Systematisch verfolgt

Demonstration in Berlin für die Freilassung inhaftierter Journalisten in Ägypten

Die Freilassung aller in Ägypten inhaftierten Journalisten forderten Demonstranten – aufgerufen von Reporter ohne Grenzen – am 3. Juni vor dem Bundeskanzleramt, wo der ägyptische Präsident Abd al-Fattah as-Sisi empfangen wurde. In den Gefängnissen des arabischen Landes sitzen Journalisten ohne formelle Anklage oder Prozess, drei wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Foto: Christian v. Polentz

„Unter Präsident Sisis Führung hat die Kriminalisierung kritischer Journalisten in Ägypten ein bisher ungekanntes Ausmaß erreicht“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Kritische Stimmen werden mit Verweis auf Sicherheitsgründe und Anti-Terror-Gesetze systematisch verfolgt. Die Freilassung aller inhaftierten Journalisten wäre ein erster kleiner Schritt, um die umfassende Unterdrückung abweichender Meinungen zu beenden.“
Die Journalisten Abdullah al-Facharani, Samhi Mustafa und Mohamed al-Adli wurden am 11. April 2015 wegen Verbreitung von Chaos und falscher Informationen zu lebenslanger Haft verurteilt. Zudem wurden sie beschuldigt, an der Bildung einer „Kommandozentrale“ beteiligt gewesen zu sein. Deren Ziel sei es gewesen, vorsätzlich falsche Nachrichten und manipulierte Bilder von Menschenrechtsverletzungen und massiver Gewalt der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten im Ausland zu verbreiten, um die Regierung zu destabilisieren.
Facharani und Mustafa gehören zu den führenden Köpfen des Bürgerjournalimus-Projekts Rassd und wurden in der Vergangenheit von der Deutsche Welle Akademie weitergebildet, Facharani besuchte Deutschland im Sommer 2012 im Rahmen einer „Blogger-Tour“ des Auswärtigen Amts. Mohamed al-Adli ist Journalist beim religiösen Fernsehsender Amgad TV. Die drei wurden im August 2013 einige Tage nach der gewaltsamen Auflösung eines Protestlagers festgenommen, bei der Hunderte Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi getötet wurden.
Auf der „Rangliste der Pressefreiheit“ steht Ägypten auf Platz 158 von 180 Staaten. Weitere Informationen zur Lage der Journalisten in dem Land unter www.reporter-ohne-grenzen.de/ägypten/

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Sorge um Pressefreiheit in Osteuropa

„Journalistinnen und Journalisten stehen In vielen Ländern Osteuropas unter enormem Druck von Regierungen. Von Pressefreiheit kann angesichts von Repressalien wie Klagen, Bedrohungen und Inhaftierungen keine Rede mehr sein. Dabei machen die Journalist*innen einfach nur eins – ihre Arbeit“, betont Tina Groll, Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, anlässlich der Verleihung der Free Media Awards 2024 für Medienschaffende in Osteuropa heute norwegischen Nobel-Institut in Oslo.
mehr »

Neues Urteil gegen Kieler Nachrichten

Schlappe für den Verlag der Kieler Nachrichten: Das Landgericht Flensburg hat untersagt, dass der Verlag in Verträgen mit hauptberuflich freien Journalist*innen unzulässige Klauseln vereinbart. Erneut geklagt hatten der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Zukünftig darf die Kieler Zeitung Verlags- und Druckerei KG-GmbH & Co. die Klauseln nicht mehr nutzen, da sie unklar und unverständlich sind und die freien Mitarbeiter unangemessen benachteiligen.
mehr »

Immerhin gibt es Presse

Der Iran gehört zu den repressivsten Ländern weltweit für Journalist*innen. Hunderte wurden strafverfolgt, inhaftiert oder hingerichtet. Medien unterliegen systematischer staatlicher Kontrolle, das Internet wird umfassend zensiert und überwacht. Dennoch wird viel über den Iran berichtet und viele Iraner*innen nutzen soziale Medien. Es gibt einen öffentlichen politischen Diskurs. Ein Gespräch mit dem Historiker Arash Azizi.
mehr »

Bundesregierung ohne Exit-Strategie

Vor drei Jahren übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan. Während viele Menschen im Land heute angeben, die Situation sei sicherer, leben Journalisten fast nirgends gefährlicher. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) rutschte das Land mittlerweile auf Platz 178 von 180 Staaten. Ein Hoffnungsschimmer sollte das Bundesaufnahmeprogramm (BAP) für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen sein. Doch nur sechs Journalist*innen konnten darüber gerettet werden. Und das BAP stehe vor dem Aus, beklagt RSF. 
mehr »