Russische Medien vor Olympia

Reporter ohne Grenzen (ROG) hat im Vorfeld der olympischen Winterspiele in Sotschi auf die mangelnde Medienfreiheit in Russland hingewiesen.

Bis zu 90% der Bevölkerung beziehen ihre Informationen vor allem aus den großen Fernsehprogrammen wie NTV, Rossija oder dem Perwyj-Kanal, die in der Regel staatsnah berichten würden. Ein kremlkritisches Fernsehen existiere praktisch nicht in Russland, meint Ulrike Gruska von ROG, die in einer aktuellen Befragung die Arbeitssituation russischer Journalisten untersucht hat. Kleinere TV-Kanäle wie etwa TV Doschd würden keine Sendelizenzen erhalten und seien nur via Internet und damit nur für einen kleinen interessierten Kreis empfangbar. Auch in den anderen Medien ist eine unabhängige und freie Berichterstattung kaum möglich. Denn seit Mai 2012 gelten schärfere Gesetze. „Verleumdung steht unter Strafe. Es gibt den Vorwurf von Spionage und Landesverrat. Hinzu kommt eine Reihe diffuser Verbote. Man darf keine Schimpfwörter in den Medien benutzen, keine religiösen Gefühle beleidigen“, berichtet Gruska.
Die Putin-Regierung möchte aber auch im Ausland ein möglichst geschöntes Bild vom eigenen Land verbreiten. Daher wird Korrespondenten qualitativ hochwertiges Videomaterial umsonst zur Verfügung gestellt. Der Auslandskanal Russia Today RT wird massiv ausgebaut, um ein Gegengewicht zu BBC und CNN zu bilden. Auch bemüht sich der Kreml im Printbereich um aufwendige PR in eigener Sache. So lag der Süddeutschen Zeitung etwa die Ausgabe „Russland heute“ bei, die Kritiker schlicht für eine Propagandapostille halten.
Trotz oder gerade wegen der prekären Lage für die Presse hält es Michael Rediske aus dem ROG-Vorstand für gut, dass die Winterolympiade nun in Russland stattfindet: „Zielführend für unsere Sache und für die Menschenrechte scheint es uns, diese Großereignisse zu nutzen, um auf die wirkliche Situation in diesen Ländern aufmerksam zu machen.“

Der Bericht über die Kontrolle des Fernsehens in Russland unter http://bit.ly/17f0H8Q

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Eine Stimme für afghanische Mädchen

Die iranische Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi begleitet in ihrem Dokumentarfilm „Maydegol“ über viele Jahre eine junge Muay-Thai-Boxerin aus Afghanistan, die im Iran unter schwierigen Umständen für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Im Interview erzählt Alambeigi, welche Rolle das Kopftuch für den Film spielt, was sie von der jungen Generation gelernt hat und warum der Film endet, bevor Maydegol endlich gelingt, was sie sich wünscht.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »