Zweifelhafte Aufklärung im Mordfall Politkowskaja

MOSKAU. Angeblich sollte der Mord an der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja aufgeklärt sein. Nach monatelangem Schweigen präsentierte Generalstaatsanwalt Juri Tschaika Ende August in Moskau vermeintliche Täter. Zehn Verdächtige wurden verhaftet.

Unter den Festgenommenen seien auch Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes FSB und des Innenministeriums – Informanten der Auftragsmörder. Drahtzieher und Hintermänner des Mordes, säßen im Ausland, was unter anderem auf den im Londoner Exil lebenden Oligarchen Boris Beresowski abzielt. Sie hätten es auf eine Destabilisierung Russlands mit dem Ziel eines Umsturzes abgesehen, hieß es.
Lautgewordene Zweifel an diesen offiziellen Verlautbarungen fanden bald Bestätigungen. Nur nach wenigen Tagen musste der erste Verdächtige wieder freigelassen werden. Dem Mitarbeiter einer privaten Überwachungsfirma habe die Beteiligung an dem Mord nicht nachgewiesen werden können, berichtete die Internetzeitung „Lenta.ru“ am 30. August. Außerdem habe der von der Staatsanwaltschaft als Informant bezeichnete Ex-Polizeimajor Sergej Chadschikurbanow zur Tatzeit wegen Amtsmissbrauchs bereits seit zwei Jahren im Gefängnis gesessen. Seine Beteiligung an dem Mord erscheint unwahrscheinlich. Zudem sollen Informationen über die Beteiligung des Geheimdienst-Oberstleutnants Pawel Rjagusow an der Tat falsch sein. Dieser sei wegen anderer Vergehen festgenommen worden. Von den vier Tschetschenen, die die Tat unmittelbar ausgeführt haben sollen, behauptet einer, zum Zeitpunkt des Mordes schwerkrank im Krankenhaus gelegen zu haben. Die anderen sind eigenen Aussagen zufolge in Tschetschenien gewesen.
epd / wen

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Buchtipp: Alternative Medien

Luis Paulitsch ist ehemaliger Referent des österreichischen Presserats. Er forscht und publiziert in Fachzeitschriften zu medienethischen und zeitgeschichtlichen Themen. Sein aktuelles Buch beschäftigt sich eingehend mit dem Aufstieg von Medien, die den zahlreichen rechtspopulistischen und faschistischen Strömungen ein Forum bieten und damit ihren Teil zu deren politischen Erfolgen beigesteuert haben.
mehr »

USA: Gefährliche Berichterstattung

Zahlreiche Journalist*innen wurden während der Berichterstattung über die Demonstrationen in Los Angeles in der vergangenen Woche angegriffen, festgenommen und in ihrer Arbeit massiv behindert. Presserechtsgruppen verklagen nun die Polizei. Bei den Angriffen soll es sich um gezielte Attacken haben. Auch Reporter ohne Grenzen fordert eine Aufklärung aller dokumentierter Fälle.
mehr »

Rundfunkfinanzierung in der Sackgasse

Bisher war Einstimmigkeit gefordert, wenn es um rundfunkpolitische Fragen ging. Die Ministerpräsident*innen der Länder sollen gemeinsam agieren, zum Schutz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kein einfaches Unterfangen, wenn es um das Thema Rundfunkfinanzierung geht. Dass diese Praxis nun überarbeitet wird, ist Ausdruck einer Krise – wenn nicht der Demokratie, dann doch zumindest der Rundfunkpolitik der Länder.
mehr »

Podcast: Radio Taiwan International

Radio Taiwan International (RTI) hält eines von wenigen deutschsprachigen Rundfunkangeboten der ostasiatischen Region bereit, ausfinanziert vom taiwanesischen Kulturministerium und mit einer Hörer*innenschaft in 144 Ländern. Warum RTI eine beachtenswerte und auch unabhängige  Informationsquelle darstellt, hat sich Danilo Höpfner vom M-Medienpodcast einmal genauer angehört.
mehr »