Nach Protesten gegen Zeitungsverbot festgenommen

Aktion für Hisham Bashraheel, Jemen

Acht Monate nach dem faktischen Verbot der Zeitung „al-Ayyam“ gab es Anfang Januar 2010 neue Proteste gegen die Schließung des Blattes. An der Demonstration in der südjemenitischen Stadt Aden nahm auch der Chefredakteur Hisham Bashraheel teil. Den Behörden missfiel der Protest allerdings: Mindestens zehn Menschen wurden am 5. Januar festgenommen, einen Tag später dann auch Hisham Bashraheel und sein Sohn Hani. Ein weiterer Sohn, Muhammad Bashraheel, war zu diesem Zeitpunkt bereits in Haft.


Mehrere der Festgenommenen kamen binnen weniger Tage wieder auf freien Fuß. Nicht so die Familie Bashraheel. Erst eine Woche nach ihrer Festnahme durften Angehörige sie im Gebäude der Kriminalpolizei besuchen. Auch ein Rechtsanwalt erhielt erstmals Zugang zu ihnen. Dennoch ist unklar, was dem „al-Ayyam“-Chef und seinen Söhnen konkret vorgeworfen und ob Anklage gegen sie erhoben wird.
Die drei Männer hatten sich an einem Sitzstreik in den Räumen der Redaktion beteiligt, um auf das Druck- und Auslieferungsverbot ihres Blattes aufmerksam zu machen. Am 30. April 2009 hatten Sicherheitskräfte sämtliche Exemplare der Tageszeitung „al-Ayyam“ beschlagnahmt. Eine Woche später umstellten sie das Verlagsgebäude, um eine Auslieferung des Blattes zu verhindern. Seitdem konnte „al-Ayyam“ nicht mehr erscheinen. Die Zeitung wurde 1958 gegründet und ist eines der auflagenstärksten Blätter des Landes. Ihre Schließung ging einher mit einem ähnlichen Vorgehen gegen weitere sechs Zeitungen. Alle Blätter hatten über politischen Widerstand im Süden des Jemen berichtet. Die Regierung unterstellt den Protestierenden separatistische Bestrebungen.
In den vergangenen Jahren haben Menschenrechts- und Journalistenorganisationen immer wieder Einschränkungen der Pressefreiheit im Jemen dokumentiert. Gegen Regierungskritiker wird häufig juristisch vorgegangen. Die Möglichkeit dazu bietet der vage Straftatbestand der „Untergrabung der nationalen Einheit“. Der Jemen gilt als Rückzugsgebiet des Terrornetzwerks „al-Kaida“ und dürfte verstärkt ins Zentrum des Anti-Terror-Kampfs rücken. Es ist zu befürchten, dass im Zuge dessen die Behörden auch ihr Vorgehen gegen regierungskritische Medien verschärfen werden.

Was können Sie tun?

Schreiben Sie an den jemenitischen Innenminister und bitten Sie um Informationen darüber, warum der Journalist Hisham Bashraheel und seine Söhne in Aden inhaftiert wurden. Fordern Sie ihre Freilassung, sollten die Festgenommenen nicht umgehend wegen einer erkennbaren Straftat angeklagt werden. Verlangen Sie generell die Achtung der Pressefreiheit im Land und plädieren sie für die Wiederzulassung der Zeitung „al-Ayyam“.

Schreiben Sie auf Arabisch, Englisch oder Deutsch an:
His Excellency Mutaher Rashad al-Masri
Ministry of Interior
Sana’a – JEMEN
Fax: 00 967-13 31 899

Senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Jemen
S.E. Herrn Prof. Dr. Mohammed L. Al-Eryani
Budapester Straße 37
10787 Berlin
Fax: (030) 89 73 05 62
E-Mail: info@botschaft-jemen.de

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