut (HBI).
mehr »

Die unendliche Krise des RBB

Der Schock sitzt nach wie vor tief. „2025 wird ein Schicksalsjahr für den RBB“, so die unfrohe Botschaft von Intendantin Ulrike Demmer Ende Januar auf einer Informationsveranstaltung vor der fassungslosen Belegschaft. Was folgte, war ein radikales Sanierungsprogramm für den Sender. Insgesamt 22 Millionen Euro will die Geschäftsleitung am Personal- und Honoraretat einsparen. Das entspricht 10,2 Prozent der bisherigen Aufwendungen und ziemlich genau 254 Vollzeitstellen.
mehr »

Gleichstellung im Journalismus

Lag vor 10 Jahren der Frauenanteil im Journalismus noch bei knapp über 40 Prozent, sind mittlerweile 44 Prozent der Journalist*innen weiblich. Das hat das Leibniz-Institut für Medienforschung ermittelt. In wenigen Jahren kann man möglicherweise von einem Gleichstand sprechen, was die Anzahl der Journalistinnen betrifft. Doch Frauen verdienen auch in den Medien noch immer weniger als Männer. Politischer und gewerkschaftlicher Druck sind noch immer notwendig.
mehr »

Danica Bensmail: „Widerstände spornen an“

Danica Bensmail hat am ersten März das Amt der dju-Bundesgeschäftsführung übernommen. Ein Gespräch mit „der Neuen“ über kaltes Wasser, die Bedeutung von Paarhufern für Diversity in den Medien und Treppengeländer. Danica Bensmail ist erst wenige Wochen im Amt – eine kleine Ewigkeit und ein Wimpernschlag zugleich. „Die ersten 48 Stunden waren ein wenig wie der sprichwörtliche Wurf ins kalte Wasser“, sagt Danica und lacht. Aber alles halb so wild, so eine Abkühlung belebe schließlich die Sinne.
mehr »