Zehn Euro für die Vielfalt

Dänemark: Subventionen zukünftig auch für Internetmedien

„Das ist richtig gut“, freut sich Ole Wugge Christiansen: „Nach 13 Jahren können wir erstmals Pressesubventionen beantragen.“ Christiansen ist Redakteur des linksunabhängigen Internetauftritts „Modkraft“ („Gegenkraft“, www.modkraft.dk): Die demokratische Debatte finde schon lange nicht mehr allein in Printmedien statt. Das habe man nun auch in Kopenhagen erkannt. Ende Januar einigte sich die sozialdemokratisch geführte dänische Mitte-Links Regierung mit der Linkspartei „Einheitsliste“ auf eine grundlegende Reform des Pressesubventionssystems.


In Dänemark wird die Presse seit Ende der 1960er Jahre subventioniert, nicht nur in indirekter Form – Befreiung von der Mehrwertsteuer – sondern auch durch direkte finanzielle Unterstützung. In der Vergangenheit war vor allem der Tageszeitungs-Vertrieb mit einer „Distributionsstøtte“ gefördert worden. An deren Stelle wird jetzt eine von der Veröffentlichungs-Plattform unabhängige Produktionssubvention treten. „Statt tote Bäume Inhalt subventionieren“, gab das Kultusministerium als Motto aus.
„Tageszeitungen, tageszeitungsähnliche Publikationen und Internetmedien“ sollen zukünftig solche Produktionssubventionen erhalten. Dazu müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen. Ihr Inhalt muss zur Hälfte aus redaktionellem Material bestehen und dieses wiederum zu einem Drittel eigenproduziert sein. Außerdem muss die Hälfte des redaktionellen Inhalts sich mit politischen Themen befassen oder mit solchen, die einen „gesellschaftlichen Bezug“ haben.

Spezieller Innovationstopf

Weitere Voraussetzungen: Die Medien müssen mindestens über drei Redakteursarbeitsplätze verfügen. Es wird allerdings eine Dispensordnung eingeführt, wodurch in einer Startphase zeitweise auch „unentlohnte“ Mitarbeiter (so heißt es im Gesetz) mitgerechnet werden können. Publikationen von Parteien können subventioniert werden, während die von Institutionen oder Verbänden (Gewerkschaften, Arbeitgebern usw.) dann nicht berechtigt sind, wenn diese zu mehr als zwei Dritteln alleiniger Eigentümer der jeweiligen Publikation sind.
Die Höhe der Subvention wird in Relation zu den jeweiligen redaktionellen Kosten gesetzt. Es gibt ein Dach von umgerechnet 2,3 Mio Euro bzw. 35 Prozent der redaktionellen Ausgaben des Titels. Daneben wird noch ein spezieller „Innovationstopf“ für die Lancierung neuer Publikationen und ein zusätzliches Budget für die Entwicklung und Sanierung bestehender Medien eingerichtet. Eine zeitweise diskutierte Beschränkung, für wie viele Titel ein einzelner Medienkonzern Subventionen beanspruchen kann, wurde gestrichen.
Allerdings wird im Staatshaushalt für das kommende Jahr eine Obergrenze von umgerechnet rund 55 Mio Euro festgeschrieben. Damit trägt jeder Däne in Zukunft pro Jahr rechnerisch mit 10 Euro aus seinen Steuerzahlungen zu diesem Subventionsziel bei, das das federführende Kultusministerium als „Demokratistøtte“: Unterstützung der Demokratie definiert. Werden mehr Anträge gestellt, als aus diesem Topf finanziert werden können, werden die zu verteilenden Gelder anteilsmäßig gekürzt.
Das Modell werde „viele Medien sichern“, hofft Mogens Blicher Bjerregård, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft „Dansk Journalistforbund“ und begrüßt, dass künftig für Subventionen nicht mehr die jeweilige Plattform entscheidend sei: „Es geht ja nicht um Papier, sondern um Journalismus und Substanz.“ „Ärgerlich“ findet dagegen die medienpolitische Sprecherin der oppositionellen rechtliberalen „Venstre“, Ellen Trane Nørby, den Regierungsbeschluss. Sie befürchtet, dass damit vielen lokalen oder regionalen Printmedien „der Schlüssel herumgedreht wird“.
Tatsächlich dürften die auflagenstarken überregionalen Blätter, die bisher einen großen Teil der Vertriebssubventionen abschöpften, verlieren. Konzernintern werden sie das aber vermutlich angesichts ihrer vielen förderberechtigten Titel wieder ausgleichen können. Spürbare Folgen wird die Reform dagegen für die beiden landesweit verteilten Gratisblätter „MetroXpress“ und „24timer“ haben, deren Vertrieb bislang ebenfalls staatlich gefördert worden war. In Zukunft werde man nicht mehr außerhalb der größeren Städte erscheinen können, kündigte „MetroXpress“-Chefredakteur Jonas Kuld Rathje an: „Das verstößt gegen das verkündete Ziel, die Demokratie zu fördern.“ In vielen Regionen werde es nun neben der lokalen Monopolzeitung kein alternatives Printangebot mehr geben.
Für kleinere landesweit verbreitete Tageszeitungen, die wie die linke Information oder das christliche Kristeligt Dagblad ohne Subventionen kaum bis heute überlebt hätten und die mit den staatlichen Geldern in der Vergangenheit etwa ein Viertel ihrer Kosten finanziert haben, wird sich vermutlich wenig ändern. Neu vom Subventionstopf der „Mediestøtte“ profitieren werden rund ein bis eineinhalb Dutzend bereits existierende Internetmedien, die die erforderlichen inhaltlichen und redaktionellen Voraussetzungen erfüllen.
Das Ende der bisherigen auf Printmedien beschränkten Subventionen sei überfällig gewesen, erklärte die sozialliberale Kultusministerin Marianne Jelved bei der Vorstellung der neuen Regelungen. Der Staat sehe es nicht als seine Aufgabe, ein überkommenes Geschäftsmodell künstlich am Leben zu halten. Stattdessen wolle man nun „alle Plattformen fördern, die gesellschaftliche Debatten und politische Diskussionen voranbringen und Machthaber kritisch unter die Lupe nehmen“.

 

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