Nur kleine Fenster des Optimismus

Frankfurter Medienrechtstage an der Europa-Universität Viadrina

Die 7. Medienrechtstage am 26. und 27. November 2008 in Frankfurt an der Oder waren mit über einhundert Teilnehmern aus acht Ländern – neben Deutschland aus Bjelorussland, Bulgarien, Polen, Rumänien, Russland, Serbien und der Ukraine – so gut wie nie zuvor besucht. Das Thema „Die Stellung des Journalisten in Deutschland und in Ost- und Südosteuropa“ bot die Möglichkeit, sowohl die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen in den einzelnen Ländern, Ethikfragen wie auch die Perspektive der Ausbildung von Journalisten zu diskutieren.

Die Notwendigkeit zur Neu-Definierung des journalistischen Berufs angesichts der gravierenden nicht nur technologischen, sondern auch professionellen Veränderungen sah nicht nur Ioana Avadani, Direktorin des Zentrums für Unabhängigen Journalismus in Bukarest. Ihr Kollege Alexandru Nastase verwies darauf, dass seit den dramatischen Veränderungen nach 1989 sich die Probleme in der demokratischen Entwicklung des Landes auch im journalistischen Bereich niederschlagen mit unzureichender Ausbildung, schlechter Bezahlung, geringem Ansehen bis hin zu Bestechlichkeit.
Ein eher dunkles Bild der gegenwärtigen Lage in Serbien zeichnete Tamara Skroza aus Belgrad. Zwar gebe es einerseits bis zu 3.000 junge Leute, die Journalistik studierten, andererseits sei das Ausbildungsniveau ebenso wie das Gehalt und generell das Ansehen des Berufsstandes sehr gering. Es fehle sowohl eine Überwachung der Einhaltung von ethisch-moralischen Standards wie auch die Überzeugung der Journalisten selbst, mit beruflichem Engagement politische Änderungen herbeiführen zu können. Dies werde noch bestärkt durch ein System von „Hire and Fire“ in den Redaktionen und das Fehlen jeglichen speziellen Schutzes für ihre Berufsgruppe. Eine Ausnahme bildeten serbische Journalisten, die für ausländische Medien tätig seien, die junge Generation wende sich dem Web-Journalismus zu.
Aus Minsk zur Konferenz angereist war Professor Michail Pastuchow, Leiter des Medienschutz-Zentrums des Bjelorussischen Journalistenverbandes. Unverändert äußerst schwierig sei, so seine Ausführungen, die Lage im Land für die Journalisten der noch ca. 30 verbliebenen unabhängigen Printmedien, während Rundfunk und Fernsehen unter voller staatlicher Kontrolle stünden. Im Februar 2009 werde in Bjelorussland ein neues Pressegesetz in Kraft treten, damit verbunden auch eine Neuregistrierung der Medien. Wer eine Neuzulassung erhalte, sei noch unklar, ebenso sei eine Kontrolle der Medien im Internet zu befürchten, so Prof. Pastuchow. Die Wiederzulassung der nicht-staatlichen Presse zum staatlichen Vertriebssystem, freier Zugang zu Informationen und die restriktive Anwendung der Gesetzgebung gegen Extremismus sind einige der Hauptthemen der gegenwärtigen Auseinandersetzung des Journalistenverbandes mit der Präsidialadministration. Ein kleiner Lichtblick: Seit Ende November dürfen mit Narodnaja Wolja und Nascha Niwa zwei unabhängige Zeitungen wieder über das staatliche Vertriebssystem bezogen werden.

Kaum eine Überlebenschance

In Russland müsse man lange leben und er sei von Natur aus Optimist, meinte der Sekretär des Russischen Journalistenverbandes Professor Michail Fedotow, der gerade einen neuen Entwurf des Mediengesetzes vorgelegt hat „als kleines Fensterchen des Optimismus“. Kennzeichnend für die Lage seien „immer mehr staatliche Journalisten in immer mehr staatlichen Medien“, eine sich ständig verschärfende Gesetzgebung und folglich Verurteilung von Medienerzeugnissen wegen „Extremismus“ und kaum eine Überlebenschance für wirklich unabhängige Medien. Der Berliner Korrespondent der polnischen Gazeta Wyborcza Bartosz Wielinski befand das Engagement seiner Kollegen im politischen Leben Polens noch zu gering und beklagte das Fehlen starker Lokalmedien. Sie seien unterfinanziert und wirtschaftlich abhängig. Aber viele Journalisten bemühten sich auch um eine kritische, sachliche und objektive Berichterstattung. Dies werde von der Bevölkerung honoriert, die sich mit Alltagsproblemen an die Medien um Intervention wende.
Auch die negativen Auswirkungen der Finanzkrise im Medienbereich und Anforderungen an die journalistische Ausbildung und Qualifizierung waren ein wichtiges Thema, das vor allem von den deutschen Teilnehmern angesprochen wurde. Paul-Josef Raue, Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung sprach von dem angekündigten Rückgang bei der Aus- und Weiterbildung wie der Streichung von Volontariaten ebenso wie Prof. Günther von Lojewski vom Journalisten-Kolleg der Freien Universität Berlin als einer fundamentalen Fehlentscheidung. Beide gingen ebenso wie Rudolf Porsch, Geschäftsführer der „Axel-Springer-Akademie“, auf den dramatischen Wandel des Berufsbildes ein, auf den sich die Journalistenschulen einstellen müssten. Kreativität in der Darstellung, das Vermögen, Geschehnisse schnell einzuordnen, zu beurteilen und attraktiv zu präsentieren und dies in einem völlig veränderten Mediensystem seien die neuen Anforderungen. Der Berliner Medienanwalt Johannes Weberling, einer der Initiatoren dieser Konferenzreihe, konstatierte beim Umgang mit der Pressefreiheit in Deutschland gewisse „Ermüdungserscheinungen“ und ein immer geringeres Verständnis seitens der Politiker. Zwar habe die Bundesrepublik einen „hervorragenden Rechtsrahmen“ für die Pressefreiheit, so Weberling, doch werde die Notwendigkeit, dass Journalisten bestimmte Rechte haben müssen, von der „praktischen Politik“ heute weniger akzeptiert als noch vor 20 Jahren.

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