September in Chile

Chiles Journalisten erinnern an José „Pepe“ Carrasco Tapia

Am 11. September 2003 jährt sich „ein anderer 11. September“ zum 30. Mal: An diesem Tag begann in Chile der Putsch mit der Bombardierung des Regierungspalastes, von wo aus sich der demokratisch gewählte Präsident Salvador Allende verteidigte. Die Folge waren die Ermordung tausender Chilenen und Chileninnen, Konzentrationslager, Exil und Folter.

Sicher wird dieser Jahrestag in der Flut von Berichten, die dieses Jahr um den 11. September von New York zu erwarten sind, so gut wie unbemerkt verstreichen. Gleiche Daten, doch völlig unterschiedliche Auswirkungen. In den USA verursachte ein Attentäter im Bruchteil von Sekunden Tod und Schrecken, in Chile etablierte sich mit dem Putsch und dem Tod Allendes ein Schreckensregime, dass 17 Jahre lang ein ganzes Volk unterdrückte.

Während der Zeit der Diktatur spielte die dju in der IG Medien und die SPD eine wichtige Rolle in der Solidarität mit den Chilenen und Chileninnen. Ein herausragender Moment war die posthume Verleihung des Fritz-Sänger-Preises der SPD für mutigen Journalismus an den chilenischen Redakteur José „Pepe“ Carrasco Tapia in Bonn, wo seine Lebensgefährtin Sylvia Vera den Preis entgegennahm. Carrasco wurde an einer Friedhofsmauer in Santiago de Chile von einem Todeskommando ermordet, nachdem er im Morgengrauen des 8. September 1986 aus seinem Haus verschleppt worden war. Der Journalist war Leiter des Auslandsressorts der Zeitschrift „Análisis“, die sich mit ihrer Berichterstattung der Diktatur Pinochets widersetzte. Er war auch Vorsitzender des Journalistenverbandes in Chile.

Am 8. September 2003 fand in Santiago de Chile eine von eben diesem Verband organisierte Veranstaltung statt zum Gedenken an Pepe Carrasco und all jene Journalistinnen und Journalisten, die unter der Diktatur ermordet, gefoltert und ins Exil geschickt worden sind. Während dieser Gedenkveranstaltung wurde auch eine Solidaritätsadresse der dju verlesen. Guillermo Torres Gaona, der Vorsitzende des chilenischen Journalistenverbandes, erklärte dazu: „Es ist sehr wichtig für uns zu wissen, dass wir aus dem Ausland Unterstützung erfahren. Unser Kampf in Chile ist langwierig und schwer. Um so mehr motiviert uns diese ideelle Unterstützung und hilft uns, weiterzumachen. Die deutschen Journalistinnen und Journalisten waren in den schwierigen Zeiten solidarisch mit uns, und auch heute brauchen wir diese Solidarität dringend.“
Aus dem Spanischen übersetzt von Elke Kienzle

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