WAZ im Osten

Streit mit Romania Libera in Rumänien beigelegt

Der Streit bei der rumänischen Tageszeitung Romania Libera zwischen der WAZ-Gruppe (Westfälische Rundschau) und dem Generaldirektor Petr Mihai Bacanu hat in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt. Zum Jahresende wurde er beigelegt. Die Journalisten warfen dem Mehrheitseigner WAZ redaktionelle Einflussnahme und politischen Druck zugunsten der in Rumänien regierenden Sozialdemokraten vor.

Jetzt sollen neue Besitzverhältnisse für Ruhe in Rumänien und für weitere gute Geschäfte der WAZ-Gruppe sorgen. Der bisherige Generaldirektor und Chefredakteur Petr Mihai Bacanu hat seine Anteile für drei Millionen Euro an den Unternehmer Dan Grigore Adamescu verkauft, der 50 Prozent der neu gegründeten Holding kontrolliert. Die anderen 50 Prozent verbleiben bei der WAZ, die sich nach einer Stellungnahme aus den publizistischen Fragen weitgehend heraushalten will und auch den eigenen Geschäftsführer zurückzieht. „Romania libera“ soll ihre Position als „unabhängige Stimme“ behalten und weiter festigen.

Nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceausescu im Dezember 1989 und den Auseinandersetzungen um die Pressefreiheit, war Romania libera das Flaggschiff der freien Presse in Rumänien. Vor vier Jahren hat die WAZ 70 Prozent der Anteile an der Zeitung aus Bukarest erworben. Die Kompetenzen von Chefredakteur Mihai Bacanu wurden beschnitten und Klaus Overbeck als Geschäftsführer bei Romania Libera eingesetzt.

Ende November hatte Chefredakteur Petr Mihai Bacanu in einem Interview in der Zeitschrift junge Welt vor allem Bodo Hombach scharf kritisiert: „Hombachs Statthalter, Klaus Overbeck, hat uns immer wieder klargemacht, dass wir zu kritisch mit der sozialdemokratischen Partei umgehen. Die sei demokratisch gewählt, man dürfe sie nicht allzu sehr kritisieren. Für die Auslandsseite wurde nahe gelegt, uns an der britischen »News of the World« zu orientieren – große Fotos, wenig Text“. Geschäftsführer Bodo Hombach hatte seinen rumänischen Chefredakteur in einem Spiegel-Interview in die Nähe eines Betrügers gerückt, der die Besitzverhältnisse nicht akzeptieren will. „Wir erleben hier statt eines Kampfes für die Pressefreiheit eher Kleinkriminalität. Mit falschen Unterlagen werden falsche Eintragungen vom Gericht erschlichen“, erklärt Bodo Hombach in dem Interview.

Im Ausland erzielt die WAZ 43 Prozent des Umsatzes und vor allem Osteuropa steht auf der Einkaufsliste ganz weit oben. Insgesamt vertreibt der Konzern in Ost- und Südosteuropa 20 Tageszeitungen, zahlreiche Wochenzeitschriften und Monatspublikationen. In Ungarn ist die WAZ-Gruppe mit fünf regionalen Tageszeitungen (Gesamtauflage 260.000) und dem landesweit vertriebenen Nachrichtenmagazin hvg (Auflage 112.000) vertreten. In Rumänien besitzt die WAZ-Gruppe zwei Zeitungen und in Bulgarien soll der Verlag das größte Verlagshaus mit drei landesweit erscheinenden Tageszeitungen sein. In Kroatien gibt die WAZ-Gruppe mit Jutarnji List die zweitgrößte Tageszeitung mit einer Auflage von ca. 120.000 Exemplaren heraus und in Mazedonien erscheinen drei Titel mit einer täglichen Auflage von 120.000 Exemplaren.

Kaum noch inländische Verlage

„Augenscheinlich ist keine nationale Verlagsbranche im Ausland so erfolgreich tätig, wie die deutsche“, sagt Medienforscher Horst Röper. „Dies gilt insbesondere in Ost- und Mitteleuropa, wo es Verlage im inländischen Besitz kaum noch gibt“. Der SPD-Politiker und Manager Bodo Hombach ist der richtige Mann für die Expansionspolitik im Osten, da er als langjähriger „Sonderkoordinator“ der Bundesregierung beim „Stabilitätspakt für Südosteuropa“ über beste Kontakte verfügt. In Rumänien wird Hombach allerdings nicht mehr so freundlich behandelt und mit Auszeichnungen bedacht. Die Industrie- und Handelskammer hat ihm seine Ehrenmitgliedschaft inzwischen wieder aberkannt.

Die Konfrontationspolitik mit den Redakteuren kritischer Zeitungen sind kein Privileg der WAZ, denn auch der Schweizer Pressekonzern Ringier geht nicht besonders freundlich mit den Angestellten seiner osteuropäischen Erwerbungen um. Jüngestes Opfe ist die rumänische Zeutung Evenimentul Zilei. Aus Protest gegen die Einmischung ihres Verlages in Redaktionsangelegenheiten haben 35 Journalisten gekündigt. Sie werfen Ringier vor, die kritische Berichterstattung bremsen zu wollen. Von Verlagsseite wurde der Vorwurf zurückgewiesen.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Nachrichten gegen Desinformation

Über 800 Medien wie Reuters, die Washington Post, Zeit Online und AFP unterstützten den diesjährigen World News Day, der zeitgleich mit dem UN-Tag für den universellen Zugang zu Information, am 28. September gefeiert wird.  „Journalismus ist das Sicherheitsnetz unserer Gesellschaft, sagte David Walmsley, Gründer des Weltnachrichtentages und Chefredakteur der kanadischen Zeitung Globe and Mail. Dieses Sicherheitsnetz hat Risse und hängt fast überall in der Welt am seidenen Faden - und mit ihm alle freien Gesellschaften.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »