ARD und ZDF gehen gegen Bild TV vor

"Die Wahlsendung im Ersten", lief am 26. September 2021 über drei Stunden, hier präsentierte Jörg Schönenborn um 17:15 Uhr noch Prognosen. Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Jeske

ARD und ZDF ziehen rechtliche Konsequenzen aus der nicht genehmigten Nutzung ihrer Inhalte durch Bild TV am Wahlabend. „Wir haben uns entschlossen, rechtlich gegen Bild TV wegen der aus unserer Sicht rechtswidrigen Übernahme unserer Berichterstattung vorzugehen“, teilte die ARD dem Evangelischen Pressedienst (epd) jetzt mit. Ein Sprecher des ZDF sagte, der Sender ziehe „Konsequenzen aus der nicht genehmigten Übernahme von Teilen der ZDF-Wahlsendungen im linearen Angebot und auf der Website von BILD-TV am Wahlsonntag“.

Mit Bezug auf das Urheberrechtsgesetz mache das ZDF Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz geltend. Von Bild TV hieß es, die Vorgänge würden geprüft.

Bei der ARD geht es bei den nicht genehmigten Inhalten eigenen Angaben nach vor allem um die ersten Prognosen zur Bundestagswahl vom Sonntagabend und die „Berliner Runde“. Wie viele Minuten genau genutzt wurden, müsse die Prüfung ergeben.

Ein Sprecher der „Bild“-Gruppe erklärte erneut, die Bundestagswahl sei ein zeithistorischer Moment von überragendem öffentlichem Interesse gewesen. Man habe die unterschiedlichen Prognosen „mit klarem Quellenhinweis live zitiert und ausgewählte Sequenzen aus der ‚Berliner Runde‘ übernommen“, sagte er dem epd. Bei der „Berliner Runde“ handele es sich um ein nachrichtliches Ereignis von überragender Bedeutung, das von ARD und ZDF als gebührenfinanzierter Rundfunk zentral veranstaltet werde, aber auch für Menschen relevant sei, die sich am Wahlabend auf anderem Wege informieren möchten.

„Falls sich aus der Übernahme seitens Bild Ansprüche von ARD und ZDF ergeben sollten, sind wir gerne bereit, diese zu begleichen“, hieß es von der „Bild“-Gruppe. „Wir würden dann allerdings davon ausgehen, dass ARD und ZDF Leistungsschutzrechte auch gegenüber den Gafa-Plattformen in gleicher Konsequenz geltend machen.“ Mit Gafa sind die US-Digitalkonzerne Google, Apple, Facebook und Amazon gemeint.

Hintergrund ist, dass die Verwertungsgesellschaft Corint Media ARD und ZDF Wettbewerbsverzerrung vorwirft. Unter anderem müssten ARD und ZDF aufgrund der Urheberrechtsreform künftig auf ihren Rechten gegenüber Google und Facebook bestehen, fordert Corint Media. Bei den Online-Angeboten „tagesschau.de“ und „sportschau.de“ handele es sich „zumindest in Teilen um Presseveröffentlichungen im urheberrechtlichen Sinn“. Gleichwohl hätten sich ARD und ZDF zu keinem Zeitpunkt um eine Durchsetzung und Monetarisierung ihrer Presseleistungsschutzrechte bemüht, als diese vorübergehend in Deutschland Geltung hatten.

Die ARD widersprach der Beschwerde. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk unterliege anderen Beschränkungen und Vorgaben als kommerzielle Rundfunksender und Presseunternehmen, die von Corint Media vertreten werden, erklärte der Senderverbund. Auch das ZDF teilte mit, im Urheberrecht handele es sich um Leistungsschutzrechte der „Presseverleger“.

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist Bestandteil der kürzlich verabschiedeten Urheberrechtsreform. Demnach müssen Verlage finanziell angemessen beteiligt werden, wenn Ausschnitte aus Artikeln auf kommerziellen Digitalplattformen wie Google News angezeigt werden.

Bild TV ging am 22. August auf Sendung. Kern ist das Live-Programm „Bild Live“ mit News und aktuellen Themen. Ergänzt wird das Angebot durch Dokumentationen und Reportagen sowie Politik-, Sport-, Unterhaltungs- und Crime-Formate. Produziert wird „Bild Live“ aus einer neuen TV-Unit in der WeltN24 GmbH.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »